Berlin/München. Siemens-Chef Joe Kaeser kündigt nach schwachen Jahren gute Zahlen an. Der Konzern hebt die Gewinnprognose an. Die Aktie startet durch.

Wenn es nach den Anlegern geht, hat Siemens-Chef Joe Kaeser mit seinem Team alles richtig gemacht. Das Papier des Elektrokonzerns legte zeitweise mehr als acht Prozent zu, während der Deutsche Aktienindex Dax schwächelte. Aufsichtsratschef Gerhard Cromme versuchte auf der Hauptversammlung in München, nüchtern zu bleiben, doch ihm war deutlich anzusehen, dass er sich freute, als er die Kursentwicklung verkündete. Die Geschäfte bei Siemens laufen deutlich besser als viele erwartet haben. Die Zahlen, die Kaeser zum ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres (30. September) vorlegte, waren gut, der Ausblick ebenfalls.

Nicht nur der Gewinn hat um 42 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro zugelegt, auch der Umsatz steigt wieder. Und Kaeser verkündete für das Gesamtjahr ebenfalls ein Plus. Dass es größer als im ersten Quartal sein werde, sei eine „sichere Wette“. Alle Divisionen, wie Siemens die einzelnen Geschäftsbereiche nennt, verdienen nach den Worten des Konzernchefs Geld. Und das alles in einem schwierigen geopolitischen Umfeld mit der Krise in Nahost, Chinas Wirtschaftsschwäche und sinkenden Rohstoffpreisen. Letztere zwingen manchen Förderkonzern dazu, an den Investitionen zu sparen.

Größter Auftrag der Konzerngeschichte

Dennoch sind die Bücher bei Siemens mit vielen neuen Aufträgen gefüllt. Der Auftragseingang stieg im ersten Quartal um 27 Prozent. Kaeser nannte die 22,8 Milliarden Euro etwas zurückhaltend „beachtlich“, nur um dann doch noch nachzuschieben, es sei „so viel wie noch nie“.

Vor allem die im vergangenen Jahr eher gebeutelte Division Power and Gas mit den Turbinen für Kraftwerke konnte punkten. Währungsbereinigt hat die Sparte jetzt Aufträge für 5,5 Milliarden Euro in den Büchern – trotzt des harten Wettbewerbs in der Branche konnte Siemens zum Beispiel den größten Auftrag der Konzerngeschichte in Ägypten sichern, der die Energieversorgung des Landes in weiten Teilen erneuern soll. Allein im ersten Quartal brachte er das Neugeschäft im Wert von 1,6 Milliarden Euro.

Die Gasturbine, die eine Großstadt mit Strom versorgt

Dabei liefert Siemens nicht nur die Turbinen und Anlagen, sondern vor allem auch Service und Wartung – vor allem Letzteres bringt Siemens stabile Einkünfte, während der Verkauf von Turbinen eher ein Einmalgeschäft ist. Im ersten Halbjahr schließe der Konzern Verträge für zwölf Turbinen der H-Klasse ab, sagte Kaeser. Die H-Klasse ist das Spitzenprodukt der Division, Eine Turbine kann eine Stadt wie Hamburg versorgen. Hergestellt wird sie im Gasturbinenwerk in Berlin. Der Marktanteil bei Gasturbinen sei von 20 auf 25 Prozent gestiegen, sagte Kaeser. Ein Großteil der Aufträge wird auch im Mülheimer Dampfturbinenwerk bearbeitet.

Die vielen guten Zahlen können allerdings nicht verdecken, dass die Division Power and Gas immer noch eine Baustelle im Konzern ist. Kaeser hat ihr ein Effizienzprogramm verordnet, die Kosten sollen sinken. Vor allem bei Gasturbinen gibt es Überkapazitäten und harten Wettbewerb. Zudem inte­griert Siemens die im vergangenen Jahr gekaufte US-Firma Dresser-Rand gerade.

Der Ölpreis ist nicht so wichtig, der Ölverbrauch schon

Das Unternehmen liefert vor allem an die Ölindustrie, die gerade unter den niedrigen Ölpreisen zu leiden hat und sich mit Investitionen zurückhält, was auch Siemens spürt. Für Kaeser ist das aber kein so großes Problem: Der Ölverbrauch steige weltweit. Und für einen Siemens-Kompressor sei egal, ob das Öl in der Pipeline teuer oder billig sei. Er müsse gewartet werden, solange das Öl transportiert werde, sagte er.

Ebenfalls sehr gut lief das Geschäft in der Division Mobility, die Züge, Loks und Bahntechnik verkauft und vor knapp zwei Jahren noch kriselte, gar als Verkaufskandidat galt. Der Auftragseingang hier stieg im ersten Quartal dank Großaufträgen von 1,3 auf 2,7 Milliarden Euro.

„Werte schaffen für die Aktionäre“

Die Windenergie-Division verzeichnete ein Plus von 36 Prozent beim Auftragseingang auf 1,9 Milliarden Euro, unter anderem wegen eines Großauftrags aus Großbritannien für den Offshore-Windpark Galloper im Wert von einer Milliarde Euro einschließlich Wartung. Der Bereich soll ausgebaut werden. Derzeit entsteht in Cuxhaven ein neues Werk, von dem aus die Anlagen in der Nordsee schneller beliefert werden können.

Angesichts der guten Entwicklung „wird 2016 ein vergleichsweise gutes Jahr“, versprach Kaeser und hob die Gewinnprognose an. Nach den Jahren des Umbaus werde jetzt „Wert geschaffen für die Aktionäre“.