Frankfurt/Main. Anleger steigen in großem Stil aus. Der Deutsche Aktienindex Dax fällt unter 9000 Punkte. Und eine Trendwende ist noch nicht in Sicht.

Ganz am Anfang hat es gut ausgesehen: Mit knapp 9324 Punkten startete der Deutsche Aktienindex Dax am Montagmorgen 0,5 Prozent im Plus. Manch Anleger dachte da, der Abwärtstrend der vergangenen Woche sei gebrochen. Doch dann ging es abwärts und zwar steil. Der Dax schloss bei 8979,36 Punkten – ein Minus von 3,3 Prozent. Erstmals seit Oktober 2014 unterbot der Dax damit wieder die Marke von 9000 Punkten. Wie es weitergeht? „Manche wollen auch 7000 Punkte nicht ausschließen“, sagte ein Händler.

Solche Äußerungen weisen auf den wichtigsten Grund für den Kursverfall hin: die schlechte Stimmung. Rutsche der Dax auf 9000 Punkte zu, komme nun auch der Letzte zu der Erkenntnis, endlich verkaufen zu müssen, um seine Verluste zu begrenzen, hieß es auf dem Parkett. Seit Anfang des Jahres hat der Dax bereits fast 17 Prozent Wert verloren.

Sorgen um Chinas Konjunktur drücken die Stimmung

Es gibt einen Beleg für diese Stimmung: Die Analysefirma Sentix veröffentlichte ihren Konjunkturausblick, der dem sonst zuverlässigsten deutschen Konjunkturbarometer, dem Ifo-Geschäftsklima, einige Wochen recht präzise vorausläuft. Die Überschrift: „Globale Konjunktur auf der Kippe“. Befragt wurden 5000 Investoren.

Nachlassendes Wachstum in China, ein zu langsamer, kaum selbsttragender Aufschwung in den USA, dazu die wegen des niedrigen Ölpreises schwache Kaufkraft der Ölförderländer, all das verdichtet sich derzeit zu dem Beschluss, sich von Papieren zu trennen, die anfällig für Konjunkturschwankungen sind.

Verhaltene Ausblicke der Industrie belasten

„Den Markt plagen extreme Wachstumssorgen“, sagte ein Händler. Dazu trügen auch Unternehmen bei, die nach guten Jahren nun einen eher verhaltenen Ausblick geben, wie zuletzt etwa Daimler. Das trifft die lange verwöhnten Geschmäcker der Anleger nicht. Hinzu kommt die Sorge, auch europäische Banken könnten stark in der US-Frackingindustrie engagiert sein – und hohe Abschreibungen erwarten, wenn die amerikanischen Ölgesellschaften Kredite und Anleihen nicht bedienen könnten. Dass das italienische Bankensystem derzeit wackelt, macht die Lage nicht gerade leichter.

Was jetzt? Am Montag hielten sich die Anleger an die alte Börsenweisheit „Greife nie in fallende Messer“. Doch ist die Wende zum Besseren immer noch nicht aus den Köpfen. „Dazu brauchen wir die Notenbanken“, sagte Robert Halver, Marktstratege der Baader Bank. Mindestens müsste die amerikanische Fed signalisieren, der Zinserhöhung vom 3. Dezember, der Ersten seit zehn Jahren, keine weiteren folgen zu lassen.

“Notenbanken haben ihr Pulver verschossen“

Auskunft darüber wird Mitte der Woche erwartet, wenn Fed-Chefin Janet Yellen vor mehreren Kongressausschüssen auftritt. Andererseits kritisiert auch Halver, die Notenbaken hätten ihr „Pulver verschossen“. Er äußerte auch Unverständnis für die gegensätzlichen Signale von Geld- und Regulierungspolitik: Die Geldpolitik schaffe billiges Geld, um die Kreditvergabe zu steigern. Die Regulierer erschwerten aber genau das, indem sie immer schärfere Eigenkapitalvorschriften erließen.

Markus Reinwand, Aktienstratege der Helaba, schaut dagegen eher auf den Dax-Kurs, der ja den Preis der Aktien abbildet. Den Kurs fand er vor gut einem Jahr, als der Dax die Marke von 12.000 überwand, überzogen. „Jetzt überzieht er wieder“, sagte Reinwand. Er rät mit Blick auf die inzwischen „reduzierte Bewertung“ einzusteigen, und zwar „auf mittlere Sicht“. Das soll heißen, der Dax könne durchaus noch weiter fallen, sich dann aber wieder fangen. Denn für „fair“ hält Reinwand ein Niveau zwischen 9000 und 12.000 Punkten. Alles darunter sei nicht gerechtfertigt.

Trost für Anleger: Langfristig geht es aufwärts

Der Dax spiegelt die Entwicklung der 30 nach Umsatz und Marktwert wichtigsten börsennotierten deutschen Unternehmen wider. Erstmals wurde er am 1. Juli 1988 berechnet. Der erste Schlusskurs lag bei 1163,52 Punkten. Angesichts der Verluste der vergangenen Monate bleibt ein Trost: Selbst tiefe Kurskrisen wie die geplatzte Internetblase zur Jahrtausendwende oder die Finanzkrise 2008 sind kaum mehr als eine gut sichtbare Korrektur eines langfristigen Aufwärtstrends.