Essen. Vor der Aufspaltung meldet der Energiekonzern Eon einen Rekordverlust, es herrscht wenig Optimismus. Immerhin gibt es eine Dividende.

„Ein Haus, ein Team, ein guter Start“ – im lichtdurchfluteten Foyer weisen Plakate darauf hin, dass in der ehemaligen Essener Ruhrgas-Zentrale nun der Energieriese Eon seinen Sitz hat. Vorstandschef Johannes Teyssen fühlt sich in dem gläsernen Haus sichtlich wohl. „Kurze Wege, kurze Entscheidungen. Hier wurde mit Weitsicht gebaut“, sagt der Manager, der nach einer Diät rund 30 Kilogramm abgespeckt hat.

Zumindest in Sachen Zufriedenheit unterscheidet sich Teyssen nach dem Umzug aus Düsseldorf von seinem Rivalen Peter Terium. Am Tag zuvor hatte der RWE-Chef keinen Hehl daraus gemacht, dass er den Essener Büroturm, in dem die Konzernzentrale sitzt, lieber heute als morgen verlassen würde. RWE residiert etwa drei Kilometer Luftlinie von Eon entfernt in der Nähe vom Hauptbahnhof.

Minus von sieben Milliarden Euro

Kaum unterscheiden sich die Nummer eins und zwei unter den deutschen Energieversorgern dagegen in ihren schlechten Zahlen und Prognosen für die Zukunft. Eon schloss das Geschäftsjahr 2015 mit einem satten Fehlbetrag von sieben Milliarden Euro ab. Das ist der größte Verlust in der Unternehmensgeschichte, die allerdings in diesem Jahr ohnehin endet: Eon spaltet sich auf und konzentriert sich von Essen aus auf die zukunftsträchtigen erneuerbaren Energien und die auslaufende Kernkraft. Die unter Druck stehende konventionelle Kraftwerkssparte wird bei Uniper in Düsseldorf gebündelt.

Beim außergewöhnlichen Nettoverlust schlugen bei Eon freilich vor allem Abschreibungen auf Kraftwerke und das Öl- und Gasgeschäft von knapp neun Milliarden Euro zu Buche. Angesichts der fallenden Großhandelspreise für Strom können Energiekonzerne mit großen Kohle- und Gasanlagen kaum noch Geld verdienen. Eon musste die Buchwerte in den vergangenen Jahren mehrfach nach unten korrigieren. Das Ergebnis der konventionellen Kraftwerke brach 2015 auf knapp 500 Millionen ein. Im Vorjahr waren es noch gut 800 Millionen Euro.

Für 2015 soll es noch einmal eine Dividende geben

Besserung erwartet Teyssen vorerst nicht: „Nach zwei Monaten im neuen Geschäftsjahr ist erkennbar, dass sich unser Marktumfeld weiter eingetrübt hat. Strom-, Öl- und Gaspreise bleiben niedrig oder geben weiter nach, Wechselkurse bleiben schwach“, sagt der Eon-Chef. Für 2016 erwartet der Konzern ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 6,0 bis 6,5 (2015: 7,6) Milliarden Euro. Der nachhaltige Konzernüberschuss soll 1,2 bis 1,6 (1,6) Milliarden Euro erreichen.

Für 2015 soll es noch eine Dividende von 50 Cent pro Aktie geben. Teyssen sagt: „Versprochen, gehalten.“ RWE hat gerade angesichts der roten Zahlen die Dividende weitgehend gestrichen.

Niedrige Großhandelspreise für Strom belasten

Auch der Eon-Vorstand stimmt seine Aktionäre darauf ein, dass sie die schlechten Geschäftsaussichten womöglich bei der Ausschüttung für 2016 zu spüren bekommen. Finanzvorstand Michael Sen prophezeit: „Zukünftig wird auch unsere Dividendenpolitik das aktuelle Geschäftsumfeld reflektieren müssen. Unsere Ausschüttungspolitik muss angemessen sein.“

Nicht nur die niedrigen Großhandelspreise für Strom belasten Eon, auch der Atomausstieg. Teyssen rechnet sich gute Chancen für seine Klage aus, die er beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hat. Zur Anhörung will der Eon-Chef am kommenden Mittwoch nach Karlsruhe reisen: „Ich erwarte Gerechtigkeit“, sagt er. Die höchsten Richter wollen kommende Woche über die Klage der Versorger Eon, RWE und Vattenfall gegen die Bundesregierung verhandeln.

Schadenersatzklagen gegen Bundesregierung vorbereitet

Die Unternehmen machen geltend, dass das nach dem Reaktorunfall von Fukushima im März 2011 erlassene Atomausstiegsgesetz einer Enteignung gleichkomme. Sie beklagen dabei Eingriffe in das grundrechtlich geschützte Eigentum sowie in die Berufs- und Gewerbefreiheit. Das ist aus Sicht der Konzerne ohne eine entsprechende Entschädigung verfassungswidrig. Sollten die Karlsruher Richter dieser Auffassung grundsätzlich zustimmen, planen die Versorger Schadenersatzklagen in Milliardenhöhe.

Zuversichtlich gibt sich Teyssen auch bei der Entwicklung des Ökostroms, das künftige Kerngeschäft von Eon. „Erneuerbare Energien werden mehr und mehr zur führenden Säule des Energiesystems“, meint er. Für Solarstrom sagt er ein moderates Wachstum voraus. Windanlagen indes stünden vor einem kräftigen Ausbau. „Die Zeit ist reif für Offshore-Anlagen.“

Wechsel an der Spitze des Aufsichtsrats

Seinen Konzern sieht Teyssen auf einem guten Weg: „Aktuell speisen allein in die Eon-Netze 360.000 Erneuerbare-Energien-Anlagen ein. Mehr als 80 Prozent des Stroms, der in unseren Netzen fließt, ist regenerativ erzeugt. Und der Trend ist ungebrochen.“

Mit der Aufspaltung Eons zeichnet sich auch ein Wechsel an der Aufsichtsratsspitze ab. Chefaufseher Werner Wenning wird sein Mandat bei der Hauptversammlung am 8. Juni niederlegen. Nachfolger soll Karl-Ludwig Kley werden, der Ende April als Vorstandschef beim Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck aufhört.