Wolfsburg. Der VW-Betriebsrat verlangt eine Senkung der Vorstandsbezüge, die Manager halten dagegen. Viel Zeit für eine Einigung bleibt nicht.

Die umstrittenen Bonuszahlungen für die Vorstände von Volkswagen bleiben ein ungelöstes Streitthema. Das sechsköpfige Präsidium des Aufsichtsrates konnte sich am Montag nicht auf eine Regelung über die millionenschweren Vergütungen einigen.

Zumindest in dem ebenfalls hinter den Kulissen schwelenden Streit über den sogenannten Zukunftspakt für die Marke VW konnte Volkswagen im Anschluss an die knapp dreistündige Sitzung aber eine Weiterentwicklung melden: Vorstandsvorsitzender Matthias Müller macht den Pakt zur Chefsache und folgt dem Verhandlungsaufruf des Betriebsrates. Dabei sollten etwa für die deutschen VW-Werke „verbindliche Standortsicherungspakete abgeschlossen werden“, meldete das Unternehmen. Insider sehen darin einen Rückschlag für VW-Markenvorstand Herbert Diess.

Nach Informationen unserer Redaktion sind unter anderem Vereinbarungen über Produktionsumfänge und über die Belegung der Werke mit Modellen gemeint. In einem nächsten Schritt sollen dann Langfristziele für die Werke vereinbart werden.

Kampf um den „Burgfrieden“ bei VW

„Es ist hochnotwendig, den Burgfrieden bei VW wiederherzustellen“, sagte Stefan Bratzel, Leiter des Autoinstituts in Bergisch-Gladbach, unserer Redaktion. „Volkswagen kann sich in dieser Situation keine riesigen internen Konflikte leisten.“ Daher hätten der Aufsichtsrat und auch Konzernchef Müller schon viel früher einschreiten müssen, um den Konflikt zwischen Diess und Betriebsrat zu lösen, sagt der Autoexperte.

VW-Manager bei der Betriebsversammlung 2016: Bernd Osterloh, Hans Dieter Pötsch, Stephan Weil und Matthias Müller.
VW-Manager bei der Betriebsversammlung 2016: Bernd Osterloh, Hans Dieter Pötsch, Stephan Weil und Matthias Müller. © imago/regios24 | imago/regios24

Nach Einschätzung Bratzels kann es bei den Verhandlungen zur Standortsicherung der Werke zunächst nur um Absichtserklärungen gehen. Denn noch sind nicht alle finanziellen Lasten absehbar, die aus der Aufarbeitung des Abgas-Skandals folgen. „Für konkrete Vereinbarungen ist es viel zu früh. VW muss weiter flexibel reagieren können“, sagte Bratzel.

Die Arbeitnehmervertreter hoffen auf vertragliche Zusagen zu Produkten, Stückzahlen, Standorten und Budgets. Zuletzt hatte der Betriebsrat Diess in einem Brief an die Belegschaft scharf kritisiert und ihm unter anderem vorgeworfen, den Diesel-Skandal für harte Einschnitte zu nutzen. Einen genauen Zeitplan für die Verhandlungen teilte VW nicht mit, jedoch würden die Gespräche Teil der Planungsrunde in diesem Jahr. In der Regel sind diese Etat-Festlegungen zum Jahresende abgeschlossen.

Die Zeit drängt im Boni-Streit

Im Boni-Streit ist der Druck im Moment aber noch größer. Die Zeit drängt, am 28. April muss der Autobauer seine Bilanz für 2015 vorstellen. Darin werden auch die Vorstandsgehälter öffentlich. Beschließen muss die Bezüge der 20-köpfige Aufsichtsrat, in der Regel entsprechend eines zuvor gefällten Präsidiumsbeschlusses. Doch der steht aus. Am Montag konnte sich das Gremium nicht einigen.

„Die Vorstandsboni sind Gegenstand laufender Diskussionen in den VW-Gremien, deren Ergebnis kann und möchte ich nicht vorweggreifen“, sagte VW-Aufsichtsrat und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Aus dem Umfeld der VW-Spitzenkontrolleure hieß es, die Beratungsatmosphäre in Wolfsburg sei angespannt gewesen.

Der Betriebsrat, das Land Niedersachsen und die IG Metall befürworten offenbar wegen des Abgas-Skandals, die Sonderzahlungen in Millionenhöhe spürbar zu senken. Dies wäre in der nach wie vor ungelösten Krise ein „politisches Zeichen“ nach außen und innen, hieß es aus dem Gremium.

Ex-Chef Martin Winterkorn hat noch Ansprüche

Dem Vernehmen nach liegen mehrere Ansätze auf dem Tisch. So soll VW-Vorstandschef Müller eine Boni-Senkung um rund ein Drittel vorgeschlagen haben. Jedoch gebe es auch Vertreter, die auf vollen Zahlungen entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen bestünden.

Andere Forderungen gehen von einem Komplettverzicht bis zur Abführung eines Teils der Boni in eine Stiftung. „Das Management muss jetzt mit gutem Beispiel vorangehen und zeigen, dass es sich an den Kosten der Krise beteiligt“, sagte ein Aufsichtsratsmitglied.

Weil die variablen Vorstandsvergütungen vertraglich geregelt sind, kann Volkswagen nicht ohne die Zustimmungen der Betroffenen beschließen, die Sonderzahlungen zu kürzen. Andernfalls drohen juristische Auseinandersetzungen. Auch der zu Beginn der Abgas-Affäre Ende September vergangenen Jahres zurückgetretene Volkswagen-Vorstandschef Martin Winterkorn hat noch finanzielle Ansprüche aus einem gültigen Vertrag.