Berlin. Die Koalition hat sich auf einen Kompromiss geeinigt und will Elektromobilität schon ab Mai fördern. Sie gibt eine Milliarde Euro aus.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt lässt sich am Mittwochmorgen in seinem Elektro-Dienstwagen von BMW zur Bundespressekonferenz fahren. Die politische Botschaft des CSU-Politikers: Seht her, die Dinger können was.

Auf der Pressekonferenz trifft er dann Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Sie verkünden, worüber sich die Spitzen der großen Koalition mit der deutschen Autoindustrie in der Nacht zuvor im Kanzleramt geeinigt hatten: Die Bundesregierung wird Elektroautos subventionieren.

Wer ein E-Auto kauft, bekommt eine Prämie von 4000 Euro. Für Hybride, also Wagen mit elektronischem und herkömmlichem Antrieb, gibt es 3000 Euro. Die Prämie bekommt nur, wer für sein Auto weniger als 60.000 Euro zahlt. Der Grund für die Subvention: Es werden zu wenig E-Autos verkauft – etwa weil diese relativ teuer sind. Die Regierung hat Angst, dass die deutschen Autobauer den Anschluss verlieren.

Die Auto-Konzerne übernehmen Hälfte der Kosten

Das Geld kommt von der Bundesregierung und von den Autokonzernen. Beide nehmen 600 Millionen Euro in die Hand. VW, Daimler und BMW haben auf dem „Auto-Gipfel“ im Kanzleramt zugesagt, die Hälfte der Kosten zu übernehmen. Wenn der Fördertopf leer ist, werden keine Prämien mehr ausgezahlt. „Wer zuerst kommt, bekommt die Förderung“, sagt Schäuble.

Die Aktion läuft bis 2019. Die Regierung geht allerdings davon aus, dass die 1,2 Milliarden Euro bereits viel früher ausgeschüttet wurden. Gabriel will, dass bald 500.000 Elektroautos auf den deutschen Straßen fahren. Auf das Ziel der Regierung – eine Millionen E-Autos bis 2020 – will sich Gabriel nicht mehr so recht festlegen.

Zudem investiert der Bund 300 Millionen Euro in die Schaffung von 15.000 Ladestationen in Deutschland. Damit soll ein Problem der Elektromobilität bekämpft werden: Die Akkus halten oft nicht lange, müssen schnell wieder geladen werden.

Lange haben die Koalitionäre um die Subventionierung der E-Autos gefeilscht – nun soll sie ziemlich schnell kommen. Im Mai soll der Plan ins Kabinett. Ab Mitte Mai könnten die Menschen also die Prämie erhalten.

Sigmar Gabriel wirkt zufrieden

Am zufriedensten mit diesem Kompromiss ist Sigmar Gabriel. Er erklärt seine „aktive Industriepolitik“ so: Die Autoindustrie erlebt gerade eine Revolution. „Wir stehen vor der Neuerfindung der Mobilität.“ Und wenn wir jetzt nicht gegensteuern, verlieren die deutschen Konzerne den Anschluss. Er will VW und Co. „massenmarktfähig“ machen. Nur wenn Deutschland ein erfolgreiches Industrieland bleibt, wird es sich weiterhin die sozialen und kulturellen Strukturen leisten können. Für ihn hat die Förderung vor allem mit dem Erhalt und auch der Schaffung von Arbeitsplätzen zu tun.

