Berlin . Die „PanamaPapers“ geben Aufschluss über Briefkastenfirmen von Promis. Namen wie Putin und Messi lassen erahnen: Es geht um Großes.

Es muss ein aufregender Moment gewesen sein, als vor über einem Jahr eine anonyme Quelle die Süddeutsche Zeitung kontaktierte. Auf verschlüsseltem Weg bekam die Zeitung interne Dokumente der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca. Eine Firma, die weltweit anonyme Briefkastenfirmen verkauft, mit deren Hilfe sich fast alle dubiosen Geschäfte verschleiern lassen.

Das Prinzip: Für nur 1000 Dollar bekommt der Kunde eine Firma, die anonym bleibt. Sie dient vor allem der Verschleierung: Die Kanzlei stattet die Firma mit sogenannten Scheindirektoren aus, berichtet die „SZ“. So verschleiert Mossack Fonseca den wahren Inhaber – für Außenstehende sind Sinn und Zweck der Offshore-Firma nicht nachzuvollziehen.

Mossack Fonseca nimmt Beihilfe von Steuerhinterziehung in Kauf

Mossack Fonseca hat Zigtausende dieser Firmen gegründet, verkauft und verwaltet. Die Dokumente geben ein detailliertes Bild davon ab, wie Mossack Fonseca Tag für Tag Sanktionsbrüche und Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Geldwäsche in Kauf nimmt, berichtet die SZ auf einer extra angelegten Internetseite.

Die Quelle übermittelte den Journalisten nicht nur einige Dokumente, sondern über Monate hinweg letztlich rund 2,6 Terabayte an Daten. Laut SZ ist es „das größte Leak, mit dem Journalisten je gearbeitet haben“. Die Quelle habe dafür kein Geld verlangt und keine andere Gegenleistung, außer einige Maßnahmen zur Sicherheit.

Das Material legt eine Welt offen, die sonst im Dunkeln liegt: Es offenbart eine Art globaler Industrie von Kanzleien, Vermögensverwaltern, Prominenten und Politikern, die im Verborgenen arbeitet. Das Recherchenetzwerk „International Consortium of Investigative Journalists“ zeigt in einer Übersicht die Verwickklungen von Politikern.

Spur führt zum „innersten Zirkel“ von Wladimir Putin

Die bislang bekannt gewordenen Namen lassen erahnen, dass es um Großes geht: Wladimir Putin etwa, zu dessen „innerstem Zirkel“ eine Spur führe – und der von Fußball-Superstar und Sympathieträger Lionel Messi, der bei Mossack Fonseca ebenfalls eine Briefkastenfirma besitzen soll. Auch der Premierminister von Island und zwei seiner Minister sollen in dubiose Geschäfte verwickelt sein. Einen Verdacht in Richtung korrupter Fifa-Funktionäre bestätigte die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes noch am Sonntagabend. Man ermittle intern gegen Juan Pedro Damiani aus Uruguay.

In dem Datensatz finden sich auch Hinweise auf die fragwürdigen Geschäfte von zwölf Staatsoberhäupter und 128 weiteren Politikern, aber auch von internationalen Finanzinstituten, darunter 15 deutsche Banken oder ihre Töchter.

Frank Wehrheim, Experte für Steuerfahndung, misst den Enthüllungen große Bedeutung für künftige strafrechtliche Ermittlungen zu. „Das wird weltweit Ermittlungen auslösen“, sagte er dieser Redaktion. Auch in Deutschland würden die Steuerfahnder aller Bundesländer die Enthüllungen sehr aufmerksam beobachten. „Da geht es nicht nur um Steuerhinterziehung, sondern auch um Geldwäsche und andere Delikte“, so der ehemalige Fahnder Wehrheim. „Dagegen sind die bislang bekannten Steuer-CDs eine Kleinigkeit“, meint er. Das Datenleck zeige, dass es auf dem Globus keine Sicherheit für Steuersünder mehr gebe. „Es kommt alles ans Licht“, sagt der Autor des Bestsellers „Inside Steuerfahndung“.

Panama gilt vielen als neue Steueroase

Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Ein äußerst liberales Bankengesetz hat zahlreiche Kreditinstitute nach Mittelamerika gelockt. Derzeit sollen etwa 90 Banken Einlagen in Höhe von rund 65 Milliarden US-Dollar verwalten. Die Finanzkrise ging an Panama weitgehend vorbei und brachte dem Finanzplatz sogar zusätzliche Investitionen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) lobt in seinem jüngsten Bericht die Stabilität des Bankensektors.

Nachdem sich die Schweiz zuletzt von ihrem Bankgeheimnis verabschiedet hatte, galt Panama vielen als neue Steueroase. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. In den 1980er Jahren war das Land das Bankenzentrum der kolumbianischen Drogenkartelle. Zuletzt bemühte sich Panama allerdings darum, dieses Image loswerden und sich als seriöser Finanzplatz zu positionieren.

OECD-Arbeitskreis strich Panama von seiner grauen Liste

So erließ die Regierung eine Reihe neuer Richtlinien für Banken, Versicherungen, Immobilienfirmen sowie Wertpapier- und Edelsteinbörsen. Im Februar strich der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) Panama von der grauen Liste, auf der Staaten geführt werden, die beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen noch hinterherhinken.

Igor Angelini, Chef der Finanzermittlungseinheit von Europol, erklärt dem Bericht zufolge, dass Briefkastenfirmen auch eine „wichtige Rolle bei Geldwäsche-Aktivitäten im großen Maßstab“ spielen. Gleiches gelte für Korruption: Offshore-Firmen würden besonders genutzt, „um die Bestechungsgelder weiterzuleiten“.