Stockholm. Der verschwiegene Musikstreamingdiest Spotify nennt überraschend Nutzerzahlen. Das könnte Teil einer Kampagne für den Börsengang sein.

Wenige Monate vor dem zehnten Geburtstag hat der schwedische Musik-Streamingdienst Spotify erstmals konkrete Angaben zu Nutzerzahlen gemacht. „Wir haben 30 Millionen Abonnenten, aber keinen einzigen in Kuba – bisher. Es ist cool, dass Kuba sich öffnet“, schrieb der 33-jährige Spotify-Mitgründer Daniel Ek salopp auf Twitter. Im Juni 2015 hatte der Dienst Schätzungen zufolge nur 20 Millionen zahlende Abonnenten.

Die Nachricht ist auch als Hinweis an die Investoren zu verstehen: Der schwedischen Zeitung „Svenska Dagbladet“ zufolge plant Spotify einen Börsengang, um seine Kassen aufzufüllen. Die Zeitung zitiert vertrauliche Dokumente des eher verschwiegenen Unternehmens. Auf einem Investorentag in Stockholm Anfang Februar, bei dem der Musikdienst 500 Millionen Dollar (444 Millionen Euro) für Expansionspläne einsammeln wollte, wurde Geldgebern demnach als Gegenleistung verbilligte Spotify-Aktien angeboten.

Der neue Finanzchef kommt von Netflix

Der Streamingdienst Spotify will an die Börse.
Der Streamingdienst Spotify will an die Börse. © dpa | Daniel Bockwoldt

Sollte der Börsengang innerhalb eines Jahres erfolgen, liegt der Rabatt für Investoren demnach bei 17,5 Prozent. Danach steigt er alle sieben Monate um weitere 2,5 Prozent. „Weil der Rabatt schnell ansteigt, je länger es zur Börsennotierung dauert, ist das ein deutliches Zeichen für eine baldige Börsennotierung“, schreibt die Zeitung unter Berufung auf mehrere Experten. Auch die Verpflichtung von Ex-Netflix-Finanzchef Barry McCarthy im Juni 2015 deutet darauf hin, dass Spotify den Börsengang in den USA und parallel in Stockholm vorbereitet.

Beim Streaming hört der Nutzer Musik per Computer oder Smartphone über das Netz, ohne die Musik selbst zu besitzen. Dafür kann er je nach Anbieter aus einer sehr großen Auswahl von Musikstücken wählen.

Der Umsatz legt zu, der Verlust auch

Wegen der zunehmenden Konkurrenz gelten Spotifys Wachstumschancen als unklar. Im Juni 2015 etwa hat der US-Technologiekonzern Apple seinen eigenen Streamingdienst gestartet, der inzwischen elf Millionen zahlende Nutzer hat. In Deutschland werben auch Deezer, Musicload und Napster um die Musikhörer. Beim Spotify-Investorentag in Stockholm im Februar jedenfalls war das Interesse eher zurückhaltend, was vielleicht auch an den Zahlen liegt. 2014 stieg der Umsatz um 45 Prozent auf 1,3 Milliarden Dollar, wie die „New York Times“ unter Berufung auf Angaben des Unternehmens berichtete. Zugleich legte auch der Verlust von 68 auf 197 Millionen Dollar zu.

Im Oktober 2006 hatten die Schweden Daniel Ek und Martin Lorentzon Spotify in Stockholm gegründet. In mühsamen Verhandlungen überzeugten sie die größten Plattenfirmen weltweit davon, ihr Konzept auf den kleinen, aber repräsentativen und im Internet weit entwickelten schwedischen Markt zu testen. Damals litt die Musikindustrie unter illegalen Raubkopien und fallenden Verkaufszahlen. Inzwischen wird Spotify als Retter der Musikbranche bezeichnet, weil das Unternehmen ein Konzept entwickelte, bei dem Verbraucher wieder bereit sind, Geld für Musik zu zahlen.

Sieben Prozent der Erlöse gehen an die Künstler

Spotify gibt es in 58 Ländern. Im Dezember 2015 schätzte Spotify seinen Weltmarktanteil auf 45 Prozent. Noch 2013 hatte Spotify nur 24 Prozent. Das Unternehmen wird heute auf einen Wert von umgerechnet 7,5 Milliarden Euro geschätzt. Neben 30 Millionen zahlenden Kunden hat Spotify laut Schätzungen 70 Millionen Nutzer der Gratisversion mit Werbung. „Davon werden Erfahrungswerten bei Spotify zufolge 20 Millionen zur Bezahlversion wechseln. Das ist eine enorme Stärke von Spotify“, sagte ein Informant „Svenska Dagbladet“. Der Nachteil bei Apple Music sei, dass es dort keine permanente kostenfreie Lockversion gebe.

Heute halten Sony, BMG, Universal Music, Warner Music und EMI rund ein Sechstel an Spotify. Vom Monatsbeitrag des Nutzers gehen rund 45 Prozent an die Plattenfirmen, 20 Prozent behält Spotify, 17 Prozent gehen an die Steuer, zehn Prozent an den Komponisten und sieben Prozent an die Musiker, wie die Beratungsfirma EY am Beispiel Frankreichs berechnete. Weil die Künstler vergleichsweise wenig verdienen, stehen die Streamingdienste in der Kritik.