Berlin. Das Tabakwerbeverbot wackelt. CDU und CSU im Bundestag blockieren den Gesetzentwurf des Kabinetts. Die SPD ist sauer, die Lobby jubelt.

Zigarettenwerbung auf Plakaten, Außenflächen und in Kinos soll von Juli 2020 an in Deutschland verboten werden. Dieser Gesetzentwurf aus dem Bundesernährungsministerium wurde bereits im April vom Bundeskabinett verabschiedet. Doch nun gerät der Gesetzesprozess ins Stocken, könnte sogar gekippt werden. Grund dafür sind plötzliche Bedenken in den Reihen der CDU/CSU-Fraktion, die Details des Gesetzes nochmal sorgfältig überdenken will.

Mit ihrem Zögern lässt die Fraktion drei prominente Parteifreunde auflaufen: Ernährungsminister Christian Schmidt (CSU), Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), die sich für den vorliegenden Gesetzentwurf trotz massiver Kritik aus der Tabakindustrie stark gemacht hatten. Erst im Juni warben sie in einem gemeinsamen Schreiben, das dieser Redaktion vorliegt, bei den Fraktionsmitgliedern von SPD und CDU/CSU im Bundestag um Unterstützung für das Gesetz.

Hasselfeldt hat „noch Diskussionsbedarf“

Ursprünglich sollte der Gesetzentwurf, der auch ein Werbeverbot für E-Zigaretten einschließt, in dieser Sitzungswoche, der letzten vor der parlamentarischen Sommerpause, zur ersten Lesung in den Bundestag. Doch das Thema fehlt auf der Tagesordnung. CDU/CSU haben es nicht eingebracht. Die SPD ist sauer.

„Es gibt da noch Diskussionsbedarf, auch innerhalb der Fraktion“, begründete die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Gerda Hasselfeldt, am Dienstag. Werbung für ein legales Produkt zu verbieten, sei aus ihrer Sicht ein „ziemlicher Eingriff“. Auch Hasselfeldt selbst habe sich persönlich noch nicht für eine Position entschieden. Hier müssten noch in Ruhe Gespräche geführt werden, die bis in den Herbst hineinreichen könnten.

Tabakindustrie erfreut über Rückzieher

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, hält die bestehenden Werbeverbote für „sehr ausreichend“. Der Bürger könne selbst entscheiden, was gut oder schlecht für ihn sei.

Damit liegt Grosse-Brömer exakt auf der Linie der Tabakindustrie. Die versucht das Werbeverbot seit Monaten zu verhindern. „Ein legales Produkt mit einem Werbeverbot zu belegen, käme einem Produktverbot gleich“, sagt Michael von Foerster, Hauptgeschäftsführer im Verband der deutschen Rauchtabakindustrie – und ist mit der neuen Entwicklung zufrieden: „Ich begrüße es, dass CDU und CSU darüber nachdenken, ob es richtig ist, die Bürger einzufangen bei ihrer täglichen Lebensweise.“

Minister Schmidt will Entwurf durchdrücken

Bundesminister Schmidt steht unterdessen zu seinem Gesetzentwurf: „Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko, und es verursacht immense gesundheitliche Folgekosten. Deshalb halte ich an meinem Ziel fest, die Außen- und Kinowerbung für Tabakprodukte zu verbieten.“

Die Drogenbeauftragte Mortler sagte dieser Redaktion: „Wir brauchen das Tabakwerbeverbot, und ich bin mir sicher, dass sich der Deutsche Bundestag seinen klaren Blick auf die Dinge nicht vernebeln lässt.“