Frankfurt. Für VW kommt es noch dicker: Gegen den Autobauer wird nun auch wegen Verdachts der Marktmanipulation ermittelt, so der Staatsanwalt.

Im Abgasskandal bei Volkswagen rückt der ehemalige Konzernchef Martin Winterkorn ins Visier der Strafermittler. Grund sei der Anfangsverdacht auf Marktmanipulation bei Wertpapieren von Volkswagen, teilte die Staatsanwaltschaft Braunschweig am Montag mit.

Die Ermittler seien auf eine Strafanzeige der Finanzaufsicht BaFin hin aktiv geworden. Neben Winterkorn richteten sich die Untersuchungen auch gegen ein zweites damaliges Vorstandsmitglied. Die Behörde betonte, dabei handle es sich nicht um den amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch, der früher Finanzvorstand des Konzerns war.

Kam die Mitteilung an die Börse verspätet?

Bei den Ermittlungen gehe es um den Vorwurf, dass Volkswagen die Finanzwelt womöglich zu spät über die Affäre informiert habe. Dieser Anfangsverdacht richte sich auch gegen ein weiteres damaliges Vorstandsmitglied. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa soll es sich dabei um Herbert Diess, Markenchef von Volkswagen handeln. Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe äußerte sich nicht zu dem zweiten Verdächtigen. Er verwies auf die Persönlichkeitsrechte. Winterkorn als eine Person der Zeitgeschichte rechtfertige allerdings die Nennung des Namens.

Ziehe sagte, es habe im Zusammenhang mit den neuen Vorwürfen bisher keine Durchsuchungen gegeben. Er könne noch nicht absehen, wie lange das Ermittlungsverfahren dauere. „Wir müssen die Beteiligten jetzt natürlich anhören und weitere Zeugen vernehmen“, sagte er.

Volkswagen lehnte eine Stellungnahme ab. Zunächst wolle man sich die Vorwürfe ansehen. Winterkorns Anwalt war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Das Land Niedersachsen begrüßte, dass die Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen in der Abgasaffäre vorantreibe. „Für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wird die Staatsanwaltschaft ihre Gründe haben“, fügte Ministerpräsident Stephan Weil hinzu. Die zügige Durchführung der Ermittlungen und ein zügiger Abschluss lägen im allseitigen Interesse. Das Land ist mit 20 Prozent drittgrößter Anteilseigner von Volkswagen.

Mit der Manipulation begann die Krise bei VW

Die Staatsanwaltschaft betonte: „Ob sich der genannte Anfangsverdacht verdichtet oder entkräften lässt, hängt von dem Ergebnis der erforderlichen weiteren Ermittlungen ab.“ Es gelte wie in allen anderen Ermittlungsverfahren die Unschuldsvermutung.

VW hatte im September 2015 zugegeben, bei Dieselautos in den USA Testwerte zum Ausstoß schädlicher Stickoxide manipuliert zu haben. Dies stürzte den Konzern in eine schwere Krise. Eine Pflichtmitteilung an die Finanzwelt über die drohenden Folgen der Affäre gab Volkswagen am 22. September heraus – der Verdacht lautet, dass dies „bewusst verspätet“ geschehen sein könnte.

Mittlerweile 20 Beschuldigte

Bereits Anfang Oktober hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt, auch wegen einer möglichen Mitverantwortung Winterkorns gebe es Ermittlungen. Später hieß es jedoch, dabei habe es sich nicht um ein formelles Verfahren gegen den Ex-VW-Chef persönlich gehandelt. Die Behörde bedauerte „Irritationen“ über ihre Angaben zu dem Verfahren. Ein konkreter Anfangsverdacht habe damals nicht bestanden.

Mit den Ermittlungen gegen die beiden damaligen Vorstandsmitglieder erhöht sich die Zahl der Beschuldigten weiter. Bereits im März hatte die Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen auf 17 von sechs Beschuldigte deutlich ausgeweitet. Dabei geht es um den Verdacht auf Betrug. Im Juni kamen Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter wegen des Löschens von Daten hinzu. (rtr/dpa)