Wolfsburg. VW-Manager sollen nach Plänen von Chef Müller freiwillig auf 30 Prozent ihrer Boni verzichten. Niedersachsen fordert sogar noch mehr.

Im Streit um einen Gehaltsverzicht der VW-Vorstände will Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) Bonuszahlungen in Millionenhöhe verhindern. Als einer drei Hauptaktionäre von VW nehme Niedersachsen bei der am Montag stattfindenden Sitzung des Aufsichtsratspräsidiums eine harte Haltung ein, hieß es aus der Konzernspitze, wie „Süddeutsche Zeitung“, NDR und WDR berichten. Demnach fordert Weil wegen der Abgasaffäre einen weitestgehenden oder sogar vollständigen Verzicht der Zusatzzahlungen.

Volkswagen-Chef Matthias Müller will am Montag eine Lösung für das heikle Thema vorstellen. Er werde dem Präsidium des Aufsichtsrates vorschlagen, dass die Konzernvorstände freiwillig auf rund 30 Prozent ihrer Boni verzichten sollten, berichtet „Bild am Sonntag“. Laut Insidern wollen die Topmanager einem Teilverzicht zustimmen. Diese Regelung würde neben amtierenden auch ausgeschiedene Vorstandsmitglieder wie Ex-Chef Martin Winterkorn betreffen, der wegen der Affäre um millionenfach manipulierte Abgaswerte 2015 seinen Hut genommen hatte. Der VW-Vorstand habe kontrovers über die Prämien diskutiert, hieß es. Einige Manager hielten Sonderzahlungen derzeit für unangemessen, andere hätten darauf bestanden.

Bonuszahlungen treiben Gehalt in die Höhe

Für Topmanager macht die variable Vergütung häufig einen Großteil ihrer Bezahlung aus. Laut dem Bericht lag die Festvergütung Winterkorns 2014 lediglich bei 1,92 Millionen Euro. Durch die flexiblen Bestandteile kam er schließlich auf 15,02 Millionen Euro, die er für seine Dienste in dem Jahr erhielt. Damit war er Bestverdiener unter den Vorstandsvorsitzenden der DAX-Konzerne. Das Problem bei Boni: Einerseits sind die variablen Vorstandsvergütungen vertraglich fest geregelt. Sie hängen am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und zudem an individuell mit den Managern vereinbarten Zielen für die persönliche Leistung. Sowohl für einen Komplett- als auch für einen Teilverzicht müssten die Vorstände jeweils einwilligen und von den vertraglichen Regelungen zurücktreten – sie könnten aber auch genauso gut auf einer Zahlung der Boni nach den Berechnungsregeln bestehen.

Bekam Pötsch für Wechsel in Aufsichtsrat mehrere Millionen Euro?

Umstritten ist übrigens auch der neue Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der im Zuge des Abgasskandals in das Kontrollgremium rückte. Während Pötsch im Vorstand als Finanzchef für 2014 6,8 Millionen Euro Salär erhielt, musste sich sein Vorgänger Ferdinand Piëch als Aufsichtsratschef mit knapp 1,5 Millionen Euro begnügen. Laut Medienberichten soll sich Pötsch mit dem Wechsel ins Kontrollgremium vertraglich eine zweistellige Millionensumme gesichert haben, um damit den Wegfall seiner finanziell besseren Perspektive als Vorstandsmann aufzufangen.

Laut Insidern wird das Aufsichtsratspräsidium heute noch keine abschließende Entscheidung zu den Boni fällen. Deren Höhe hat im Strudel des Abgasskandals eine große öffentliche Signalwirkung. Erste Leiharbeiter müssen das Unternehmen schon verlassen. Die 120.000 Mitarbeiter im VW-Haustarif haben wegen roter Zahlen bei der VW-Kernmarke keinen Anspruch auf ihre gewohnte Erfolgsbeteiligung. Sie erhalten alternativ eine Anerkennungsprämie, deren Höhe noch unklar ist. Die VW-Aktionäre müssen sich diesmal auf weniger Dividende einstellen oder womöglich sogar auf eine Minimal-Zahlung.

Insidern zufolge werden nicht nur die Bonuszahlungen das Präsidium des VW-Aufsichtsrats beschäftigen. Heute werde auch über den Streit zwischen Betriebsratschef Bernd Osterloh und VW-Markenchef Herbert Diess gesprochen, sagten zwei mit dem Vorgang vertraute Personen. Der Betriebsrat wirft Diess vor, er wolle die Aufarbeitung der Affäre zu einem Stellenabbau nutzen. Auf der Tagesordnung des Aufsichtsratspräsidiums stehe auch der Stand der Untersuchungen einer US-Anwaltskanzlei, die seit Herbst daran arbeitet, die Hintergründe und Verantwortlichen des Abgasskandals zu ermitteln. Zudem werde es bei der Sitzung um die angespannte finanzielle Situation des Konzerns gehen.

VW-Aufsichtsrat verschiebt Beratungen über Jahresabschluss

Wegen drohender Milliardenstrafen und Schadenersatzzahlungen infolge der Manipulationen hat VW bisher noch keine Bilanz für 2015 vorgelegt. Nun habe der Aufsichtsrat seine für den 20. April angesetzten Beratungen über den Jahresabschluss 2015 um mindestens zwei Tage verschoben, berichtete das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Konzernkreise. Ohne die Affäre, für deren Folgen der Konzern hohe Rückstellungen bilden muss, hätte sich im vergangenen Jahr ein Gewinn von rund zehn Milliarden Euro ergeben, berichtete „Bild am Sonntag“ unter Berufung auf Geschäftszahlen, die der Konzern Ende April vorstellen werde. (mit dpa)