Berlin/Köln. Frauen verdienen weniger als Männer. Ministerin Schwesig will das jetzt ändern – und stößt auf Widerstand bei Politik und Wirtschaft.

Union und SPD ringen um ein Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit. Seit Dezember 2015 liegt ein Entwurf von Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) vor. Den lehnt die Union ab. Eine Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) befeuert die Debatte. Ein Überblick.

Worum geht es?

Frauen verdienen vielfach noch immer deutlich weniger als Männer. Männer arbeiten häufiger in Vollzeit als Frauen, sie haben Jobs, in denen sie mehr Geld verdienen, Brüche in ihrer Erwerbsbiografie gibt es kaum und sie landen öfter in Führungspositionen als Frauen. Hinzu kommt: Männliche Kollegen holen in vielen Fällen bei Gehaltsverhandlungen schlichtweg mehr Geld heraus.

Wie groß ist die Lohnlücke?

Darüber streiten die Experten. Laut Statistischem Bundesamt verdienen Frauen in Deutschland rund 21 Prozent weniger als Männer. Ohne Faktoren wie Teilzeit oder Erziehungszeiten sehen die Statistiker eine Lohnlücke von rund sieben Prozent. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kommt sogar auf rund zwölf Prozent, wenn das Geld im selben Job, für den die gleiche Qualifikation notwendig ist, verglichen wird. Die IW-Studie rechnet dagegen mit einer Lücke von rund 3,8 Prozent. IW-Direktor Michael Hüther führt den Unterschied auf „individuelle Entscheidungen“ über Karriere und Familie zurück. Hüther rät der Politik, sich herauszuhalten.

Was will die Politik tun?

Über Geld spricht man nicht. Doch genau das will Ministerin Schwesig ändern. Ihr Ziel ist ein Auskunftsrecht für Frauen. Sie sollen erfahren, was die Kollegen, die den gleichen Job machen, verdienen. Betriebe mit über 500 Mitarbeitern sollen ihre Lohnstrukturen überprüfen und etwa nachfragen, ob Frauen unfreiwillig in Teilzeit arbeiten. „Wir brauchen ein Gesetz, das durch Transparenz zu mehr Lohngerechtigkeit führt“, sagt die SPD-Politikerin. „Heute haben die Frauen das Problem, dass sie von Lohnungerechtigkeiten nur per Zufall erfahren und es nicht beweisen können.“ Neben dem Entgeltgleichheitsgesetz plädiert Schwesig für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Schule und Kita sowie für eine Familienarbeitszeit, die je nach Lebenslage der Familien angepasst werden kann.

Wer unterstützt Schwesig?

Vor allem die Gewerkschaften. „Die 21-Prozent-Lohnlücke zwischen Frauen und Männern ist Fakt. Ebenso Fakt ist, dass sich sieben Prozent davon nicht dadurch erklären lassen, dass Frauen in anderen Berufen arbeiten, Babypausen einlegen, mehr Teilzeit arbeiten oder weniger Führungspositionen bekleiden“, sagt Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende. Damit gleiche Arbeit auch gleich bezahlt werde, müsse man Berichtspflichten einführen.

Was sagt die Wirtschaft?

Vor allem Verbände mittelständischer Unternehmen sträuben sich. Man wolle nicht dem Verdacht ausgesetzt sein, Frauen systematisch bei der Bezahlung zu diskriminieren. Wenn herauskomme, dass mancher Mitarbeiter beim Gehalt schlechter verhandelt habe, könne das für Unruhe in der Firma sorgen. Mit der Berichtspflicht sei außerdem zusätzlicher Bürokratieaufwand verbunden.

Kommt das Gesetz?

Im Moment sieht es nicht danach aus. Es sei offensichtlich, dass das Problem kleingeredet und kleingerechnet werde, sagt eine Sprecherin Schwesigs als Antwort auf die IW-Studie. Die Ministerin werde nicht zulassen, dass das Gesetz verhindert oder kleingehäckselt wird.