München. Die kommentierte Fassung von „Mein Kampf“ führt erstmals die Bestsellerliste an. Es gab einen Grund, dass es bis jetzt gedauert hat.

In der am Samstag erscheinenden Spiegel-Bestsellerliste steht die neue kommentierte Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ auf Platz 1. Gut ein Vierteljahr nach dem Erscheinen liegt das Buch damit erstmals an der Spitze unter den Sachbüchern mit Hardcover. Ursprünglich in einer Auflage von 4000 Stück gedruckt, ist es inzwischen mehr als zehnmal so oft verkauft.

Historiker des Instituts für Zeitgeschichte München (IfZ) haben die Neufassung von Hitlers Pamphlet mit 3600 einordnenden Kommentaren versehen. Das Werk wurde so 1948 Seiten dick, die sich auf zwei Bände verteilen. „Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition“ wird mit Leineneinband für 59 Euro verkauft. Die Erstauflage war sofort vergriffen, bis zum Erscheinungstag hatten 15.000 Vorbestellungen vorgelegen. Nun sind nach Angaben der Institutssprecherin Simone Paulmichl insgesamt 47.500 Exemplare verkauft.

Viel mehr Nachfrage als Bücher verfügbar

Die Neufassung ist gespickt mit Fußnoten zur Einordnung und hat insgesamt 1948 Seiten.
Die Neufassung ist gespickt mit Fußnoten zur Einordnung und hat insgesamt 1948 Seiten. © REUTERS | © Michael Dalder / Reuters

Den Spitzenplatz hätte das Buch wohl schon früher erobert, wenn das Angebot der Nachfrage entsprechend wäre. Paulmichl sagte unserer Redaktion: „Die Platzierung spiegelt wider, was die Druckerei in der jeweiligen Woche anliefert“, um die aufgelaufenen Vorbestellungen abzuarbeiten.“ Mit der dritten Auflage von 36.000 Büchern konnten größere Tranchen in den Markt gebracht werden. In der kommenden Woche solle die Auslieferung der 4. Auflage starten. Viele Interessierte, die das Buch vorbestellt haben, warten schon Wochen. Das IfZ hofft nach Angaben seiner Sprecherin, bis Anfang Mai alle Vorbestellungen abgearbeitet zu haben.

Auf Platz 1 der Bestsellerliste löst das Hitler-Werk das seit Monaten fast ununterbrochen an der Spitze stehende Buch „Das geheime Leben der Bäume“ des Försters Peter Wohlleben ab.

Und auch wenn es um Hitler geht: „Grundsätzlich freuen wir uns natürlich, dass unsere langjährige Arbeit an der kritischen Edition sowohl in der Wissenschaft als auch in der interessierten Öffentlichkeit so positiv aufgenommen wird“, sagt Paulmichl. Schließlich stehe nicht Hitlers Buch auf Platz 1, sondern die kritische Edition des IfZ, die das Ziel hat, seine Propagandaschrift auseinanderzunehmen, die bis 1944 eine Auflage von 10,9 Millionen Stück erreicht hatte. Auch Hitler hatte sie 1925 und 1926 in zwei Bänden veröffentlicht.

Am Buch seit 2009 gearbeitet

Das Institut für Zeitgeschichte hatte schon 2009 „vorbereitende Arbeiten“ für die wissenschaftliche Edition von Hitlers Buch angekündigt. Damals lag noch keine Zustimmung des Landes Bayern vor. Bayern waren die Urheberrechte an dem Buch zugesprochen worden. Der damalige IfZ-Direktor Horst Möller hatte zu den Motiven schon 2007 in einem FAZ-Interview gesagt: Nach dem Auslaufen der Urheberrechte könne das Buch „ohnehin jeder (...) nachdrucken, wenn er das möchte, und es wird genug Verlage geben, die das Buch dann mit entsprechender Sensationsmache verkaufen wollen“.