Karlsruhe. Das Geld geht sofort auf die Reise, auch wenn der Flug erst Wochen später startet? Der BGH findet die Praxis bei Ticketpreisen richtig.

Wer ein Flugticket bucht, muss sofort den vollen Preis bezahlen – egal ob der Flieger in drei Tagen oder sechs Monaten abheben soll. Dagegen ist die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen juristisch vorgegangen – und jetzt vor dem BGH endgültig gescheitert. Dem Bundesgerichtshof lagen drei Fälle zur Entscheidung vor. Vor den Oberlandesgerichten (OLG) Köln und Frankfurt war die Verbraucherzentrale gegen Lufthansa und Condor bereits gescheitert, vor dem OLG Celle hatte sie gegen TuiFly dagegen zunächst Erfolg. (Az.: X ZR 97/14, X ZR 98/14 und X ZR 5/15).

Wie sind die Regeln beim Buchen?

Der Passus in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt zum Beispiel bei Condor: „Die Bezahlung ist bei Buchung in voller Höhe fällig.“ Die Kreditkarte wird sofort belastet. Bei TuiFly heißt es: „Mit Zustandekommen des Vertrages werden sämtliche Zahlungen sofort fällig.“

Was stört die Verbraucherzentrale?

Die Verbraucherschützer führten zwei Hauptargumente an. Das Insolvenzrisiko werde auf den Kunden abgewälzt. Wenn die Fluggesellschaft zwischen Zahlung und Reisetermin wegen Zahlungsunfähigkeit den Betrieb einstellt, gibt es mit ziemlicher Sicherheit kein Geld zurück. Zweitens: Der Kunde verliere das Druckmittel, Geld zurückzubehalten, um die versprochene Leistung durchzusetzen. Im Reisevertragsrecht gebe es schließlich auch eine Regelung, die eine Anzahlung von 20 Prozent und eine Restzahlung 30 Tage vor Reiseantritt vorsieht. Außerdem entstehe den Kunden durch die sofortige Fälligkeit ein Zinsnachteil.

Wie argumentieren die beklagten Unternehmen?

Eine Bezahlung Zug um Zug, wie bei Werkverträgen üblich, ist in der Luftfahrt nach Überzeugung der Unternehmen nicht möglich, weil die Kosten etwa für Flugzeuge, Treibstoff, Personal oder Start- und Landerechte frühzeitig entstehen. Eine Teilbezahlung erst nach dem Flug wäre organisatorisch unzumutbar. Außerdem würde das Inkassorisiko unkalkulierbar groß. Ein Insolvenzrisiko bestehe dagegen kaum. Außerdem könnten sich Kunden dagegen mit einer Versicherung schützen.

Wie begründen die Oberlandesgerichte ihre Urteile?

Das OLG Celle hielt die Klausel von TuiFly für unzulässig, weil sie die Kunden nach den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Ein Luftbeförderungsvertrag sei ein Werkvertrag mit Vorleistungspflicht. Die Argumente hoher Vorlaufkosten und des Inkassorisikos der Fluggesellschaften teilte das OLG dagegen nicht. Das seien normale Geschäfts- und Investitionsrisiken.

Die Oberlandesgerichte Frankfurt und Köln kamen zu anderen Sichtweisen. Das Zurückhaltungsrecht sei für Fluggäste nahezu wertlos. Aus organisatorischen und wirtschaftlichen Gründen sei dagegen die sofortige Bezahlung der Tickets geboten. Inkassorisiko und Verwaltungsaufwand wären untragbar. Das Insolvenzrisiko werde durch eine EU-Verordnung erheblich gemindert. Außerdem habe der Kunde Rechte aus der Fluggastverordnung der EU. Das OLG Frankfurt führte noch an, dass der Fluggast den Zeitpunkt seiner Buchung weitgehend selbst bestimmen könne.

Was sagt jetzt der BGH?

Das höchste Gericht hält das Funktionieren eines internationalen Buchungs- und Abrechnungssystems für bedeutsam. Einzelne Luftfahrtunternehmen könnten hier nicht einfach ausscheren. Das Insolvenzrisiko halten sie in dem staatlich beaufsichtigten Markt für gering, außerdem hätten Fluggäste Rechte bei Flugausfällen und Flugverspätungen. Außerdem: Wer früh buche, sichere sich zumeist einen günstigeren Preis als ein Passagier, der erst kurz vor Abflug buche.

Was bedeuten die Urteile für Fluggäste?

Alles bleibt beim Alten. Wer ein Flugticket bucht, muss sofort den vollen Preis bezahlen. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft sieht darin sogar einen Vorteil für Verbraucher, weil die Unternehmen Planungssicherheit für effizientes Arbeiten hätten. Diese Praxis ermögliche eine hohe Auslastung und Frühbucherrabatte. (dpa)