Berlin. 330 mittelständische Unternehmen gründen mit dem DIHK eine Initiative, um Flüchtlingen Arbeit zu verschaffen. Es wird Jahre dauern.

Auch wenn die Kameras laufen und der Bundeswirtschaftsminister neben ihm steht, wählt Theo Baumstark klare Worte. „Ich orientiere mich nicht an jeder Vorschrift“, sagt der Chef eines Wiesbadener Handwerksbetriebes, „man muss nur hinterher den Kopf dafür hinhalten.“ Mit dieser lebensnahen Einstellung will Baumstark bei der Lösung des wohl größten Problems des Landes helfen. Gemeinsam mit 330 anderen Unternehmen will er Flüchtlingen den Weg auf den Arbeitsmarkt ebnen. Da gibt es immer noch beträchtliche bürokratische Hürden, die die Bundesregierung nun nach und nach abbauen will. „Ich habe noch nie schlechte Erfahrungen mit Ausländern gemacht“, sagt der Chef von 80 Beschäftigten.

Das Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ will besonders kleinen und mittelständischen Firmen beratend zur Seite stehen. Hinter der Initiative steht der Deutsche Industrie- und Handelskammertag zusammen mit dem Bundeswirtschaftsministerium. Nur wenn den Flüchtlingen der Weg in den Arbeitsmarkt geebnet werde, werde deren Integration gelingen, glaubt Minister Sigmar Gabriel (SPD). „Das Land wird in Zukunft mehr und nicht weniger Fachkräfte brauchen“, wirbt der Politiker um das Engagement der Wirtschaft.

Deutsche Bahn geht mit gutem Beispiel voran

Mit gutem Beispiel vorangehen will die Deutsche Bahn. In Berlin, Hamburg und München hat der Konzern Flüchtlingsklassen eingerichtet. 35 Plätze gibt es. Syrer oder Iraker mit Vorkenntnissen werden zum Beispiel für einen Job im Münchener ICE-Werk fit gemacht. Die Bahn will ähnliche Klassen noch in vielen weiteren Städten gründen. Vorstandschef Rüdiger Grube hält das Engagement für eine Selbstverständlichkeit. Probleme mit Beschäftigten aus verschiedenen Kulturen hat der Konzern nicht. Unter den weltweit 310.000 Beschäftigten finden sich Mitarbeiter aus mehr als 100 Nationen.

2,8 Millionen Euro stellt der Bund für das bundesweite Netzwerk bereit. Allein in diesem Jahr wird es in 150 Städten Informationsveranstaltungen für die kleinen und mittleren Betriebe geben. DIHK-Präsident Eric Schweitzer rechnet mit einem regen Zulauf. „Die Bereitschaft der Unternehmen ist sehr groß“, versichert er. Im kommenden Jahr hofft er auf bis zu 5000 Mitgliedsfirmen in der Initiative.

Es mangelt vor allem an Sprachkenntnissen

Schnell wird die Integration allerdings nicht gehen. Der DIHK geht von fünf bis zehn Jahren aus, die benötigt werden, viele Zuwanderer in eine reguläre Arbeitsstelle zu bringen. Denn die Kenntnisse der Neubürger entsprechen in den wenigsten Fällen den Anforderungen der hiesigen Berufswelt. „Die allermeisten haben diese Qualifikationen nicht“, sagt Gabriel. Es hapert vor allem an Sprachkenntnissen. „Fast 100 Prozent können zu Beginn kein Deutsch“, erläutert Schweitzer. Weil die Mehrheit der Flüchtlinge jedoch noch keine 25 Jahre alt sind, wird sich der Aufwand der Schulung und Ausbildung für die Volkswirtschaft allerdings lohnen.

Das neue deutsche Netzwerk ist nicht die erste Initiative. 36 Großunternehmen haben sich bereits unter dem Motto „wir zusammen“ zu einer Kampagne für die Integration vereint. Die Konzerne aus dem Deutschen Aktienindex Dax setzen sich vor allem für ein besseres Verständnis für die Flüchtlingsproblematik ein. Schweitzers Netzwerk hingegen will ausbildungswilligen Firmen mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Auch das Bundesbildungsministerium ist dabei

Dritte im Bunde ist das Bildungsministerium, das speziell für das Handwerk eine ähnliche Initiative gestartet hat. Dazu kommen noch bundesweit Aktionsbündnisse auf lokaler Ebene, die mit Job- und Ausbildungsbörsen für eine rasche Eingliederung der Neuankömmlinge sorgen wollen.