Frankfurt/Main. Matthias Platzek will nun den Tarifkonflikt bei der Lufthansa lösen. Brandenburgs früherer Ministerpräsident scheint gut geeignet.

Nun soll es also Matthias Platzeck richten. Der SPD-Politiker und frühere Ministerpräsident von Brandenburg nimmt an diesem Dienstag die heikle Mission auf, den komplett festgefahrenen Tarifkonflikt zwischen der Lufthansa und ihren Flugbegleitern zu lösen. Die Gewerkschaft Ufo hatte ihre Mitglieder im November vergangenen Jahres in den härtesten Streik in der Geschichte der Fluggesellschaft geführt. Der schon bei der Deutschen Bahn AG erfolgreiche Schlichter Platzeck trifft sich mit den Verhandlungsparteien an einem geheimen Ort.

Es hat doch bereits eine Schlichtung bei den Flugbegleitern gegeben? Was ist jetzt neu?

Das stimmt. Die erste Schlichtung ist aber bereits im Juni 2015 gescheitert. Die beiden Vermittler, die Ex-Politiker Herta Däubler-Gmelin (SPD) und Friedrich Merz (CDU), hatten vergeblich versucht, einen Kompromiss bei den Betriebsrenten für die rund 19.000 Lufthansa-Flugbegleiter zu finden. Ihre Schlussempfehlung wurde zunächst von der Lufthansa nicht mitgetragen, ist nach dem Streik nun aber doch Grundlage für weitere Verhandlungen zur Rente geworden. In der neuen Schlichtung soll genau diese Frage nicht mehr behandelt werden, sondern eine Vielzahl anderer Themen aus der „Agenda Kabine“.

Um was geht es also genau in der Platzeck-Schlichtung?

Die Agenda enthält eine Vielzahl komplexer Regeln, die nur für Flugbegleiter von Bedeutung sind. Beispiele sind die exakte Arbeitszeit, Überstunden- und Ruheregelungen, Teilzeitmodelle, Flüge zum Einsatzort oder die Struktur der verschiedenen Tarifstufen. Schon vor Beginn der eigentlichen Schlichtung wollte Ufo-Chef Nicoley Baublies die Gespräche zu den Betriebsrenten vorantreiben. Er muss sichergehen, dass in dieser zentralen Frage eine Einigung möglich ist, bevor er mit dem neuen Schlichtungsverfahren eine lange Friedenspflicht akzeptiert. Streiks sind dann nämlich als Druckmittel erst einmal für Monate ausgeschlossen.

Wie lange wird das alles dauern?

Das ist wegen der Vielzahl der Themen schwer zu sagen. Zum Auftakt am Dienstag geht es dem Vernehmen nach erst einmal um die genauen Spielregeln. Die sogenannte Schlichtungsvereinbarung steht noch nicht und dürfte die Kontrahenten bei ihren gleich auf mehrere Tage an einem geheimen Ort angesetzten Beratungen erst einmal beschäftigen.

Die Frage der Betriebsrenten muss dann schon vorab geklärt sein?

Im Prinzip ja, aber natürlich wird es eine Einigung nur über ein Gesamtpaket geben. Bei den Betriebsrenten könnte hilfreich sein, dass Ufo den von Lufthansa gewünschten Systemwechsel im Grundsatz schon lange akzeptiert hat. Das Unternehmen will künftig seinen Mitarbeitern nur noch feste Beiträge zahlen und nicht mehr wie bislang die endgültige Rentenhöhe garantieren. Das hatte in der aktuellen Niedrigzinsphase wegen der notwendigen Rückstellungen für hohe Lasten in der Bilanz geführt. Es geht nun um die Höhe und Berechnungsgrundlagen der Beiträge sowie um die Behandlung von Neueingestellten, die aus Sicht der Gewerkschaft nicht von den Leistungen ausgeschlossen werden dürfen.

Wie sind die Erfolgsaussichten?

Eigentlich gar nicht so schlecht, denn die neue Rentenstruktur bietet den Flugbegleitern auch zusätzliche Chancen. Wer länger fliegt, soll künftig nicht verbrauchte Anteile seiner Frührente auf die betriebliche Altersversorgung angerechnet bekommen. Das war bislang nicht möglich. Die von den Piloten so heftig bekämpfte Gründung der außerdeutschen Billigtochter Eurowings ist für die Flugbegleiter eher ein Randthema. Man will allenfalls verhindern, dass die Germanwings Jet für Jet an eine österreichische Tochter verlagert wird. Schlichter Platzeck hat zudem im vergangenen Jahr den ähnlich verfahrenen Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn AG befriedet.

Und was machen die anderen Berufsgruppen?

Von dieser Seite ist derzeit keine Unruhe zu erwarten. Für das Bodenpersonal hat Verdi als bislang einzige Gewerkschaft mit der Lufthansa einen Abschluss ausgehandelt. Neben den vereinbarten Gehaltserhöhungen wird das System der Betriebsrenten auf Festbeiträge des Arbeitgebers umgestellt. Die Piloten sprechen nach 13 Streikrunden und einer schmerzhaften Niederlage vor Gericht mit der Lufthansa offiziell nur über ihre Übergangsrenten, mit denen Lufthansa bislang den Vorruhestand des fliegenden Personals abfedert. Nebenher könnten sich aber Gelegenheiten ergeben, auch die anderen wichtigen Themen anzusprechen. Heikel ist dabei, dass die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit juristisch darauf bedacht sein muss, nicht erneut unzulässige Ziele öffentlich zu formulieren. (dpa)