E-Autos im Preisvergleich mit Benzinern

Den 115 PS starken Volkswagen e-Golf gibt es ab 34.900 Euro Grundpreis. Laut ADAC schafft er eine Reichweite von 145 Kilometern.
Den 115 PS starken Volkswagen e-Golf gibt es ab 34.900 Euro Grundpreis. Laut ADAC schafft er eine Reichweite von 145 Kilometern. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
Die Benzin-Variante 1.4 TSI mit 110 PS hingegen gibt es schon ab 23.800 Euro, auch der vergleichbar starke Dieselmotor ist im Grundpreis noch mehr als 8000 Euro günstiger als der e-Golf.
Die Benzin-Variante 1.4 TSI mit 110 PS hingegen gibt es schon ab 23.800 Euro, auch der vergleichbar starke Dieselmotor ist im Grundpreis noch mehr als 8000 Euro günstiger als der e-Golf. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
2014 war der BMW i3 Deutschlands meistverkauftes E-Fahrzeug. Für das 170-PS-Auto muss man mindestens 34.950 Euro in die Hand nehmen. Laut Hersteller kann der Fahrer mit einer Ladung bis zu 300 Kilometer fahren.
2014 war der BMW i3 Deutschlands meistverkauftes E-Fahrzeug. Für das 170-PS-Auto muss man mindestens 34.950 Euro in die Hand nehmen. Laut Hersteller kann der Fahrer mit einer Ladung bis zu 300 Kilometer fahren. © BMW Group | BMW Group
Einen „normalen“ BMW 1er mit 177 PS bekommt man schon ab 30.650 Euro. Eine vergleichbare Diesel-Variante (190 PS) kostet 33.250 Euro.
Einen „normalen“ BMW 1er mit 177 PS bekommt man schon ab 30.650 Euro. Eine vergleichbare Diesel-Variante (190 PS) kostet 33.250 Euro. © Tom Kirkpatrick / BMW | Tom Kirkpatrick
Noch krasser ist das Preisgefälle zu einem weiteren Mitglied der BMW-Familie: Den Mini Cooper S mit 192 PS gibt es ab 26.600 Euro.
Noch krasser ist das Preisgefälle zu einem weiteren Mitglied der BMW-Familie: Den Mini Cooper S mit 192 PS gibt es ab 26.600 Euro. © BMW Group | BMW Group
Die B-Klasse 250 Electric Drive mit 180 PS (Reichweite laut Hersteller rund 200 Kilometer) kostet im Grundpreis 39.151 Euro. Laut ADAC ist sie damit eines der wenigen Autos am Markt, die sich mit der staatlichen Kaufprämie im Vergleich zu den vergleichbaren Mercedes-Benzinern rentieren können. Eingerechnet sind dabei Steuern, eine Haltedauer von vier Jahren und eine Fahrleistung von 15.000 Kilometern im Jahr.
Die B-Klasse 250 Electric Drive mit 180 PS (Reichweite laut Hersteller rund 200 Kilometer) kostet im Grundpreis 39.151 Euro. Laut ADAC ist sie damit eines der wenigen Autos am Markt, die sich mit der staatlichen Kaufprämie im Vergleich zu den vergleichbaren Mercedes-Benzinern rentieren können. Eingerechnet sind dabei Steuern, eine Haltedauer von vier Jahren und eine Fahrleistung von 15.000 Kilometern im Jahr. © Daimler AG - Global Communicatio | Daimler AG - Global Communicatio
Der Mercedes B 220 CDI 4MATIC bringt 184 PS mit und ist ab 33.772 Euro zu haben.  Die Diesel-Variante der B-Klasse mit 177 PS kostet ab 36.158 Euro.
Der Mercedes B 220 CDI 4MATIC bringt 184 PS mit und ist ab 33.772 Euro zu haben. Die Diesel-Variante der B-Klasse mit 177 PS kostet ab 36.158 Euro. © Daimler AG - Global Communicatio | Daimler AG - Global Communicatio
Der Grundpreis des Citroën C-Zero (Reichweite laut Hersteller 150 Kilometer) ist seit seiner Markteinführung schon fast um die Hälfte gesunken, für den 67 PS starken Wagen muss man aber immer noch 17.850 Euro aufbringen.
Der Grundpreis des Citroën C-Zero (Reichweite laut Hersteller 150 Kilometer) ist seit seiner Markteinführung schon fast um die Hälfte gesunken, für den 67 PS starken Wagen muss man aber immer noch 17.850 Euro aufbringen. © imago stock&people | imago stock&people
15.380 Euro hingegen kostet der Citroën C3 mit 68 PS. Der Grundpreis der ähnlichsten Diesel-Variante kostet 19.380 Euro – sie hat dann aber auch 99 PS.
15.380 Euro hingegen kostet der Citroën C3 mit 68 PS. Der Grundpreis der ähnlichsten Diesel-Variante kostet 19.380 Euro – sie hat dann aber auch 99 PS. © imago/Sebastian Geisler | imago stock&people
Das Mitsubishi Electric Vehicle – eine 23.790 Euro teure und 67 PS starke Knutschkugel, die mehr als 10.000 Euro teurer ist als vergleichbare Benziner des japanischen Autobauers. Er soll laut Hersteller rund 160 Kilometer mit Batterieladung fahren können.
Das Mitsubishi Electric Vehicle – eine 23.790 Euro teure und 67 PS starke Knutschkugel, die mehr als 10.000 Euro teurer ist als vergleichbare Benziner des japanischen Autobauers. Er soll laut Hersteller rund 160 Kilometer mit Batterieladung fahren können. © Mitsubishi Motors | Mitsubishi Motors
Den Mitsubishi Space Star mit 71 PS gibt es im Grundpreis für 8990 Euro, selbst die 80-PS-Variante ist mit 13.890 Euro noch fast 10.000 Euro günstiger als das Electric Vehicle.
Den Mitsubishi Space Star mit 71 PS gibt es im Grundpreis für 8990 Euro, selbst die 80-PS-Variante ist mit 13.890 Euro noch fast 10.000 Euro günstiger als das Electric Vehicle. © Mitsubishi Motors | Mitsubishi Motors
34.900 Euro bezahlt man für den Ford Focus Electric mit 145 PS. Laut Hersteller reicht eine Ladung für gut 160 Kilometer.
34.900 Euro bezahlt man für den Ford Focus Electric mit 145 PS. Laut Hersteller reicht eine Ladung für gut 160 Kilometer. © Ford | Ford
Fast 10.000 Euro weniger kostet der Focus als Benziner in der 150-PS Variante – Grundpreis: 25.310. Der gleich starke Focus-Diesel ist ab 27.910 Euro zu haben.
Fast 10.000 Euro weniger kostet der Focus als Benziner in der 150-PS Variante – Grundpreis: 25.310. Der gleich starke Focus-Diesel ist ab 27.910 Euro zu haben. © Ford | Ford
Auch Volkswagen hat ein kleines E-Auto in der Palette: Der „e-up!“ bringt 82 PS mit und kostet 26.900 Euro. Laut ADAC liegt die Reichweite bei 165 Kilometer.
Auch Volkswagen hat ein kleines E-Auto in der Palette: Der „e-up!“ bringt 82 PS mit und kostet 26.900 Euro. Laut ADAC liegt die Reichweite bei 165 Kilometer. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
Für 12.980 Euro ist der „up!“ als Benziner mit 75 PS zu haben – also für fast 14.000 Euro weniger, als sein Bruder mit Elektromotor kostet.
Für 12.980 Euro ist der „up!“ als Benziner mit 75 PS zu haben – also für fast 14.000 Euro weniger, als sein Bruder mit Elektromotor kostet. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
Auch der etwas größere Volkswagen Polo bleibt in der Anschaffung deutlich günstiger als der „e-up!“: Sogar der Benziner mit 90 PS kostet mit 18.400 Euro im Grundpreis noch 8500 Euro weniger.
Auch der etwas größere Volkswagen Polo bleibt in der Anschaffung deutlich günstiger als der „e-up!“: Sogar der Benziner mit 90 PS kostet mit 18.400 Euro im Grundpreis noch 8500 Euro weniger. © Volkswagen AG | Volkswagen AG
Der Nissan Leaf kostet 23.300 Euro und verfügt über 109 PS. Das Fahrzeug bietet laut Hersteller eine Reichweite von 250 km.
Der Nissan Leaf kostet 23.300 Euro und verfügt über 109 PS. Das Fahrzeug bietet laut Hersteller eine Reichweite von 250 km. © REUTERS | © Noah Berger / Reuters
Der Mercedes C 350 e als Plug-in-Hybrid mit 82 PS kostet als Limousine rund 50.900 Euro. Mit dem rein elektrischen Fahren macht der Mercedes rund 30 Kilometer.
Der Mercedes C 350 e als Plug-in-Hybrid mit 82 PS kostet als Limousine rund 50.900 Euro. Mit dem rein elektrischen Fahren macht der Mercedes rund 30 Kilometer. © imago/Rüdiger Wölk | imago stock&people
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Dobrindt argumentiert vor allem mit der Zukunft der Autoindustrie in Deutschland. Er will, dass die Konzerne auch noch in zehn Jahren die führenden Hersteller von Autos sind. Dobrindt ist zurückhaltender als Gabriel. Er war gegen die Prämie, doch letztlich willigte er ein, auch auf Druck von CSU-Chef Horst Seehofer.

