Lübeck. Der ADAC trennt den Verein vom Kommerz und erklärt den Reformstreit für beendet. Dem Regionalverband Nordrhein droht trotzdem Ärger.

Rückzug statt Revolte: Bei der mit Säbelrasseln eingeläuteten ADAC-Hauptversammlung in Lübeck blieb der große Knall aus. Eine breite Mehrheit billigte die umstrittene Reform, die Europas größten Automobilclub auf drei Säulen stellt: den Verein, eine Aktiengesellschaft und eine Stiftung. Dieses Modell soll die drohende Aberkennung des steuersparenden Vereinsstatus verhindern. Finanz- und Personalverflechtungen zwischen gemeinnützigen Teilen und wirtschaftlichen Aktivitäten wie Versicherungen sollen tabu sein. Ob das Konstrukt rechtlich trägt, prüft derzeit das Registergericht in München. Mit der Abtrennung des Vereins von den kommerziellen Aktivitäten hofft der ADAC auf grünes Licht der bayrischen Juristen.

An einer der drei Säulen hatte sich im Vorfeld der Hauptversammlung ein heftiger Streit entzündet. Der mit 2,7 Millionen Mitgliedern mächtigste ADAC-Regionalclub Nordrhein hatte zwei Gutachten vorgelegt, die vor dem Stiftungsmodell warnten. Damit verliere der Verein „den Zugriff auf Vermögenswerte im hohen dreistelligen Millionenbereich“, hatte es noch am Mittwoch geheißen. Pikant: Den Regionalclub Nordrhein führt Peter Meyer, der im Februar 2014 als ADAC-Präsident zurückgetreten war.

Bundes-ADAC rügt Regionalverband

Der Bundes-ADAC wertete den Nordrhein-Vorstoß als „massiv vereinsschädigendes Verhalten“ und leitete nach eigenen Angaben auch medienrechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen ein. Weitere rechtliche Schritte seien derzeit nicht geplant, teilte ADAC-Sprecher Christian Garrels am Sonntag mit. „Die Einlassung von Herrn Meyer im Rahmen der Hauptversammlung war sehr eindeutig. Das Thema ist damit hoffentlich erledigt“, sagte Garrels dieser Zeitung.

Meyer hatte vor dem entscheidenden Votum versöhnliche Töne angeschlagen. Jeder rechtsgültige Beschluss der Hauptversammlung werde „von uns hingenommen und mit durchgesetzt“. Und überhaupt: Der ADAC Nordrhein sei nie gegen Reformen gewesen. „Es ging nicht um das Ob, sondern um das Wie – und dass man da anderer Meinung sein darf, ist legitim“, sagte Meyer. Auch an anderer Stelle fühlte er sich missverstanden. Mit Klagen habe der Regionalclub „zu keinem Zeitpunkt“ gedroht oder sie angestrebt. „Wir sind ein ADAC“, sagte Meyer ins Saalmikrofon, „auch wenn die Meinungen auseinandergehen.“

85 Prozent stimmen für Neuausrichtung

Die Frage, ob der ADAC Nordrhein weitere Schritte gegen die Reform plant, stand bis dahin unbeantwortet im Raum. In einem der Gutachten hatte es geheißen, für die Reform sei eine Dreiviertelmehrheit nötig. Beim Bundes-ADAC ging man jedoch von einer einfachen Mehrheit aus.

Als es am Samstag galt, stimmten rund 85 Prozent der 221 Delegierten für die Reform. Für diesen Augenblick hatte ADAC-Chef August Markl gekämpft. Vor dem entscheidenden Votum erinnerte er noch einmal an den Skandal, der den Autoclub vor zwei Jahren in den Abgrund blicken ließ: Erst waren willkürliche Änderungen beim Publikumspreis „Gelber Engel“ herausgekommen, anschließend weitere Unregelmäßigkeiten. Danach habe „ein medialer Orkan getobt“, der den ADAC fast weggefegt hätte. Die aufgeflogenen Manipulationen und immer neue Vorwürfe hätten den Club „bis ins Mark getroffen“, stöhnte Markl. Einige Vorwürfe seien entkräftet worden, andere hätten sich bewahrheitet. Es sei aber „nicht alles schlecht beim ADAC“.

Die Reform sei „die beste Lösung“ für den Club. „Nichtstun war keine Option“, rief Markl den Delegierten zu. „Wenn wir nicht selbst handeln, tun es andere, und darauf sollte man es nicht ankommen lassen.“

Kommerzielle Aktivitäten werden in AG zusammengefasst

Durch die Drei-Säulen-Struktur soll der Vereinsstatus dauerhaft gesichert werden. Im ADAC e.V. versammeln sich künftig zentrale Mitgliederleistungen wie Pannenhilfe, Verbraucherschutz, Motorsport, Touristik, Mitgliederberatung, Verkehr und die Clubzeitschrift „ADAC Motorwelt“. Kommerzielle Aktivitäten werden in einer eigenständigen, vom Verein getrennten Aktiengesellschaft (ADAC SE) zusammengefasst.

Die neu zu gründende ADAC Stiftung tritt als dritte Säule neben den Verein und die Aktiengesellschaft. In dieser Stiftung werden die gemeinnützigen Aktivitäten des Clubs gebündelt. Die Stiftungszwecke orientieren sich an den Vereinszwecken des ADAC e.V. – die Förderung der Rettung aus Lebensgefahr, die Unfallverhütung, Wissenschaft, Forschung und Bildung sowie die Mildtätigkeit.

Die Umsetzung des Drei-Säulen-Modells soll unverzüglich anlaufen und bis Ende 2016 vollständig abgeschlossen sein. Von der organisatorischen Neuausrichtung betroffene Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben.

Experte sieht Pannenhilfe falsch eingeordnet

Der Duisburger Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer, der in der Vergangenheit häufig die mangelnde Transparenz im Autoclub kritisiert hatte, äußert Zweifel. „Das wichtigste Produkt des ADAC ist die Pannenhilfe, die wie eine Versicherung wirkt und keine Vereinstätigkeit ist. Der Club hätte deshalb auch die Pannenhilfe in der Aktiengesellschaft ansiedeln müssen“, sagte Dudenhöffer dieser Zeitung.

An einer Entkopplung von Vereinsmitgliedschaft und dem Pannenhilfeangebot habe der ADAC kein Interesse, weil er für den Verkauf dieser Leistung Steuern zahlen müsste, aber auch weil er seinen Einfluss verlöre. Für den Autoprofessor steht fest: „Ein ADAC ohne politische Macht wäre gut für Deutschland.“