Berlin. Nach dem Stotterstart der Elektromobilität gibt der Bund jetzt Anschubhilfe mit der Kaufprämie. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die Elektromobilität kommt in Deutschland nur schleppend in Gang, jetzt gibt die Bundesregierung mit einem neuen 1,2-Milliarden-Förderprogramm Starthilfe: Kaufprämien, Steuerbefreiung und ein Tankstellen-Ausbau sollen den Stromautos endlich zum Durchbruch verhelfen. „Ein wichtiges industriepolitisches Signal“, sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nach dem Kabinettsbeschluss.

Wofür gibt es die Kaufprämie?

Der Käufer eines reinen Stromautos soll 4000 Euro Zuschuss erhalten. Für Plug-in-Hybride, die sowohl einen Verbrennungsmotor als auch einen Elektroantrieb mit aufladbarer Batterie haben, gibt es 3000 Euro. Die Fördersumme ist auf 1,2 Milliarden begrenzt, 2019 läuft die Prämie aus. So können 300.000 bis 400.000 Fahrzeuge bezuschusst werden. Es gilt das Windhund-Prinzip, wer zuerst kommt, erhält das Geld. Gezahlt wird es an Privatleute, Unternehmen, Vereine oder Stiftungen – sie müssen das Auto aber mindestens neun Monate behalten.

Wird jedes E-Autos gefördert?

Nein. Erstens gibt es für Luxusautos mit einem Listenpreis von mehr als 60.000 Euro keinen Zuschuss. Zweitens werden vom Staat nur solche Pkw gefördert, deren Hersteller sich an der Zuschussfinanzierung beteiligen. Die Autobauer sollen jeweils die Hälfte der Prämie (1500 oder 2000 Euro) bezahlen, die Industrie so insgesamt 600 Millionen Euro zuschießen. Die deutschen Autobauer sind im Boot, mit der Regierung ausgehandelt haben das Modell Daimler, VW und BMW. Auch viele ausländische Hersteller – von Peugeot und Renault über Volvo bis zu Toyota, oder Nissan – wollen mitmachen.

Wann geht es los?

Klar ist nur: Das E-Auto muss nach dem 18. Mai gekauft worden sein, nur dann gibt es die Prämie. Sie kann aber erst in einigen Wochen beantragt werden. Das zuständige Wirtschaftsministerium arbeitet noch an der Förderrichtlinie, auch die EU-Kommission muss noch grünes Licht geben. Erst nach einer Veröffentlichung im Bundesanzeiger geht es los: Zuständig ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), das schon die Abwrackprämie abwickelte. Beim Bafa beantragen Autokäufer die Prämie über ein Internetportal, also nur online. Vorgelegt werden muss neben dem Zulassungsnachweis eine Rechnungskopie vom Autohändler, die belegt, dass der Verkäufer bereits die Hälfte der Prämie vom Netto-Kaufpreis abgezogen hat – dann zahlt das Bundesamt die andere Hälfte aus.

