Berlin. Das Unternehmen weist für 2015 einen Rekordverlust wegen hoher Spritausgaben aus. Andere tanken dagegen mit deutlichem Gewinn.

Zum Schluss verbreitet Stefan Pichler noch so etwas wie trotzigen Optimismus. Eben noch hat der Air-Berlin-Chef erklärt, wie der Rekordverlust für 2015 zustande gekommen ist und warum er dennoch zuversichtlich ist, was 2016 angeht. Und dann zitiert er Kanzlerin Angela Merkel (CDU): „Wir schaffen das!“ Man kann nur hoffen, dass es dann doch nicht so turbulent für Air Berlin wird, wie es für Deutschland in der Flüchtlingskrise nach Merkels Ausspruch wurde.

Besonders ein Problem hat das Unternehmen jetzt angeblich im Griff: Den Kerosineinkauf. Denn einer der Hauptgründe für den Verlust sind die Kerosinpreise oder vielmehr, wie Air Berlin sich gegen deren Veränderungen abgesichert hat. Das ist üblich bei Fluggesellschaften, allerdings haben sich die Berliner kräftig verspekuliert.

Völlig verzockt bei Sicherungsgeschäften für Kerosin

Während der Kerosinpreis im vergangenen Jahr zwischen 350 und 450 Dollar pro Tonne schwankte, zahlte Air Berlin wegen der Sicherungsgeschäfte aus dem Jahr 2014 zwischen 850 und 950 Dollar. Zugleich stieg der Dollar im Vergleich zum Euro. Insgesamt kostete das Air Berlin 250 Millionen Euro. Unter anderem deshalb weist das Unternehmen einen Nettoverlust von 446,6 (Vorjahr 376,7) Millionen Euro aus – ein Rekordwert. Praktisch alle anderen Fluggesellschaften waren da geschickter. Lufthansa, Deutschlands Nummer eins, verzeichnete sogar einen Rekordgewinn von 1,7 Milliarden Euro. Konzernchef Carsten Spohr nannte explizit die sinkenden Kerosinpreise als wesentlichen Grund dafür.

2016 jedenfalls soll alles besser werden. Den Fluggästen verspricht Pichler mehr Service, mehr Flugerlebnis, mehr zusätzliche Angebote über den Flug hinaus (was bereits 2015 gut lief). Das Unternehmen will noch enger als bisher mit Großaktionär Etihad aus Abu Dhabi zusammenarbeiten, auch mit Alitalia, an der Etihad ebenfalls beteiligt ist. Air Berlin will sein Langstreckengeschäft weiter ausbauen, vor allem in Düsseldorf, wo es im vergangenen Jahr bereits ein Plus von 16 Prozent gab.

Fehlender Hauptstadtflughafen bremst Ausbau in Berlin

Auch in Berlin will Air Berlin wachsen, auch mit Langstrecken-Angeboten. Derzeit hat das Unternehmen hier 30 Prozent Marktanteil. Die Chancen sind sehr eingeschränkt, solange der neue Hauptstadtflughafen BER nicht eröffnet hat. Gerade bei der Langstrecke sieht Pichler großes Wachstumspotenzial und vor allem bessere Erträge pro Passagier.

Bereits 2015 konnte das Unternehmen mehr pro Passagier erlösen als ein Jahr zuvor. Allerdings ließen sich die Kosten unter anderem wegen der Sicherungsgeschäfte nicht recht senken – eine Herausforderung für dieses Jahr. Auszahlen soll sich die vereinheitlichte Flotte. Air Berlin fliegt künftig ausschließlich Airbus, was die Kosten für die Schulung der Crews und Wartung verringert. Zudem soll das neue Vertriebssystem noch stärker greifen.

Großaktionär Etihad bürgt und gewährt erneut ein Darlehen

2016 soll auch das Thema Kerosinpreis bei Air Berlin keines mehr sein. Die Sicherungsgeschäfte seien angepasst worden, sagte Finanzvorstand. Pichler wagt dennoch keine Prognose für 2016, jedenfalls keine genaue. „Ich bin überzeugt, dass wir ein deutlich besseres operatives Ergebnis erreichen werden.“ Als er im vergangenen Februar als Chef angetreten war, hatte er noch eine schwarze Null im operativen Geschäft für dieses Jahr angekündigt. Und er hatte ein Konzept skizziert, von dem im vergangenen November nur noch sehr wenig übrig war.

Statt sich auf profitable Kurz- und Mittelstrecken sowie das Touristikgeschäft zu konzentrieren, will Air Berlin jetzt als sogenannter Netzcarrier im Etihad-Verbund wachsen. Das bedeutet: Zubringerflüge und Ausbau des Langstreckengeschäfts. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr die Kapazität um 6,8 Prozent verringert, die Zahl der Fluggäste sank um 4,6 Prozent auf 30,3 Millionen. Der Lufthansa-Konzern transportierte 108 Millionen Passagiere.

Negatives Eigenkapital von 799 Millionen Euro

Air Berlin hat Nettoschulden von 878 (804) Millionen Euro und ein negatives Eigenkapital von 799 Millionen Euro. Die Wirtschaftsprüfer sahen aber keine Probleme, den Jahresabschluss zu testieren. Darüber, dass die Nummer zwei in Deutschland in der Luft bleibt, wacht Großaktionär Etihad. Die Araber gewährten den Berlinern für 2016 ein Darlehen über 75 Millionen Euro und bürgten für zwei Bankdarlehen über insgesamt 250 Millionen Euro. Aus einem anderen Etihad-Darlehen über 255 Millionen Dollar hat Air Berlin 30 Millionen Dollar noch nicht genutzt. Etihad hält knapp 30 Prozent an Air Berlin.