Gütersloh/Nürnberg. Die Wirtschaftslage ist gut in Deutschland, zumindest für die Unternehmen. Viele Langzeitarbeitslose profitieren von ihr jedoch nicht.

Obwohl in Deutschland noch nie so wenige Menschen ohne Arbeit waren, profitieren Langzeitarbeitslose einer aktuellen Studie zufolge bislang wenig von der guten Wirtschaftslage. Zwar ist der Anteil der langfristig Erwerbslosen nirgendwo in der EU so deutlich gesunken wie in der Bundesrepublik, wie eine am Freitag veröffentlichte Vergleichsstudie der Bertelsmann-Stiftung zeigt. Die Langzeitarbeitslosenquote sank demnach hierzulande von 3,7 im Krisenjahr 2008 auf 1,9 Prozent 2015. Der Rückgang der Quote sei jedoch seit 2012 lediglich insgesamt steigender Beschäftigung in Deutschland geschuldet.

Ein Drittel länger als zwei Jahre arbeitslos

Tatsächlich halte sich Langzeitarbeitslosigkeit hartnäckig: Mehr als 43 Prozent aller Arbeitslosen in Deutschland suchen schon länger als ein Jahr nach einem neuen Job, knapp ein Drittel ist sogar mehr als zwei Jahre arbeitslos. Vergleichsweise häufig trifft lange Erwerbslosigkeit in Deutschland Geringqualifizierte und Menschen über 55 Jahre.

Für die Studie haben die Experten Arbeitslosenstatistiken der 28 Mitgliedsstaaten ausgewertet, um mehr über Ausmaß und Ursachen herauszufinden. Demnach waren 2015 EU-weit mehr als 10 Millionen Menschen länger als 12 Monate arbeitslos. Das entspricht 4,3 Prozent aller Erwerbsfähigen.

Bundesagentur baut Rücklagen aus

Außerdem baut die Bundesagentur für Arbeit ihre Rücklagen massiv aus. Die allgemeine Rücklage wachse bis zum Jahresende auf knapp neun Milliarden Euro, sagte eine Sprecherin der Behörde am Freitag in Nürnberg und bestätigte damit einen Bericht des Magazins „Focus“. Bis 2018 sollen die Reserven sogar auf 15 Milliarden anschwellen und bis 2020 auf 22,2 Milliarden Euro. Hauptgrund sei die weiter starke Zunahme von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Das für Jobkrisen aufgebaute Finanzpolster war bis zum Jahresende 2015 auf rund 7,8 Milliarden Euro gewachsen. Die Rücklagen sind wichtig, um für Krisen gerüstet zu sein: Während der Finanzkrise hatten selbst Rücklagen von seinerzeit rund 18 Milliarden Euro kaum ausgereicht, um das Kurzarbeitsprogramm zu finanzieren, mit dem die BA krisenbedingte Entlassungen verhindert hatte. (dpa)