E-Autos im Preisvergleich mit Benzinern

Den 115 PS starken Volkswagen e-Golf gibt es ab 34.900 Euro Grundpreis. Laut ADAC schafft er eine Reichweite von 145 Kilometern.
Den 115 PS starken Volkswagen e-Golf gibt es ab 34.900 Euro Grundpreis. Laut ADAC schafft er eine Reichweite von 145 Kilometern. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
Die Benzin-Variante 1.4 TSI mit 110 PS hingegen gibt es schon ab 23.800 Euro, auch der vergleichbar starke Dieselmotor ist im Grundpreis noch mehr als 8000 Euro günstiger als der e-Golf.
Die Benzin-Variante 1.4 TSI mit 110 PS hingegen gibt es schon ab 23.800 Euro, auch der vergleichbar starke Dieselmotor ist im Grundpreis noch mehr als 8000 Euro günstiger als der e-Golf. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
2014 war der BMW i3 Deutschlands meistverkauftes E-Fahrzeug. Für das 170-PS-Auto muss man mindestens 34.950 Euro in die Hand nehmen. Laut Hersteller kann der Fahrer mit einer Ladung bis zu 300 Kilometer fahren.
2014 war der BMW i3 Deutschlands meistverkauftes E-Fahrzeug. Für das 170-PS-Auto muss man mindestens 34.950 Euro in die Hand nehmen. Laut Hersteller kann der Fahrer mit einer Ladung bis zu 300 Kilometer fahren. © BMW Group | BMW Group
Einen „normalen“ BMW 1er mit 177 PS bekommt man schon ab 30.650 Euro. Eine vergleichbare Diesel-Variante (190 PS) kostet 33.250 Euro.
Einen „normalen“ BMW 1er mit 177 PS bekommt man schon ab 30.650 Euro. Eine vergleichbare Diesel-Variante (190 PS) kostet 33.250 Euro. © Tom Kirkpatrick / BMW | Tom Kirkpatrick
Noch krasser ist das Preisgefälle zu einem weiteren Mitglied der BMW-Familie: Den Mini Cooper S mit 192 PS gibt es ab 26.600 Euro.
Noch krasser ist das Preisgefälle zu einem weiteren Mitglied der BMW-Familie: Den Mini Cooper S mit 192 PS gibt es ab 26.600 Euro. © BMW Group | BMW Group
Die B-Klasse 250 Electric Drive mit 180 PS (Reichweite laut Hersteller rund 200 Kilometer) kostet im Grundpreis 39.151 Euro. Laut ADAC ist sie damit eines der wenigen Autos am Markt, die sich mit der staatlichen Kaufprämie im Vergleich zu den vergleichbaren Mercedes-Benzinern rentieren können. Eingerechnet sind dabei Steuern, eine Haltedauer von vier Jahren und eine Fahrleistung von 15.000 Kilometern im Jahr.
Die B-Klasse 250 Electric Drive mit 180 PS (Reichweite laut Hersteller rund 200 Kilometer) kostet im Grundpreis 39.151 Euro. Laut ADAC ist sie damit eines der wenigen Autos am Markt, die sich mit der staatlichen Kaufprämie im Vergleich zu den vergleichbaren Mercedes-Benzinern rentieren können. Eingerechnet sind dabei Steuern, eine Haltedauer von vier Jahren und eine Fahrleistung von 15.000 Kilometern im Jahr. © Daimler AG - Global Communicatio | Daimler AG - Global Communicatio
Der Mercedes B 220 CDI 4MATIC bringt 184 PS mit und ist ab 33.772 Euro zu haben.  Die Diesel-Variante der B-Klasse mit 177 PS kostet ab 36.158 Euro.
Der Mercedes B 220 CDI 4MATIC bringt 184 PS mit und ist ab 33.772 Euro zu haben. Die Diesel-Variante der B-Klasse mit 177 PS kostet ab 36.158 Euro. © Daimler AG - Global Communicatio | Daimler AG - Global Communicatio
Der Grundpreis des Citroën C-Zero (Reichweite laut Hersteller 150 Kilometer) ist seit seiner Markteinführung schon fast um die Hälfte gesunken, für den 67 PS starken Wagen muss man aber immer noch 17.850 Euro aufbringen.
Der Grundpreis des Citroën C-Zero (Reichweite laut Hersteller 150 Kilometer) ist seit seiner Markteinführung schon fast um die Hälfte gesunken, für den 67 PS starken Wagen muss man aber immer noch 17.850 Euro aufbringen. © imago stock&people | imago stock&people
15.380 Euro hingegen kostet der Citroën C3 mit 68 PS. Der Grundpreis der ähnlichsten Diesel-Variante kostet 19.380 Euro – sie hat dann aber auch 99 PS.
