San Francisco. Volkswagen muss sich vor einem US-Gericht wegen der Manipulation von Abgaswerten rechtfertigen. Nun macht der zuständige Richter Druck.

Die Uhr tickt: Im Mammutrechtsstreit mit zahlreichen Dieselbesitzern sowie Autohändlern und US-Behörden läuft für Volkswagen ein Ultimatum aus. Der zuständige Richter Charles Breyer hatte VW und der US-Umweltbehörde EPA im Abgas-Skandal eine Frist bis zur Anhörung am Donnerstag (16 Uhr) gesetzt.

Breyer fordert eine definitive Antwort, ob eine Einigung auf einen Plan zur Umrüstung der etwa 580.000 Diesel möglich ist, die in den USA von der Affäre um manipulierte Emissionswerte betroffen sind. Bislang konnten VW und die EPA keinen Kompromiss finden, und es deutet wenig auf eine rechtzeitige Lösung hin.

US-Richter Charles Breyer.
US-Richter Charles Breyer. © dpa | U.S. Government

Sollte die Frist verpasst werden, könnte Richter Breyer anordnen, die Diesel-Fahrzeuge aus dem Verkehr zu ziehen. Die Klägeranwälte haben ihn zudem aufgefordert, das Verfahren zu beschleunigen. Das würde bedeuten, dass es schneller zum Prozess kommen könnte und Volkswagens Verhandlungszeit für einen Vergleich knapper würde.

VW muss sich in der Affäre um manipulierte Emissionswerte mit Hunderten Zivilklagen wegen Betrugs, Vertragsbruchs und Verstößen gegen Umweltgesetze auseinandersetzen.

Konzern droht Milliardenstrafe

Vor allem eine Zivilklage des Justizministeriums im Auftrag der EPA, die Strafen von über 45 Milliarden Dollar (40 Mrd Euro) wegen Verstößen gegen Umweltgesetze fordert, ist für den Konzern brisant. Bußgelder in dieser Höhe gelten zwar als unwahrscheinlich. Doch mit der geforderten Summe liegt die Latte für einen Vergleich hoch.

Ein weiterer Zankapfel im Massenverfahren sind Protokolle und Dateien, die US-Ermittler und Klägeranwälte einsehen wollen und die laut VW dem deutschen Datenschutzgesetz unterliegen. Auch in dieser Frage hatte Breyer bis zum 24. März Klarheit verlangt.

Kurz vor Ablauf des Ultimatums gab es jedoch einen Antrag auf Fristverlängerung. VW-Anwalt Robert Giuffra bat den Richter am Mittwoch (Ortszeit) mit Zustimmung der Klägeranwälte um einen Aufschub von 14 Tagen im Konflikt um die Bereitstellung elektronischer Daten.

Interne Aufarbeitung im Fokus

Giuffra hatte bei der letzten Anhörung im Februar beteuert, sich um die Freigabe des geforderten Materials zu bemühen. Der VW-Anwalt sagte aber auch: „In Deutschland und Europa werden die Datenschutzgesetze sehr, sehr ernst genommen“.

Im Fokus stehen vor allem Informationen im Zusammenhang mit der internen Aufarbeitung des Dieselskandals, mit der VW die Anwaltskanzlei Jones Day betreut hat. Es soll sich um einen riesigen Datenberg handeln – Klägeranwälte gehen von etwa 100 Terabytes aus.

Diese interne Untersuchung könnte auch Hinweise liefern, wer im VW-Management wann welche Informationen und Verantwortung im Abgas-Skandal hatte. Die Ergebnisse sind sensibel, zumal auch strafrechtliche Ermittlungen laufen.

