Berlin. Der Gaspreis an der Börse fällt, aber bei den Verbrauchern kommt davon wenig an. Eine Studie rät: Preise der Gasversorger vergleichen.

Viele Gasversorger in Deutschland haben die gesunkenen Importpreise auch in diesem Jahr nicht an ihre Kunden weitergegeben: Private Haushalte haben deshalb 2015 rund 1,54 Milliarden Euro mehr für ihre Gasrechnung gezahlt als eigentlich angemessen wäre. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Grünen-Bundestagsfraktion in Auftrag gegeben hat und die dieser Zeitung vorliegt.

Danach wäre Erdgas für private Verbraucher derzeit um rund zehn Prozent billiger, wenn die Gewinnspannen der Versorgungsunternehmen gleich geblieben wären. „Einen Musterhaushalt mit 20.000 Kilowattstunden Verbrauch kostete die fehlende Anpassung in diesem Jahr im Bundesdurchschnitt zusätzlich 132 Euro“, heißt es in der Studie des Energieinformationsdienstes „energycomment“. Allerdings gibt es deutliche regionale Unterschiede, unter anderem weil die Netzkosten regional variieren.

Besonders hohe Kosten in NRW

Besonders stark betroffen sind Verbraucher in Nordrhein-Westfalen: Für sie errechnet die Studie im Musterhaushalt jährliche Zusatzkosten von 152 Euro – damit liegt NRW in der Spitzengruppe hinter Baden-Württemberg. Der durchschnittliche Gaspreis für Privathaushalte liegt an Rhein und Ruhr demzufolge mit 6,54 Cent pro Kilowattstunde über dem Bundesdurchschnitt – hätten die Anbieter auf zusätzliche Gewinne verzichtet, könnte er demnach bei 5,75 Cent liegen.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn kritisierte die Versorgungsunternehmen scharf: „Seit Mitte 2012 sind die Preise für Erdgas im Großhandel deutlich gesunken. In diesem Jahr oder spätestens 2016 hätten das die privaten Haushalte durch Preissenkungen merken müssen“, sagte Höhn. „Doch tatsächlich wurden durch die Reihe die gesunkenen Einkaufspreise nur zu einem kleinen Teil oder gar nicht an ihre Kunden weitergegeben.“

Die Studienautoren hatten bereits Ende 2014 untersucht, ob sich die steil fallenden Importpreise für Erdgas auf die Verbrauchertarife ausgewirkt hatten – das Ergebnis war klar negativ, doch habe die Gaswirtschaft versichert, die Senkung werde 2015 erfolgen. In der neuen Studie zeigt sich nun aber, dass die Preise allenfalls geringfügig nachgaben. Dabei seien die Kosten der deutschen Gasimporteure von 2012 bis Oktober 2015 um ein Drittel auf 1,96 Cent pro Kilowattstunde gesunken – mit weiter fallender Tendenz. Doch 2014 habe sich der Verbraucherpreis für Erdgas kaum verändert, 2015 habe er nur geringfügig auf 6,38 Cent nachgegeben – eigentlich müsste er bei 5,72 Cent liegen, so die Studie. Industriekunden hätten dagegen deutliche Nachlässe erhalten.

Nur Fünftel der Anbieter will Preise senken

Auch für 2016 machen die Autoren Privatverbrauchern wenig Hoffnung: Nur etwa ein Fünftel der Anbieter wollten ihre Tarife senken – um durchschnittlich 4,6 Prozent. So werde nur ein kleiner Teil der Kosteneinsparungen weitergereicht. Die Studie rät Verbrauchern, die Tarife der Anbieter sorgfältig zu vergleichen und sich nicht mit geringfügigen Tarifanpassungen zufrieden zu geben. Auch die Grünen-Politikerin Höhn sagte: „Wenn nicht im Laufe der nächsten Monate eine Preissenkung angekündigt ist, sollte man einen Wechsel seines Versorgers in Betracht ziehen.“ Bislang senkten die örtlichen Grundversorger deshalb selten ihre Preise, weil noch immer relativ wenige Kunden wechselten.

Auch die Fahrer von Erdgas-Autos merken wenig bis nichts von gesunkenen Kosten. Der Preis für Erdgas an der Tankstelle hat sich vielerorts seit Monaten nicht bewegt, während Benzin und Diesel immer billiger wurden. Mittlerweile ist der Liter Diesel oft günstiger als das Kilo Erdgas, obwohl Letzteres vom Staat wegen seiner besseren CO2-Bilanz steuerlich besonders begünstigt wird.