Berlin. Das Freihandelsabkommen ist umstritten. Ein Kritikpunkt ist nun ausgeräumt: Deutsche Politiker erhalten Zugang zu geheimen Dokumenten.

Die Geheimhaltungspraxis ist für Kritiker des umstrittenen Freihandelsabkommens TTIP ein großer Stein des Anstoßes: Wichtige Dokumente aus den Verhandlungen zwischen den USA und der EU-Kommission sind den meisten deutschen Politikern bisher nicht zugänglich, obwohl der Bundestag das Abkommen voraussichtlich ratifizieren muss. Jetzt wird nach vielen Protesten – auch des Bundestags – die Beschränkung gelockert: Politiker von Bund und Ländern sollen ab nächster Woche im Bundeswirtschaftsministerium Einsicht in die geheimen Verhandlungsdokumente zu TTIP erhalten.

Die Bundesregierung wird ab dem 1. Februar einen Leseraum für TTIP-Dokumente in seinem Ministerium eröffnen – so kündigt es Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) in Schreiben an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und Bundesratspräsident Stanislaw Tillich (CDU) an, die dieser Redaktion vorliegen.

Fotos sind verboten

In dem Raum können die Bundestagsabgeordneten und Mitglieder des Bundesrats aus den Landesregierungen sogenannte „konsolidierte Verhandlungstexte“ einsehen, aus denen jeweils die Positionen der EU und der USA hervorgehen. Das Ablichten der Dokumente ist allerdings verboten.

Bislang waren bestimmte TTIP-Unterlagen nur Regierungsvertretern der EU-Mitgliedstaaten und Europaabgeordneten zugänglich. In einem Leseraum in der Berliner US-Botschaft haben knapp 40 Vertreter von Bundesministerien Einblick genommen, Abgeordnete hatten aber keinen Zugang. Gabriel erklärt in den Briefen, die Regierung habe sich von Beginn an für Transparenz eingesetzt. „Nur durch Transparenz und enge Einbindung der nationalen Parlamente kann die erforderliche bessere Akzeptanz und Legitimität für die Verhandlungen der EU-Kommission mit den USA geschaffen werden“, schreibt der Minister.

Leseraum im Bundestag war nicht durchsetzbar

Die Frage der Transparenz begleitet die Gespräche über das umstrittene Handelsabkommen zwischen der EU und den USA von Anfang an. Nach heftiger Kritik unter anderem von TTIP-kritischen Gruppen und aus dem Europaparlament versprach die EU-Kommission unter Juncker mehr Offenheit, Ende 2015 einigten sich Unterhändler der EU und USA endlich auf eine Öffnung auch für nationale Parlamente.

Deutschland ist eines der ersten Länder, das davon jetzt für seine Abgeordneten Gebrauch macht. Der Vorschlag, einen Leseraum im Bundestag einzurichten, sei aber nicht durchsetzbar gewesen, bedauerte Gabriel in den Schreiben an Lammert und Tillich.

Eine offizielle Präsention des Leseraums ist bereits für diesen Donnerstag geplant. Das Abkommen soll nach dem Willen der Verhandlungspartner noch bis Ende 2016 abgeschlossen werden. Kritiker befürchten, dass durch TTIP Verbraucherstandards gesenkt werden könnten.