Frankfurt/Main. Neue Regeln gegen Steuerflucht bremsen den US-Konzern Pfizer beim Kauf des Konkurrenten Allergan aus. Um Produkte ging es dabei nicht.

Ohne Steuervorteile für Pfizer kein Kauf von Allergan: Die bisher größte Übernahme in der Pharmabranche ist wegen einer Verschärfung der US-Steuergesetzgebung geplatzt. Der US-Pharmariese Pfizer (Viagra) und der irische Botox-Hersteller Allergan sagten am Mittwoch das Geschäft ab. Pfizer wollte 160 Milliarden Dollar (141 Milliarden Euro) für den Konkurrenten ausgeben.

Mit einem Jahresumsatz von 60 Milliarden Dollar hätte der gemeinsame Konzern Novartis als weltgrößten Hersteller verschreibungspflichtiger Medikamente abgelöst. Nach dem Vollzug sollte der Konzernsitz nach Irland verlegt werden – aus Steuergründen. Pfizer hätte Milliarden gespart. Die US-Regierung schließt jetzt allerdings ein Steuerschlupfloch, weil andere Konzerne zuvor ähnlich vorgegangen waren.

US-Finanzministerium will Steuerflucht der Konzerne unterbinden

Pfizer-Chef Ian Read hätte nach Vollzug der Übernahme nicht umziehen müssen, denn nur der steuerliche Sitz des neuen Pharmakonzerns sollte in Irland angesiedelt werden – seit 2015 Heimat von Allergan. Das operative Geschäft wäre weiterhin aus den USA heraus geführt worden. Pfizer sitzt in New York heraus, Allergan im benachbarten Parsipanny im Bundesstaat New Jersey. Mit der Verlagerung hätte der neue Konzern nur 12,5 Prozent Steuern zahlen müssen statt bisher 35 Prozent.

Doch US-Finanzminister Jack Lew hatte am Montagabend überraschend neue Regeln vorgelegt, um die Steuerflucht von US-Konzernen durch Zusammenschlüsse mit kleineren ausländischen Firmen zu verhindern. Künftig muss das übernommene ausländische Unternehmen mindestens ein Viertel der Größe des übernehmenden US-Konzerns haben, damit der Firmensitz ins Ausland verlegt werden kann. Allergan erfüllt diese Voraussetzung zwar, hat seine Größe aber nur durch Zukäufe in den vergangenen drei Jahren erreicht – und die werden durch die neue Regel der US-Regierung nicht mehr anerkannt. Der Botox-Hersteller ist erst seit Februar 2015 irisch, als er mit der irischen Actavis zusammengegangen war.

Pfizer scheiterte schon 2014 in Europa

Ohne die Steuereffekte ist die Übernahme Allergans aus Pfizers Sicht nun wertlos, an den Produkten des Konkurrenten war man offenbar nicht interessiert. Der geplante Zusammenschluss sei „in gegenseitigem Einvernehmen“ abgebrochen worden, meldete Pfizer. Dennoch muss der Viagra-Hersteller jetzt Allergan 150 Millionen Dollar wegen der Absage zahlen. Ursprünglich waren sogar 400 Millionen Dollar Strafe verabredet worden, auch das ist wenig für eine solch große Fusion.

Die Steuerflucht aus den USA einzudämmen ist eines der wenigen Themen, bei denen der Republikaner und Demokraten einer Meinung sind. Pfizer hatte schon zweimal versucht, die hohen amerikanischen Steuersätze zu umgehen. Zuletzt war 2014 der Versuch gescheitert, die britisch-schwedische Astra-Zeneca zu übernehmen.

Pfizer prüft jetzt die Aufspaltung in zwei Konzerne

Der Konzern prüft nun wieder eine alte Idee: eine Aufspaltung bis zum Ende des Jahres in eine Sparte für Pharmazeutika mit Patentschutz und eine der patentfreien Generika. Das würde dem Konzern mehr Wachstumsdynamik bringen. Ein weiterer Grund könnte allerdings auch sein, dass die US-Arzneimittelbehörde FDA Pfizer die Zulassung für ein neuartiges Medikament gegen Arthritis und andere schwere Autoimmunerkrankungen erteilt hat. Analysten sagen dem Konzern ein große Chancen für gute Umsätze voraus.