Berlin. 2015 haben Hersteller 1,66 Millionen Autos in die Werkstätten gerufen – vor allem wegen Sicherheitsmängeln. 2016 wird die Zahl steigen.

In Deutschland werden immer mehr Pkw wegen Mängeln von den Herstellern zurückgerufen: Im vergangenen Jahr erreichten die Rückrufe mit 1,66 Millionen Fahrzeugen einen Rekord – innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der in die Werkstätten beorderten Pkw um 13 Prozent, innerhalb von nur vier Jahren hat sie sich sogar verdreifacht. Fast immer ging es dabei um sicherheitsrelevante Mängel.

Die Zahlen gehen aus einer neuen Aufstellung des Bundesverkehrsministeriums hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Die Grünen-Bundestagsfraktion, die die Daten angefordert hatte, sprach von einem „besorgniserregenden Trend“ und forderte von den Herstellern einen stärkere Beachtung des Verbraucherschutzes: „Die fehlende Sorgfalt bei der Produktion und der Auswahl der zuliefernden Firmen verlangt den Verbrauchern in den letzten Jahren immer mehr ab“, sagte Grünen-Verkehrsexperte Markus Tressel unserer Redaktion.

Zahl der Rückrufe steigt rapide

Nach den Regierungsangaben auf Grundlage von Daten des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) haben die Rückrufe in den vergangenen Jahren rapide zugenommen: 2011 ließen die Hersteller in Deutschland erst 560.000 Pkw zur dringenden Reparatur in die Werkstätten rollen, 2013 waren es schon 770.000, im Jahr darauf hatte sich die Zahl fast verdoppelt. Mal drohte ein Fahrzeugbrand durch austretenden Kraftstoff, mal ein Ausfall von Motor und Elektronik; möglicher Bremsausfall alarmierte die Hersteller ebnso wie das Risiko eines Radbruchs. Vergleichsweise häufig wurden Probleme mit den Airbags gemeldet.

Das Sündenregister von 2015 führt nach der KBA-Statistik BMW an – etwa jeder vierte in Deutschland zurückgerufene Pkw stammt von den Bayerischen Motorenwerken. Setzt man die Rückrufe allerdings ins Verhältnis zur Gesamtzahl der Neuzulassungen, ergibt sich ein anderes Bild: Die großen deutschen Autobauer schnitten in den vergangenen Jahren relativ gut ab. VW etwa hat seit 2010 etwa 400.000 Fahrzeuge zurückgerufen – im gleichen Zeitraum wurden in Deutschland aber über vier Millionen Volkswagen neu zugelassen. Einen solchen Rückruf-Quotienten von 0,1 erreicht auch Audi, Mercedes liegt bei 0,16, BMW bei 0,46, Opel bei 0,78.

Schnellere Modellzyklen führen zu mehr Fehlern

Zur Gruppe mit den wenigsten Rückrufen zählen Skoda, Peugeot und Citroën. Deutlich öfter in die Werkstatt gerufen werden dagegen Fahrzeuge japanischer Hersteller: Auf je 100 in Deutschland zugelassene Pkw seit 2010 hat Toyota fast 150 Fahrzeuge zurückgerufen, der Quotient liegt bei 1,46. Bei Subaru liegt dieser Wert bei 1,76, bei Honda sogar bei 2,2.

Grünen-Verkehrsexperte Tressel machte immer kürzere Entwicklungszeiten und Kosteneinsparungen für die steigende Zahl von Rückrufen verantwortlich: „Im schlimmsten Fall ist Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet und Autofahrer schauen in die Röhre, da persönlicher sowie zeitlicher Aufwand und Ausfallzeiten des Pkw in der Regel zu ihren Lasten gehen.“ Tressel nannte das „nicht hinnehmbar“. Die immer schnelleren Modellzyklen dürften nicht zu Schlampereien führen, für die Verbraucher letztlich mit ihrer Gesundheit bezahlten könnten.

VW mit Rückruf für 2,7 Millionen Fahrzeuge

Im laufenden Jahr wird die Zahl der Rückrufe deutlich steigen. Wegen der Abgas-Affäre muss VW insgesamt 2,7 Millionen Fahrzeuge in Deutschland in die Werkstätten rufen. Bei vielen Fahrzeugen wird die Software zur Motorsteuerung aktualisiert, bei anderen muss auch noch ein Teil eingebaut werden. Begonnen hat der Konzern mit dem Rückruf im Januar.