Berlin. Online-Riese Amazon will in Berlin binnen 60 Minuten liefern. Ein Lager im Kudamm-Karree ist Umschlagplatz für Tausende von Artikeln.

Im Kampf um die schnellste Paketlieferung hat Amazon die Deutsche Post überholt – zumindest in der Hauptstadt. Der weltgrößte Online-Händler stellt in Berlin binnen einer Stunde zu. Für 6,99 Euro pro Order sollen Produkte aus einem 20.000-Artikel-Sortiment innerhalb von 60 Minuten an die Haustür oder ins Büro kommen. Wer zwei Stunden warten kann, bekommt den Schnelldienst umsonst. Voraussetzung für beide Leistungen: Der Besteller muss Kunde des Abo-Dienstes „Prime“ sein, der jährlich 49 Euro kostet. An Werktagen und Sonnabends von 8 bis 24 Uhr sei der Blitzdienst verfügbar, heißt es.

DHL hat mit Drohnen-Lieferung die Lufthoheit

Noch am Montag schien die Post die Nase vorn zu haben im nationalen Lieferwettstreit. Aus dem oberbayrischen Reit im Winkl meldete der Paketdienst DHL einen prestigeträchtigen Coup. Als weltweit erstem Anbieter sei es gelungen, Kunden mit einer Drohne zu beliefern. Drei Monate lang hätten Absender und Adressaten Pakete per Luftpost versendet und empfangen. Bei 130 Lieferungen seien auch höhere Traglasten erfolgreich befördert worden. Flugzeit für acht Kilometer vom Tal bis zur Alm auf 1200 Metern Höhe: acht Minuten. „Wir sind weltweit die Ersten, die eine Transportdrohne für einen Endkundenzugang einsetzen können“, jubelte DHL-Vorstand Jürgen Gerdes.

Mindestbestellwert: 20 Euro

Die Lufthoheit der Post konterte Amazon am Mittwoch mit einer Bodenoffensive. Ausgangspunkt: ein Lager im Kudamm-Karree. Es ist der Umschlagplatz für alles, was in kürzester Zeit beim Kunden sein soll: frische und tiefgefrorene Lebensmittel, Getränke, Elektronik, Spielzeug und Drogerieartikel. Geordert wird – Mindestbestellwert: 20 Euro – über eine App auf dem Smartphone, die Kunden auf der Internetseite von Amazon herunterladen können. Falls der Besteller zur Zustellzeit nicht zuhause ist, kann er eine alternative Lieferadresse auswählen.

Liefergrenzen eher schwammig

Zu Details hält sich Amazon bedeckt. Welche Berliner Bereiche binnen einer Stunde erreicht werden sollen, welche binnen zwei und welche gar nicht – dazu gibt es nur eine eher grobe Skizze im Netz. Die weist die Innenstadt als 60-Minuten-Zone aus. Zwei Stunden brauchen demnach Lieferungen in ausgewählte Außenbezirke sowie nach Potsdam. Wieder andere Stadtflächen bleiben offenbar komplett außen vor. „Details zu den Postleitzahlen oder Bezirken veröffentlichen wir derzeit nicht“, sagte eine Amazon-Sprecherin auf Anfrage dieser Zeitung.

Zwei Kurierdienste auf Achse

Auch über die Stärke der Lieferflotte hält der Konzern die Hand. Klar ist: Amazon arbeitet in Berlin mit den Kurierdiensten „Interkep“ und „Go!“ zusammen. Wie viele Fahrer im Einsatz sind, wie viele Autos und Elektro-Fahrräder zum Einsatz kommen – Auskünfte dazu gibt es nicht. Und auch die Frage nach der Ausweitung des Schnelldienst-Services auf andere deutsche Großstädte bleibt unbeantwortet. „Wir wollen erst einmal schauen: Wie klappt das in Berlin?“ In München experimentiert Amazon mit einer Zustellung in Eigenregie am selben Tag.

DHL verspricht Paket-Innovationen

International ist der Stundenbringdienst längst etabliert. Nach dem Auftakt im Dezember 2014 in New York zogen weltweit viele Metropolen nach. In Tokio, London oder Mailand zählt der Amazon-Blitzservice zum Heimlieferstandard.

Wie reagiert die Post auf den Vorstoß? Sie ruft Berlin zur „Paket-Hauptstadt“ aus. „Ein ganzes Maßnahmenbündel von Paket-Innovationen“ werde am heutigen Donnerstag vorgestellt, so ein DHL-Sprecher.