VW hatte im September nach Vorwürfen der US-Behörden eingeräumt, bereits seit 2009 in großem Stil eine Manipulations-Software in Diesel-Autos installiert zu haben. Durch das Betrugs-Programm wird die Abgasreinigung nur im Testmodus voll aktiviert. Auf der Straße ist der Stickoxid-Ausstoß um ein Vielfaches höher. (dpa)

Abgas-Skandal: VWs juristische Probleme

Eine der größten Herausforderungen im Abgas-Skandal rollt erst noch auf Volkswagen und Konzern-Chef Matthias Müller zu. Das Unternehmen dürfte zahlreiche Schlachten vor Gericht ausfechten müssen. Die wichtigsten juristischen Baustellen des Konzerns im Überblick:
Eine der größten Herausforderungen im Abgas-Skandal rollt erst noch auf Volkswagen und Konzern-Chef Matthias Müller zu. Das Unternehmen dürfte zahlreiche Schlachten vor Gericht ausfechten müssen. Die wichtigsten juristischen Baustellen des Konzerns im Überblick: © Getty Images | Harold Cunningham
Aktionäre fordern Entschädigung: Die VW-Aktie stürzte nach dem Ausbruch der Abgas-Affäre ab, viele Anleger wollen sich ihre Verluste vom Unternehmen erstatten lassen. Ihr Argument: VW hätte deutlich früher über die Probleme informieren müssen, weil Kursabschläge drohten. Mittlerweile haben auch institutionelle Großanleger entsprechende Klagen lanciert, darunter der größte US-Pensionsfonds Calpers und die Sparkassen-Fondstochter Deka. Der Vermögensverwalter AGI – eine Allianz-Tochter – erwägt die Teilnahme an einer Sammelklage. Volkswagen bekräftige mehrfach seine Auffassung, alle Informationspflichten befolgt zu haben.
Aktionäre fordern Entschädigung: Die VW-Aktie stürzte nach dem Ausbruch der Abgas-Affäre ab, viele Anleger wollen sich ihre Verluste vom Unternehmen erstatten lassen. Ihr Argument: VW hätte deutlich früher über die Probleme informieren müssen, weil Kursabschläge drohten. Mittlerweile haben auch institutionelle Großanleger entsprechende Klagen lanciert, darunter der größte US-Pensionsfonds Calpers und die Sparkassen-Fondstochter Deka. Der Vermögensverwalter AGI – eine Allianz-Tochter – erwägt die Teilnahme an einer Sammelklage. Volkswagen bekräftige mehrfach seine Auffassung, alle Informationspflichten befolgt zu haben. © dpa | Frank Rumpenhorst
Klagen einzelner VW-Besitzer: Weltweit wollen VW-Fahrer Schadenersatz einklagen. Meist wird dabei ein Wertverlust der Autos geltend gemacht. Wenn sich etwa die Leistungs- und Verbrauchsdaten durch notwendige Umrüstungen erheblich verschlechtern, könnte so eine Klage erfolgreich sein. VW weist aber darauf hin, dass alle betroffenen Fahrzeuge „technisch sicher und fahrbereit“ seien. Es werde keine Folgen für die Restwerte geben.
Klagen einzelner VW-Besitzer: Weltweit wollen VW-Fahrer Schadenersatz einklagen. Meist wird dabei ein Wertverlust der Autos geltend gemacht. Wenn sich etwa die Leistungs- und Verbrauchsdaten durch notwendige Umrüstungen erheblich verschlechtern, könnte so eine Klage erfolgreich sein. VW weist aber darauf hin, dass alle betroffenen Fahrzeuge „technisch sicher und fahrbereit“ seien. Es werde keine Folgen für die Restwerte geben. © dpa | Julian Stratenschulte
Aktionäre fordern Entschädigung: Auch viele Anleger fühlen sich geprellt. Die VW-Aktie stürzte nach dem Ausbruch des Abgas-Skandals ab, einige Aktionäre wollen sich ihre Verluste vom Konzern ersetzen lassen. Die Argumentation: VW hätte deutlich früher über den aufkommenden Skandal informieren müssen, weil Kursverluste drohten. VW ist der Auffassung, alle Informationspflichten befolgt zu haben.