Schäuble: Wir fördern nicht die Unternehmen

Ähnlich liegen die Dinge bei Schäuble. Der Finanzminister macht keinen Hehl daraus, dass er die Subvention nicht wollte. Seine Haltung: In der Demokratie muss man Kompromisse machen. Er spricht von einem „vertretbaren Ergebnis“. Und betont: Wir fördern nicht die Unternehmen – sondern die Elektromobilität. Schäuble soll darauf gedrungen haben, dass die Konzerne die Hälft der Prämie zahlen. Er ist froh, dass es jetzt eine Lösung gibt – und das die Aktion schon im Mai starten kann. Das sei viel besser, als wenn die Debatte noch über Monate geführt worden wäre.

Es gibt erhebliche Vorbehalte gegen die Prämien. In Zeiten der VW-Affäre um manipulierte Abgaswerte ist so eine Politik nur schwer zu verkaufen. Clemens Fuest, Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung, spricht gegenüber Reuters von „einem schweren Fehler“. Kritik kommt auch von Umweltverbänden und aus der Opposition. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter monierte, dass die Allgemeinheit für das Programm aufkomme. Er will, dass „die Fahrer von großen und teuren Spritschluckern dafür zahlen“. Auch Teile der CDU/CSU-Fraktion sperren sich, sogar stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Einzelne Abgeordnete wurden am Mittwoch bereits vor der Pressekonferenz bearbeitet. Schäuble gibt zu, dass da noch Überzeugungsarbeit nötig ist.

Fuhrpark des Bundes mit E-Autos

In Europa gibt es viele Länder mit einem ähnlichen Prämiensystem. Oft gehen die Anreize über die in Deutschland hinaus. In Norwegen darf man mit einem E-Auto sogar auf der Busspur fahren.

Im Koalitionsvertrag von 2013 steht noch in aller Deutlichkeit: „Bei der Unterstützung des Markthochlaufs der Elektromobilität setzen wir auf nutzerorientierte Anreize statt auf Kaufprämien.“ Doch das ist jetzt Papier von gestern. Und die große Koalition will mit gutem Beispiel vorangehen. Mindestens 20 Prozent des Fuhrparks des Bundes sollen künftig mit E-Autos bestückt werden. Kostenpunkt: 100 Millionen Euro. In Zukunft wird also wohl nicht nur Alexander Dobrindt mit einem E-Auto zu den Pressekonferenzen gefahren.