Berlin. Den deutschen Fernbusreisen-Primus Flixbus lässt der Brexit kalt. Er plant mehr Reisen auf die Insel – und die Vorherrschaft in Europa.

Brexit war gestern, BritIn ist das neue Stichwort: Fernbusbetreiber Flixbus übernimmt den britischen Konkurrenten Megabus und plant zusätzliche Reisen nach Großbritannien. Vor einem Austritt der Briten aus der EU hat das Unternehmen keine Angst. „Die Leute werden nicht aufhören zu reisen“, glaubt Jochen Engert, Mitgründer und einer der Geschäftsführer des Marktführers bei Fernbusreisen in Deutschland. Für gut 35 Euro kommen Reisende zum Beispiel von Essen nach London.

Flixbus ist nach eigenen Angaben mittlerweile auch in Europa die Nummer eins. Das grenzüberschreitende Angebot reicht von Polen bis Spanien. Langfristig will das rasant wachsende Unternehmen noch weitere Länder erschließen. Kroatien und Rumänien sind im Fokus. Danach nimmt der noch immer junge Anbieter die anderen Ziele im Süden und Osten Europas ins Visier. Am Ende könnte ein kontinentaler Busanbieter stehen, vergleichbar den Greyhounds in den USA. „Das will ich doch hoffen“, sagt Engert.

Der Branchenprimus schluckt und schluckt

Erst 2013 wurde der Markt für Fernbusse geöffnet. Viele Unternehmen drängten ins neue Segment. Auf Strecken zwischen 200 und 400 Kilometern haben die Anbieter neue Kunden gewonnen und der Bahn Millionen Passagiere abspenstig gemacht. Etliche scheiterten, manche wurden übernommen. So ging auch der zweite große Anbieter „MeinFernbus“ in Flixbus auf. Das kontinentale Geschäft der in Schottland beheimateten Linie Megabus wird nun ebenfalls vom Branchenprimus geschluckt. Rund 70 Prozent des Fernbusmarktes entfallen damit auf die Busse mit der grünen Lackierung. Mit Megabus kommen laut Bundesverband deutscher Omnibusunternehmer (BDO) zwei Prozentpunkte dazu.

Vor allem schafft sich Flixbus einen aggressiven Wettbewerber vom Hals. Mit Ticketpreisen von einem Euro warb Megabus bisher bei preisbewussten Kunden. Diese Strategie ist nun offenkundig gescheitert. Für Fahrgäste bedeutet dies zweierlei. Mit der Abstimmung der Fahrpläne beider Unternehmen vergrößert sich das Angebot an Verbindungen in Europa weiter. In 20 Ländern sind die Münchner schon unterwegs. Und die Zeit der Billigtickets wird vermutlich vorbei sein. „In Deutschland funktioniert weder eine Niedrig- noch eine Hochpreisstrategie“, sagt Flixbus’ Co-Geschäftsführer André Schwämmlein.

Heftiger Preiskampf zwischen den Anbietern

Zwischen den Anbietern tobt ein Preiskampf. Der Gesamtmarkt wächst in Deutschland nach drei Jahren permanenter Steigerungen nicht mehr. Die Zahl der Linien ging laut BDO im ersten Halbjahr von 328 auf 295 zurück. Wöchentlich gibt es zurzeit 4234 Hin- und Rückfahrten. Zu Jahresbeginn waren es noch gut 400 mehr. Nur Flixbus scheint davon unbeeindruckt. Schwämmlein will die Passagierzahlen 2016 um 50 Prozent auf 30 Millionen steigern. Mit Megabus würden zudem neue Zielgruppen im Ausland und Umsatzpotenziale erschlossen. Wie teuer der Zukauf ist, wollen die Geschäftsführer nicht verraten.

Hinter Flixbus stehen neben den Gründern einige Investoren. Den größten Anteil hält General Atlantic mit 30 Prozent. „Als Gesamtunternehmen werden wir auch 2016 weiter investieren“, sagt Schwämmlein. Unterm Strich ist daher keine schwarze Zahl zu erwarten. Um den Betrieb der Linien und die Fahrzeuge kümmert sich Flixbus nicht selbst. Das übernehmen mittelständische Busunternehmen, und es sei profitabel für sie, heißt es.

WLAN in den Fernbussen ist selbstverständlich

Die Busfirmen müssen sich auch gegen Angebote anderer Verkehrsträger behaupten. So will die Deutsche Bahn mit Billigtickets Kunden von der Straße holen – etwa mit Tickets für 19 Euro für eine Fahrt innerhalb Deutschlands. Das schreckt Schwämmlein nicht. Mehr Sorge macht ihm der niedrige Ölpreis. „Ein Minus von 30 Prozent beim Benzinpreis ist schmerzhafter als die Angebote der Bahn.“ Dann könnten bald wieder mehr mit dem eigenen Auto fahren als mit seinen Bussen.

Langfristig fürchtet Flixbus weder Bahnen noch Flieger – weil man flexibel ist. WLAN in den Bussen ist selbstverständlich. Die Bahn bastelt immer noch daran, das Surfen auch in der zweiten Klasse zu ermöglichen. Wann es etwas wird mit dem DB-Versprechen, Schwächen im Vergleich zu den Bussen wettzumachen und digitale Angebote für einen besseren Kundenservice zu entwickeln, ist offen. Die Kunden können sich angesichts der Konkurrenz im Fernverkehr freuen. Allzu große Preissprünge wird sich kein Wettbewerber erlauben können.