Berlin. Millionen Menschen in armen Ländern sind von Katastrophen bedroht. Spenden kommen oft zu spät. Nun sollen Klimaversicherungen helfen.

Eines vorweg: Jede Spende für Menschen in Not hilft. Daran wird sich nichts ändern. Doch soll es neue Wege geben, um Leid zu lindern.

Denn: Nicht nur in Äthiopien bleibt seit Monaten der Regen aus, verdorrt die Ernte, verhungern Ziegen, verdursten die Menschen. Das Wetter spielt vielerorts verrückt. Mit der Erderwärmung wird dies zunehmen – da sind sich Experten einig. Und oft trifft es die ärmsten Länder der Welt. Woher soll das Geld kommen, um die Betroffenen dort zu unterstützen?

Deutschland gibt 150 Millionen Euro

Eine Idee macht Furore: die Klimaversicherung. Die Idee muss sich jetzt bewähren. Offiziell tauchte sie erstmals im Juni letzten Jahres beim G7-Gipfel-Treffen im bayerischen Schloss Elmau auf. Ein halbes Jahr später schoben dann auf dem UN-Klimagipfel in Paris die Industriestaaten die Versicherung mit 420 Millionen Dollar an. Deutschland allein gibt 150 Millionen Euro.

Selbst viele Deutsche – so stellte sich heraus, als in den letzen Wochen Gewitter, heftiger Regen und Windböen für Chaos in der Bundesrepublik sorgten – sind nicht gut versichert. In den ärmsten Ländern der Welt jedoch gibt es bisher kaum Versicherungen, geschweige, dass sie sich dort jemand leisten kann. Zwei Möglichkeiten soll es geben, dies zu ändern.

Bürger und ganze Staaten versichern

Zum einen sollen sich Bürger selbst versichern können, zum anderen ganze Staaten. Diese müssen dann konkrete Pläne vorlegen, wie das Geld nicht in dubiosen Kanälen versickert, sondern spätestens nach vier Monaten bei den Betroffenen ankommt. Das soll der Zeitraum sein, den Bauern notfalls allein überbrücken können. Die internationale Nothilfe läuft bei Dürren üblicherweise erst nach neun bis zwölf Monaten an.

Bis zum Jahr 2020 sollen so zunächst 400 Millionen Menschen in ärmeren Ländern abgesichert werden. Für die Versicherer, auch hier in Deutschland, ist das ein interessantes Geschäft. Oft sind das Finanzsystem und der Markt in den ärmeren Ländern wenig erschlossen.

Satellitenbilder aus dem All belegen Schadensfall

Nikolaus von Bomhard, Vorstandsvorsitzender der Munich Re, einem der weltweiten größten Rückversicherer, spricht denn auch von einer „faszinierenden Idee“. Er verweist auf ein erstes Projekt, die African Risk Capacity: Die Munich Re, aber auch die Hannover Rück, die Swiss Re und andere versichern über einen afrikanischen Direktversicherer Dürrefolgen in Gambia, in Kenia, in Malawi und in Mali. Zudem in Mauretanien, in Niger und im Senegal. Die Staaten selbst, aber auch Länder wie Deutschland zahlen in diese Versicherung ein.

Das funktioniert dann ähnlich wie bei einer Sachversicherung, allerdings mit größerem technischen Aufwand. Zwei Satelliten sind ins All geschossen worden, die nun für einzelne Landstriche exakt ermitteln, ob genug Regen für das Gebiet fällt oder nicht, so dass geklärt werden kann, ob der Versicherungsfall eintritt. Er kam – schneller als gedacht – schon im ersten Jahr des Bestehens: im Jahr 2015 regnete es in drei der vier Länder zu wenig. 1,3 Millionen Menschen soll dann mit Nahrungsmitteln und Barauszahlungen geholfen worden sein und 600.000 Nutztiere sollen extra Futter bekommen haben. 26,3 Millionen US-Dollar wurden 2015 insgesamt ausgezahlt.

Bundesministerium erfreut über „Win-win-Situation“

Ingrid-Gabriela Hoven vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) hat die Klimaversicherungen mitentwickelt. Sie hat mittlerweile auch ähnliche Modelle in der Karibik, die Caribbean Catastrophe Risk Insurance Facility, und im Pazifik, die Pacific Catastrophe Risk Assessment Finance Initiative, mitinitiiert. Sie sagt: „Die Versicherung kann helfen, sobald der Regen zu lange ausbleibt.“

Sonst müsse erst die Dürre eintreten, dann der Notstand ausgerufen und zum Spenden aufgerufen werden. Doch jeder Dollar, der früh in die Hilfe fließe, spare am Ende 2,50 Dollar. Tiere überleben, weil sie früh genug Futter bekommen, Familien stehen nicht vor dem Nichts. Hoven meint, das sei eine „Win-win-Situation“, alle profitierten.

„Sie brauchen etwas zu essen“

„Wenn Nomaden in Kenia Bargeld bekommen, werden sie damit wenig anfangen können, sie brauchen etwas zu essen“, sagt Sabine Minninger, Klimaexpertin bei der Hilfsorganisation Brot für die Welt. Und: „Es muss eine gerecht Verteilung geben, was in afrikanischen Staaten mit Diktatoren zum Beispiel schwierig ist.“

Vor Ort müssten darum Entwicklungsorganisationen miteinbezogen werden. Minninger sagt: „Alle Probleme sind mit einer Versicherung nicht gelöst.“