Berlin/München. Am Wochenende sollen Delegierte über eine Reform des ADAC entscheiden. Der Präsident des Automobilclubs sieht keine Alternative dafür.

Wenn am Samstag die Delegierten im Hanseatischen Hof in Lübeck über die Zukunft abstimmen, soll das Skandalkapitel in der Geschichte des ADAC endgültig vorbei sein. Die Hauptversammlung, 200 Delegierte aus 18 Regionalclubs, entscheidet über eine grundlegende Reform von Europas größtem Automobilclub – die Aufsplittung in einen Verein, eine Aktiengesellschaft und eine Stiftung. Widerstand gegen die Pläne gibt es unter anderem vom größten Regionalclub Nordrhein.

Warum will man beim ADAC einen neuen Weg einschlagen?

Im Jahr 2014 durchlebte der Verein die schwerste Krise seiner Existenz. Auslöser war der Skandal um Manipulationen bei der Autowahl „Gelber Engel“. Die Anfang 2014 bekanntgewordenen Fälschungen bei der Kür des Lieblingsautos der Deutschen kosteten nicht nur den Kommunikationschef und den Geschäftsführer ihre Posten. Der damalige Präsident Peter Meyer trat zurück. Es folgten weitere Vorwürfe, etwa zu angeblichen Manipulationen bei Tests, Mitgliederabzocke beim Batterietausch und Funktionärsdienstreisen mit dem Rettungshubschrauber. Nun soll nach dem Willen der neuen Führung mit einem „Drei-Säulen-Modell“ sowohl ein Schlussstrich gezogen werden. Vor allem aber will man den Vereinsstatus, der derzeit gerichtlich überprüft wird, wahren. Die Reform war von den ADAC-Gremien bereits beschlossen worden, die Hauptversammlung soll nun den letzten Segen geben.

Was hat sich seit 2014 geändert?

Der damals neue Präsident August Markl, ein Münchner Radiologe, verordnete dem Club eine „Reform für Vertrauen“. Der Verein beschränkte sich fortan auf Pannenhilfe, technische und touristische Beratung für die mehr als 19 Millionen Mitglieder und den Motorsport. Zu verkehrspolitischen Fragen wie Maut oder Tempolimit meldet sich der ADAC nur noch nach dem Ausloten von Mitgliedsmeinungen zu Wort. Verbraucherschutz und Kommerz wurden getrennt, das gleichzeitige Testen und Verkaufen von Kindersitzen oder Schneeketten wurde abgestellt. Die ADAC-Firmen, die in einer GmbH zusammengefasst sind, verkaufen Versicherungen, Autobatterien und Kreditkarten, vermieten Autos und vermitteln Reisen. Diese GmbH machte 2014 gut 1,1 Milliarden Euro Umsatz und erzielte 104 Millionen Euro Gewinn. Allerdings gibt es personelle Überlappungen in der Geschäftsführung von GmbH und Verein.

Was beinhaltet das „Drei-Säulen-Modell“?

Die GmbH soll nach den Plänen in eine Aktiengesellschaft, die ADAC SE, umgewandelt werden, mit einem weisungsunabhängigen Vorstand, der von einem unabhängigen und nicht ADAC-dominierten Aufsichtsrat kontrolliert wird. Der ADAC-Verein soll 74,9 Prozent der Aktienanteile besitzen, die geplante Stiftung eine Sperrminorität von 25,1 Prozent erhalten. In der gemeinnützigen Stiftung soll vor allem die Luftrettung mit den gelben Hubschraubern aufgehen und von einem ebenfalls unabhängigen Stiftungsrat kontrolliert werden. Derzeit beschäftigt der ADAC rund 9000 Mitarbeiter. Geplant ist, dass etwa 1000 vom Verein in die Aktiengesellschaft wechseln.

Gibt es Gegner der Reform?

Besonders der größte Regionalclub, der ADAC Nordrhein unter seinem Vorsitzenden Peter Meyer, ehemals Gesamtpräsident, hat Zweifel an dem Modell. In einer Pressemitteilung vom vergangenen Freitag heißt es, dass durch die im „Drei-Säulen-Modell“ vorgesehene „’Entherrschung’ und die damit verbundenen Vermögensübertragungen die Zukunft des ADAC gefährdet wird“. Dazu holte der ADAC Nordrhein bereits ein Rechtsgutachten ein, das sich in wesentlichen Teilen von dem des ADAC unterschied. Nun will der Regionalclub im Laufe dieser Woche ein weiteres Gutachten präsentieren. Das Ergebnis sei auch für den ADAC Nordrhein offen, heißt es. Und es bedeute „keine grundlegende Ablehnung“ des „Drei-Säulen-Modells“. Zweifel hat auch ADAC-Ehrenpräsident Otto Flimm. Der 86-Jährige beklagte in einer schriftlichen Erklärung, dass den Mitgliedern der Zugriff auf ein Großteil des Vereinsvermögens entzogen werde.

Was passiert, wenn die Hauptversammlung die Reform ablehnt?

Für eine Umsetzung reicht den ADAC-Oberen formal eine einfache Mehrheit. In der Zentrale in München setzt man jedoch darauf, dass die Pläne mit einem deutlichen Signal verabschiedet werden und zum 1. Januar 2017 greifen. „Es gibt keinen Plan B. Die vor uns liegenden Veränderungen sind alternativlos“, sagte ADAC-Präsident Markl unserer Redaktion. „Wir rechnen mit einer komfortablen Mehrheit in Lübeck“. Die Struktur sei die rechtssicherste Möglichkeit, den ADAC als Verein zu erhalten. „Wenn wir uns jetzt nicht verändern, steht für den ADAC nicht nur der Status als Verein, sondern mit ihm auch das gesamte Ehrenamt auf dem Spiel.“ Der ADAC Nordrhein hält diese Alternativlosigkeit allerdings für falsch. Ausgang offen.