15.380 Euro hingegen kostet der Citroën C3 mit 68 PS. Der Grundpreis der ähnlichsten Diesel-Variante kostet 19.380 Euro – sie hat dann aber auch 99 PS. © imago/Sebastian Geisler | imago stock&people
Das Mitsubishi Electric Vehicle – eine 23.790 Euro teure und 67 PS starke Knutschkugel, die mehr als 10.000 Euro teurer ist als vergleichbare Benziner des japanischen Autobauers. Er soll laut Hersteller rund 160 Kilometer mit Batterieladung fahren können.
Das Mitsubishi Electric Vehicle – eine 23.790 Euro teure und 67 PS starke Knutschkugel, die mehr als 10.000 Euro teurer ist als vergleichbare Benziner des japanischen Autobauers. Er soll laut Hersteller rund 160 Kilometer mit Batterieladung fahren können. © Mitsubishi Motors | Mitsubishi Motors
Den Mitsubishi Space Star mit 71 PS gibt es im Grundpreis für 8990 Euro, selbst die 80-PS-Variante ist mit 13.890 Euro noch fast 10.000 Euro günstiger als das Electric Vehicle.
Den Mitsubishi Space Star mit 71 PS gibt es im Grundpreis für 8990 Euro, selbst die 80-PS-Variante ist mit 13.890 Euro noch fast 10.000 Euro günstiger als das Electric Vehicle. © Mitsubishi Motors | Mitsubishi Motors
34.900 Euro bezahlt man für den Ford Focus Electric mit 145 PS. Laut Hersteller reicht eine Ladung für gut 160 Kilometer.
34.900 Euro bezahlt man für den Ford Focus Electric mit 145 PS. Laut Hersteller reicht eine Ladung für gut 160 Kilometer. © Ford | Ford
Fast 10.000 Euro weniger kostet der Focus als Benziner in der 150-PS Variante – Grundpreis: 25.310. Der gleich starke Focus-Diesel ist ab 27.910 Euro zu haben.
Fast 10.000 Euro weniger kostet der Focus als Benziner in der 150-PS Variante – Grundpreis: 25.310. Der gleich starke Focus-Diesel ist ab 27.910 Euro zu haben. © Ford | Ford
Auch Volkswagen hat ein kleines E-Auto in der Palette: Der „e-up!“ bringt 82 PS mit und kostet 26.900 Euro. Laut ADAC liegt die Reichweite bei 165 Kilometer.
Auch Volkswagen hat ein kleines E-Auto in der Palette: Der „e-up!“ bringt 82 PS mit und kostet 26.900 Euro. Laut ADAC liegt die Reichweite bei 165 Kilometer. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
Für 12.980 Euro ist der „up!“ als Benziner mit 75 PS zu haben – also für fast 14.000 Euro weniger, als sein Bruder mit Elektromotor kostet.
Für 12.980 Euro ist der „up!“ als Benziner mit 75 PS zu haben – also für fast 14.000 Euro weniger, als sein Bruder mit Elektromotor kostet. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
Auch der etwas größere Volkswagen Polo bleibt in der Anschaffung deutlich günstiger als der „e-up!“: Sogar der Benziner mit 90 PS kostet mit 18.400 Euro im Grundpreis noch 8500 Euro weniger.
Auch der etwas größere Volkswagen Polo bleibt in der Anschaffung deutlich günstiger als der „e-up!“: Sogar der Benziner mit 90 PS kostet mit 18.400 Euro im Grundpreis noch 8500 Euro weniger. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
Der Nissan Leaf kostet 23.300 Euro und verfügt über 109 PS. Das Fahrzeug bietet laut Hersteller eine Reichweite von 250 km.
Der Nissan Leaf kostet 23.300 Euro und verfügt über 109 PS. Das Fahrzeug bietet laut Hersteller eine Reichweite von 250 km. © REUTERS | © Noah Berger / Reuters
Der Mercedes C 350 e als Plug-in-Hybrid mit 82 PS kostet als Limousine rund 50.900 Euro. Mit dem rein elektrischen Fahren macht der Mercedes rund 30 Kilometer.
Der Mercedes C 350 e als Plug-in-Hybrid mit 82 PS kostet als Limousine rund 50.900 Euro. Mit dem rein elektrischen Fahren macht der Mercedes rund 30 Kilometer. © imago/Rüdiger Wölk | imago stock&people
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Lohnt sich die Prämie?

