Essen. Der größte deutsche Stromkonzern Eon teilt sich auf: Der Chef Teyssen sieht darin eine gute Perspektive angesichts der Energiewende.

Das von Eon angekündigte „epochale Ereignis“ kommt leise daher. Spektakulär leise. Von der Zweiteilung des Konzerns hat Vorstandschef Johannes Teyssen bereits die Großinvestoren überzeugt, eine breite Zustimmung zeichnet sich bei der Hauptversammlung in der Essener Grugahalle deshalb bereits am Mittwochmorgen ab. Das Ergebnis kommt dann erst spät. Es ist der Abschluss eines der spektakulärsten und radikalsten Strategiewechsel eines Konzerns aus dem Deutschen Aktienindex Dax.

Teyssen darf sich künftig bei Eon auf die Zukunftsmärkte Ökostrom, Vertrieb und Netzgeschäft konzentrieren. Darauf also, mit der lange so leidenschaftlich kritisierten Energiewende Geld zu verdienen, statt wie bisher über die negativen Folgen für den alten Kraftwerkspark zu klagen. Der wird unter dem Namen Uniper nun abgetrennt. Die Eon-Aktionäre bekommen für zehn Eon-Aktien eine Uniper-Aktie dazu, insgesamt 53,35 Prozent der Uniper-Anteile, den Rest behält Eon erst einmal. Operativ sind die beiden Unternehmen bereits seit Anfang des Jahres getrennt.

Aufspaltung in neue und alte Energie

Konkurrent RWE zog kürzlich mit einem ähnlichen Plan nach, will allerdings das Geschäft mit erneuerbaren Energien ausgliedern und daran auch dauerhaft die Mehrheit halten. Vattenfall wiederum verkauft Braunkohleförderung und Verstromung komplett an einen tschechischen Konzern – und legt noch 1,7 Milliarden Euro dazu.

Dass es „für zwei Energiewelten zwei Unternehmen“ brauche, wie es der scheidende Eon-Aufsichtsratschef Werner Wenning formuliert, verfängt im Kreis der Anteilseigner. So ist auch unter den Kleinaktionären im Foyer nicht eine Gegenstimme zu finden. Die Spaltung sei „das Beste für den Verein hier“, meint einer. „Ich habe großes Vertrauen in Dr. Teyssen“, sagt ein Mann, der inhaltlich durchaus Kritik übt an der unscharfen Trennlinie. Dass etwa die Wasserkraftwerke, die doch bestens zur neuen grünen Eon passen würden, zu Uniper gehen, versteht er nicht. Und dass andersherum die Kernkraftwerke bei Eon bleiben, gefällt ihm auch nicht. Das aber sei politisch gewollt und deshalb nicht zu verhindern gewesen. Ihre Namen wollen die Kleinaktionäre lieber nicht nennen.

Kritiker sehen in AKWs Problem

Eine ungewöhnliche Harmonie unter Eignern eines Konzerns, der 2015 einen Rekordverlust von sieben Milliarden Euro geschrieben hat. Andererseits: Verantwortlich waren Milliardenabschreibungen auf die konventionellen Kraftwerke. Das zeige, „dass die empfohlene Aufspaltung des Konzerns dringend geboten ist“, sagt Teyssen.

Es sind Sätze wie dieser, die Zweifel schüren, ob nach der Trennung nicht nur Eon, sondern auch Uniper eine rosige Zukunft bevorsteht. Die an die Wand geworfenen Illustrationen untermalen das unfreiwillig: Der Erdkugel mit den schönen schlanken Windrädern und dem Steckdosenauto neben dem Eon-Schriftzug steht eine Erdkugel voller qualmender Schlote bei Uniper gegenüber – so richtig ermutigend wirkt nur eines der beiden bunten Bilder.

„Wo liegt der Sexappeal von Uniper?“ fragt Winfried Mathes von der Fondsgesellschaft Deka. Und Thomas Desser von Union Investment verbindet seine Hoffnung auf eine gute Zukunft für Eon mit dem Verweis auf die „existenzbedrohende Krise“ für Betreiber von Großkraftwerken, also auch Uniper. Er setzt wie viele andere auf politische Stützungsmaßnahen, also neue Subventionen. Damit teilt er die Einschätzung des Aktionärsschützers Thomas Hechtfischer (DSW), der die Uniper-Aktie „eine Wette auf den Kapazitätsmarkt“ nennt – jene staatlich subventionierte Kraftwerksreserve, die Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) als „Hartz IV für Kraftwerke“ ablehnt. Teyssen widerspricht, Uniper habe derlei Wetten nicht nötig.

Als Problem von Eon sehen viele die Atomkraftwerke. Teyssen wollte sie Uniper mitgeben, nach der Androhung einer unendlichen Haftung durch die Politik wickelt er sie nun aber selbst ab. „Die grüne Fahne hissen mit der Kernkraft am Bein – das wird nicht jeden überzeugen“, glaubt Hechtfischer und wirft Teyssen vor, die Politik unterschätzt zu haben. „Sie hätten besser vorher mit Gabriel gesprochen.“

Staat entlässt Konzerne aus der Haftung

Weil Teyssen diese Risiken ebenfalls sieht, will er das Thema abräumen, auch wenn das viel Geld kostet. Er verspricht, einen Kompromiss im Sinne der Regierungskommission zu suchen. Der würde über die gebildeten Rückstellungen für den Atomausstieg hinaus weitere Kosten als Risikozuschlag bedeuten. Im Gegenzug entließe der Staat die Konzerne aber aus der Haftung für die Endlagerung des Atommülls.

Könnte sich Eon freikaufen, sähe Teyssen darin übrigens keinen Anlass, laufende Klagen etwa gegen die Brennelementesteuer zurückzuziehen: Mit der Endlagerung, um deren Finanzierung es gehe, habe das nichts zu tun.