Berlin. Microsoft zahlt für LinkedIn einen enorm hohen Preis – und hofft, den Nutzer seine sonstigen Programme wie Word verkaufen zu können.

Microsoft-Chef Satya Nadella kam bei der Ankündigung des Coups kaum noch aus dem Grinsen heraus. Die Übernahme habe er sich „schon sehr lange“ durch den Kopf gehen lassen, dass man nun zusammengefunden habe, sei „fantastisch“, so Nadella. Fantastisch ist auch der Preis, den der US-Software-Riese Microsoft für die Übernahme des Onlinenetzwerks LinkedIn bezahlen muss. 26,2 Milliarden Dollar werden an die Anteilseigner überwiesen. Zum Börsenwert ist das ein Aufschlag von rund 50 Prozent.

Dafür kauft sich Microsoft aus seiner Sicht einen strategischen Vorteil, der weit trägt. LinkedIn ist das erfolgreichste Karrierenetzwerk der Welt mit zuletzt 433 Millionen Mitgliedern. Im englischen Sprachraum ist es für Büroangestellte und Selbstständige quasi Pflicht, dort angemeldet zu sein, und auch hier gewinnt es stetig hinzu. Im deutschsprachigen Raum führt der Hamburger Konkurrent Xing noch mit knapp 10 Millionen Nutzern vor
LinkedIn (rund acht Millionen Mitglieder).

LinkedIn ist ein Karrierenetzwerk, mit dem man sich über den Jobmarkt und Branchen-News auf dem Laufenden hält. Nutzer können ihren Lebenslauf online stellen, sich mit anderen Mitgliedern „anfreunden“, chatten, sich über Neuigkeiten austauschen und auch eigene Artikel oder Analysen teilen.

LinkedIn-Daten werden an die Arbeitgeber verkauft

Das Netzwerk aus Mountain View in Kalifornien macht zwar nach den gängigen Buchhaltungsprinzipien Verluste. Das liegt aber vor allem an den hohen Investitionen in das Wachstum. Immerhin rund 850 Millionen Dollar nimmt das Netzwerk pro Quartal ein und es besteht wenig Zweifel daran, dass es langfristig profitabel ist. Mehr als die Hälfte der Einnahmen kommen von Unternehmen, die für den vollen Zugriff auf die Datenbanken LinkedIn teuer bezahlen, damit sie die richtigen Leute finden und einstellen können.

Microsoft hat jedoch ein anderes Geschäft im Visier: Die Software und Rechenzentrumsdienste zu verkaufen. Hans Peter Bech, Chef der Kopenhagener IT-Beratungsgesellschaft TBKConsult, glaubt, dass Nadella mit dieser Strategie durchaus richtigliegen könnte. „Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Sinn ergibt diese Übernahme“, sagt er. Microsoft hinke im Bereich der sozialen Netzwerke weit hinterher. Dabei gebe es viele Synergieeffekte. So könne zum Beispiel das Kontaktmanagement des E-Mail-Programms Outlook eng mit LinkedIn verschaltet werden. Auch beim Anbieten von Kundendienstsoftware könne Microsoft im Verbund mit dem LinkedIn-Netzwerk Fortschritte erzielen. Aus einer unternehmensinternen Präsentation zur Übernahme geht hervor, dass es in diese Richtung geht: Microsoft will die LinkedIn-Daten zum Beispiel auswerten, um sie aufbereitet an die Arbeitgeber zu verkaufen.

Vermutlich wird Microsoft aber LinkedIn auch einfach nutzen, um die Mitglieder des Netzwerks an die Standarddienste des Unternehmens, freundlich formuliert, „heranzuführen“: Die weit verbreiteten Office-Programme wie das Textverarbeitungsprogramm Word sowie die Cloud-Dienste, die das Abspeichern von Informationen Servern ermöglicht, die jederzeit über das Internet angesteuert werden können. LinkedIn könnte für alle, die keine Lust auf Microsoft-Produkte haben, nervig werden. Immerhin: LinkedIn soll seinen Vorstandschef Jeff Weiner erst einmal behalten – und damit weiter als eigenständiges Unternehmen geführt werden.