Essen. Ein Novum im Einzelhandel: Der Inhaber eines Geschenkladens in Essen verlangt Eintritt, wenn Leute nur schauen, aber nichts kaufen.

Am vergangenen Freitag war mal wieder einer dieser Tage, die Michael Pütz verzweifeln lassen: Etwa 50 Kunden zählte er bis zum Nachmittag in seinem Laden „Ideenreich“. Doch bis 16 Uhr waren gerade mal 12,50 Euro in der Kasse zusammengekommen. Ein extremer Tag, sicher, aber dennoch kein Einzelfall. „Das kann so nicht weiter gehen“, sagte sich Pütz, der seit acht Jahren den Geschenkladen in der Kapuzinergasse betreibt – einer Seitenstraße zur Kettwiger. Bekannt ist Pütz durch seine Ruhrpott-Souvenirs, die er im eigenen Atelier fertigt.

Kleine Händler in der Innenstadt wie er würden allein wegen der hohen Mieten alle kämpfen, behauptet er. Doch dieses Jahr sei für ihn bisher besonders schlecht gelaufen. Voller Laden, aber leere Kasse: Am Freitag, 1. April, zog Pütz die Notbremse. Er klebte an seine Ladentüre einen Zettel, der bislang in der Essener Einzelhandelslandschaft einmalig sein dürfte: „Nur Bummeln kostet ab sofort pro Person 2 Euro“. Diese würden jedoch bei einem Kauf verrechnet. Nein, das sei kein Aprilscherz, sondern ein notwendiger Schritt, um seinen Laden überhaupt noch zu finanzieren, betont Pütz. „Ich will mehr Wertschätzung für meine Arbeit und die Kunden zum Nachdenken anregen.“

Das „Eintrittsschild“ ist übrigens nicht das Einzige an seiner Tür. Darunter hängt eines, das ein Handyverbot für den Laden ausspricht. Dieses hängt schon seit dem Weihnachtsgeschäft. Wie es zu den ungewöhnlichen Aushängen gekommen ist? Pütz erzählt Geschichten, wie sie tagtäglich Einzelhändler landauf, landab erleben: Er berichtet von Kunden, die er lange berät und die dann doch im Internet kaufen. Oder die nur Fotos von Produkten in seinem Laden schießen. Oder die ihn sogar beklauen, während er andere im Laden betreut. „Ich bin hier eine One-Man-Show. Ich kann mir das nicht mehr leisten.“

Besser, als Kunden nur zu bewachen

Pütz ist sich im Klaren, dass er mit dem „Eintritt fürs Bummeln“ Kunden vergrätzen dürfte. Das nimmt er nicht nur in Kauf, das ist im Grunde sogar seine Absicht. Denn seit einiger Zeit hat er auch sein Atelier mit im Laden, in dem er seine Ruhrpott-Devotionalien herstellt. Statt Kunden im Laden zu bewachen, die dann doch nichts kaufen, beschäftige er sich lieber damit. Ohne die Produktion könnte er als Geschäftsmann nicht Überleben, meint er.

Das Schild soll also die Kundenströme steuern: Wer kauft, ist willkommen. Wer dennoch den Laden betritt, den erwartet zwar keine Eintrittskasse direkt am Eingang. Aber Pütz fragt Kunden, die er nicht kennt, ob sie das Schild gelesen hätten. Die ersten Reaktionen noch am Freitag seien 50:50 gewesen. Manche hätten Verständnis gezeigt, andere hätten den Laden postwendend verlassen. Wie viele jedoch schon an vor Ladentür umdrehen und so mit den Füßen abstimmen, zählt Pütz freilich nicht.

Einzelhandelsverband ist skeptisch

Doch ganz so streng scheint er es mit dem Eintritt dann doch nicht zu nehmen: Kunden, die mit einer Frage zu ihm kommen oder doch nicht das Passende finden, denen erlässt er die 2 Euro. „Die hatten ja ein Anliegen und wollten nicht nur Bummeln.“ Auch Stammkunden sind ausgenommen. Ihnen hat Pütz eine „Parole“ zukommen lassen, die sie ihm dann wohl zuflüstern müssen.

Marc Heistermann vom Einzelhandelsverband hält Pütz’ Schritt für gewagt. Anfassen, Stöbern, Ausprobieren – das seien Vorteile, die der stationäre Einzelhandel gegenüber dem Internet habe. Und diese sollte man nicht so einfach aus der Hand geben, meint er. „Ich könnte mir vorstellen, dass der Eintritt Kunden abschreckt“. Jeder Einzelhändler wisse außerdem, dass es schwierig sei, einmal verlorene Kunden wieder zurückzugewinnen. Auf der anderen Seite zeige Pütz’ Versuch, unter welch enormen Druck die Einzelhändler stünden.

• Dieser Text ist zuerst bei DerWesten.de erschienen