Berlin. Die Netzbetreiber sollen auf Betreiben der Länder zusätzlich 3,5 Milliarden erhalten. Obwohl das laut der Aufsichtsbehörde unnötig ist.

Eigentlich ist die Bundesnetzagentur eine vorsichtige Behörde, schließlich werden dort Monopole wie das Strom- und Gasnetz überwacht. Da darf man nicht zu parteiisch erscheinen. Vorige Woche teilte Netzagentur-Präsident Jochen Homann jedoch in einem Brief an die Landesregierungen hart aus: „Nicht redlich“ und „fachlich nicht zu rechtfertigen“ seien die Vorschläge zur Erhöhung der Gewinne der Netzbetreiber, heißt es in dem Schreiben, das der Berliner Morgenpost vorliegt.

Insgesamt drohe ein „Geschäft zu Lasten der Verbraucher, das negative Auswirkungen auf die Akzeptanz der Energiewende haben wird“. Der Auslöser für Homanns Furor sind die aus seiner Sicht überflüssigen Zusatzgewinne in Höhe von 3,5 Milliarden Euro, die die Bundesländer den Netzbetreibern zuspielen wollen.

Der Hintergrund: An diesem Freitag wird im Bundesrat über die „Anreizregulierungsverordnung“ abgestimmt. Der sperrige Begriff steht für eine recht klare Angelegenheit: In der Verordnung wird geregelt, wie viel Geld die Strom- und Gaskonzerne für den Betrieb ihrer Netze verlangen dürfen. Weil es sich um ein Monopol handelt, dass die Kunden erpressen könnte, schaut der Staat den Betreibern genau auf die Finger.

Schon die bestehende Regel war ziemlich großzügig

Aus Sicht der Bundesnetzagentur war schon die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regel ziemlich großzügig. Der Wirtschaftsausschuss des Bundesrats hat aber nun zwei wichtige Änderungen in die Verordnung gebracht. Erstens sollen die Netzbetreiber nun doch nicht so schnell effizienter werden müssen, wie in der Regelung ursprünglich vorgesehen. Zweitens sollen ihre Kosten bis 2028 statt nur bis 2023 nach einem System abgerechnet werden, dass günstiger für sie ist. Nach den Berechnungen der Bundesnetzagentur machen diese unnötigen Zusatzausgaben über zehn Jahre 3,5 Milliarden Euro aus, die letztlich von den Strom- und Gaskunden in Deutschland bezahlt werden müssen. Der Verbraucherschutz-Verband VZBV und der für freien Wettbewerb engagierte Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) kritisierten die Änderungen durch den Bundesrat als „nicht nachvollziehbar“.

Branchenverband ist „verwundert“ über die Kritik

Auch das Wirtschaftsministerium ist verärgert. Staatssekretär Rainer Baake warf den Ländern vor, sie würden die „Verordnung aus dem Gleichgewicht“ bringen, zum Schaden der Stromkunden. Am Ende seines Briefs droht er damit, dass die Bundesregierung die geänderte Verordnung ablehnen kann. Dann würden – zum Nachteil der Netzbetreiber – einfach weiter die alten Regeln gelten.

Der Branchenverband BDEW hingegen ist „verwundert“ über die Kritik und setzt sich weiter für die Änderungen ein. Die Empfehlungen des Wirtschaftsausschusses des Bundesrats seien „mit Blick auf die erforderlichen Milliardeninvestitionen in die Energienetze konsequent und folgerichtig“, hieß es auf Anfrage.