Verbraucherschützer sind skeptisch. Gegen E-Autos sprächen bisher viele Gründe wie geringe Reichweite (eine Batterieladung reicht für 200 Kilometer) und zu wenig öffentliche Ladestellen, sagt Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale Bundesverband. Der ADAC hat ausgerechnet, dass trotz Prämie der Großteil der aktuellen E-Modelle bei den Kilometerkosten teurer ist als Autos mit Verbrennungsmotor. Grund sind die hohen Batteriekosten, die den Preis der E-Autos erhöhen: Ein Mercedes der B-Klasse kostet mit 39.000 Euro fast 13.000 Euro mehr als die Basisversion mit Benzinmotor. Für einen E-Golf oder den BMW i3 werden in der Grundversion um die 35.000 Euro verlangt, die günstigsten Modelle bieten Peugeot und Citroen mit Preisen um die 20.000 Euro an. Die Branche setzt auf den psychologischen Effekt des Rabatts: Die Wirkung auf den Käufer habe die Abwrackprämie bewiesen, die 2009 die Autoindustrie erfolgreich durch die Finanzkrise lotste. Laut Umfrage könnte die neue Prämie jeden dritten Autofahrer zum Umsteigen motivieren.

Gibt es genug Stromtankstellen?

Nein. Die 5800 öffentlichen Ladepunkte reichen bei weitem nicht. Das dünne Tankstellennetz ist nach Studien ein Hauptgrund für die schwache Nachfrage nach E-Autos. Die Regierung will deshalb mit 300 Millionen Euro die Zahl der Tankstellen mehr als verdreifachen: Geplant ist die Förderung von 10.000 Normal-Ladepunkten und 5.000 Schnell-Ladestellen in Großstädten und an Bundesstraßen.

Wie läuft die Steuerförderung?

Bei erstmaliger Zulassung reiner E-Autos gilt seit 1.Januar bis Ende 2020 eine Kfz-Steuerbefreiung. Die wird jetzt auf zehn Jahre verlängert. Weitere Erleichterung für Arbeitnehmer: Wenn sie in der Firma eine Stromtankeinrichtung privat nutzen, wird von 2017 bis 2020 kein steuerlicher Vorteil angerechnet.

Was soll die Förderung überhaupt?

Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen. So sollen einerseits die Klimaziele erreicht werden – andererseits soll verhindert werden, dass die Autohersteller als Schlüsselindustrie Deutschlands den Anschluss bei der neuen Antriebstechnologie verlieren. Doch das Ausbauziel würde ohne Förderung klar verfehlt: Bisher sind erst 50.000 reine Elektroautos und Plug-in-Hybride unterwegs – von 45 Millionen Pkw insgesamt. Die deutschen Autobauer machen nach hohen Milliardeninvestitionen noch Verluste mit den Stromautos, jetzt verweisen wie auf die hohe Förderung in anderen Auto-Ländern: In den USA, Großbritannien, Frankreich oder China gibt es mehrere tausend Euro pro Auto, im Schnitt 5000 Euro. Dort sind mehr Stromfahrzeuge auf den Straßen – dabei wollte doch Deutschland „Leitmarkt“ sein. „Überall dort, wo der Staat Kaufanreize setzt, wächst die Elektromobilität schneller“, erklärt der Autoindustrieverband VDA. „Es geht nur um einen begrenzten Anschubimpuls“.

Warum ist die Prämie umstritten?

Kritiker verweisen auf die hohen Gewinne der Automobilindustrie, weshalb eine Subvention kaum notwendig sei. Der Staat solle sich auf die Forschungsförderung konzentrieren, fordern Wirtschaftsinstitute. Jetzt drohten Mitnahmeeffekte und eine Strohfeuer-Nachfrage: Die derzeit verfügbaren Autos seien noch nicht ausgereift, beim Auslaufen der Prämie werde der Markt wieder zusammenbrechen, glaubt Autoexperte Stefan Bratzel. Und schließlich: Jahrelang hätten die deutschen Hersteller gegen strenge Grenzwerte gekämpft und Abgastests geschönt – jetzt würden sie dafür noch belohnt, beklagt Greenpeace.