Aktionäre fordern Entschädigung: Auch viele Anleger fühlen sich geprellt. Die VW-Aktie stürzte nach dem Ausbruch des Abgas-Skandals ab, einige Aktionäre wollen sich ihre Verluste vom Konzern ersetzen lassen. Die Argumentation: VW hätte deutlich früher über den aufkommenden Skandal informieren müssen, weil Kursverluste drohten. VW ist der Auffassung, alle Informationspflichten befolgt zu haben. © dpa | Julian Stratenschulte
Sammelklagen: Viele Anwälte buhlen derzeit darum, sowohl Aktionäre als auch VW-Kunden vor Gericht vertreten zu dürfen. In den USA sind Sammelklagen ganz normal, in Deutschland können zumindest Aktionäre ein sogenanntes Musterklageverfahren beantragen. Dabei wird eine Klage gegen VW verhandelt, an deren Ausgang sich dann andere Klagen orientieren. VW-Chef Matthias Müller sieht in Massenklagen ein Geschäftsmodell von Juristen: „Wir sehen dem ganz gelassen entgegen.“
Sammelklagen: Viele Anwälte buhlen derzeit darum, sowohl Aktionäre als auch VW-Kunden vor Gericht vertreten zu dürfen. In den USA sind Sammelklagen ganz normal, in Deutschland können zumindest Aktionäre ein sogenanntes Musterklageverfahren beantragen. Dabei wird eine Klage gegen VW verhandelt, an deren Ausgang sich dann andere Klagen orientieren. VW-Chef Matthias Müller sieht in Massenklagen ein Geschäftsmodell von Juristen: „Wir sehen dem ganz gelassen entgegen.“ © dpa | Julian Stratenschulte
Klagen der US-Behörden: Zum Jahresbeginn hat das US-Justizministerium eine Klage gegen VW vorgelegt. Dabei geht es um die Manipulationen an Dieselautos, das Ministerium wirft dem Konzern aber auch in der Aufarbeitung der Abgas-Affäre Tricksereien und Täuschung vor. Theoretisch droht eine Strafe von rund 45 Milliarden Dollar (40,7 Milliarden Euro) plus eine weitere, möglicherweise milliardenschwere Zahlung im Ermessen des Gerichts, wie aus der Klageschrift hervorgeht. VW will sich mit Verweis auf die laufenden Verfahren nicht dazu äußern.
Klagen der US-Behörden: Zum Jahresbeginn hat das US-Justizministerium eine Klage gegen VW vorgelegt. Dabei geht es um die Manipulationen an Dieselautos, das Ministerium wirft dem Konzern aber auch in der Aufarbeitung der Abgas-Affäre Tricksereien und Täuschung vor. Theoretisch droht eine Strafe von rund 45 Milliarden Dollar (40,7 Milliarden Euro) plus eine weitere, möglicherweise milliardenschwere Zahlung im Ermessen des Gerichts, wie aus der Klageschrift hervorgeht. VW will sich mit Verweis auf die laufenden Verfahren nicht dazu äußern. © dpa | Patrick Pleul
Betrugsanzeigen: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt nach den Manipulationen von Stickoxidwerten gegen sechs Beschuldigte aus dem VW-Konzern wegen Verdachts auf Betrug und unlauteren Wettbewerb. Gegen fünf weitere wird wegen möglicher Falschangaben bei CO2-Werten ermittelt. Der Vorwurf lautet hier vor allem auf Steuerhinterziehung, weil sich die deutsche Kfz-Steuer stark am CO2-Ausstoß orientiert. Die Staatsanwaltschaft rechnet damit, dass es noch Monate dauert, bis Ergebnisse vorliegen. VW will sich zu den Vorwürfen nicht äußern.
Betrugsanzeigen: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt nach den Manipulationen von Stickoxidwerten gegen sechs Beschuldigte aus dem VW-Konzern wegen Verdachts auf Betrug und unlauteren Wettbewerb. Gegen fünf weitere wird wegen möglicher Falschangaben bei CO2-Werten ermittelt. Der Vorwurf lautet hier vor allem auf Steuerhinterziehung, weil sich die deutsche Kfz-Steuer stark am CO2-Ausstoß orientiert. Die Staatsanwaltschaft rechnet damit, dass es noch Monate dauert, bis Ergebnisse vorliegen. VW will sich zu den Vorwürfen nicht äußern. © dpa | Kay Nietfeld
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