Brüssel. Die EU-Kommission eröffnet ein Verfahren gegen McDonald’s: Der Konzern habe sich mithilfe des Luxemburger Fiskus um Steuern gedrückt.

Die Aufarbeitung des LuxLeaks-Skandals mit den Mitteln des europäischen Wettbewerbsrechts geht weiter. Nach Starbucks, Fiat, Amazon und Apple knöpft sich die zuständige Brüsseler Kommissarin Margrethe Vestager einen weiteren Groß-Multi vor. McDonald’s habe dank eines Deals mit den Behörden auf Einkünfte aus seinen Lizenzen in Europa weder im Großherzogtum noch in den Vereinigten Staaten Steuern gezahlt. Das ist ein Fall für die EU, weil sich der Konzern damit einen unfairen Vorteil gegenüber anderen Firmen gesichert hätte.

Nach den Vorermittlungen der Brüsseler Behörde hat der Lebensmittel-Konzern im Zusammenspiel mit den Finanzämtern die Bestimmungen im luxemburgischen Steuerrecht und in einem Abkommen der beiden Länder umgekrempelt. Sie sollen eigentlich ausschließen, dass eine Firma doppelt Steuern zahlen muss. Das sei offenbar ins Gegenteil verkehrt worden und müsse deshalb untersucht werden, erklärte Vestager. „Der Zweck von Doppelbesteuerungs-Abkommen zwischen Staaten ist die Vermeidung von Doppelbesteuerung, nicht die Rechtfertigung von Nicht-Besteuerung!“

Konzern fährt üppige Profite ein

Konkret gilt die Beanstandung zwei Steuer-Vorbescheiden („tax rulings“) aus dem Jahr 2009. Das in Luxemburg ansässige europäische Tochter-Unternehmen McDonald’s Europe Franchising, das von rund 10.000 Lizenz-Nehmern in Europa und Russland die Gebühren für Nutzung der Marke und damit verbundene Dienstleistungen einsammelt, verlangte Steuerbefreiung. Argument: Die Einkünfte würden über ein Schwester-Unternehmen in der Schweiz in die USA weitergereicht und dort versteuert.

Der Luxemburger Fiskus verlangte zunächst dafür einen Nachweis. Den konnte McDonald’s, das seinen Stammsitz im US-Bundesstaat Illinois hat, aber nicht erbringen. Woher auch – die Einnahmen wurden tatsächlich auch in den USA nicht versteuert. Trotzdem beanspruchte der Konzern in Luxemburg Steuer-Befreiung, die er im zweiten Anlauf auch bekam: Das Finanzamt des Großherzogtums zeigte sich entgegenkommend und verzichtete auf den nicht beizubringenden Nachweis. Fortan zahlte McDonald’s nach Darstellung der Kommission so gut wie gar nichts mehr – trotz üppiger Profite. Sie betrugen allein im Jahr 2013 mehr als 250 Millionen Euro.

McDonald’s hatte schon vor Vestagers Ankündigung erklärt, die Firma sei sich keiner Schuld bewusst. Das Unternehmen habe sich an Recht und Gesetz gehalten und erwarte einen „günstigen Ausgang“ des Streits. Nach Eröffnung des Verfahrens sind neben dem Konzern selbst auch die Regierungen beteiligter Länder und betroffene Dritte aufgefordert, ihre Sicht des Falles in Brüssel einzureichen.

Vorher gegen Starbucks, Fiat und Amazon ermittelt

Vestager hat bereits die Kaffeehaus-Kette Starbucks und die Finanz-Tochter des Autokonzerns Fiat zur Nachzahlung von 20 bis 30 Millionen Euro wegen ungerechtfertigter Steuerabschläge in den Niederlanden verdonnert. Gegen den Versender Amazon und den Elektronik-Giganten Apple sind die Ermittlungen noch im Vorstadium. Dasselbe gilt für ein System von Abschlägen auf „übermäßige Profite“ in Belgien. Entscheidungen über die Einleitung förmlicher Verfahrens werden 2016 erwartet. Insgesamt hat die Kommission in 22 EU-Staaten Auskunft über rund 300 Steuervorbescheide angefordert.

Mit dem Verfahren gegen McDonald’s betritt Vestager Neuland. Zum ersten Mal geht es um den Missbrauch von Doppelbesteuerungs-Abkommen. Bislang standen Tricksereien im Vordergrund, bei denen Profite firmenintern an Standorte verschoben wurden, wo sie als angebliche Patent-Gebühren oder als Ausgaben für Forschung und Entwicklung steuerbegünstigt blieben. Der neue Vorstoß sei aber kein Pilotverfahren, dem nun zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle folgen würden, hieß es in der Kommission. Ob es solche gebe, sei nach derzeitigem Erkenntnisstand offen.

Neben der Bearbeitung durch die Brüsseler Wettbewerbshüter geht die Bearbeitung des systematischen Steuer-Dumpings in EU-Staaten auch im EU-Parlament in die nächste Runde. Die Volksvertretung erneuerte das Mandat des Sonderausschusses TAXE, der einschlägige Praktiken untersuchen soll. In den vergangenen sechs Monaten hatte der Ausschuss mangels hinreichender Kooperation der Mitgliedstaaten und zahlreicher Firmen nur ein lückenhaftes Bild liefern können. Vor allem die politischen Verantwortlichkeiten sind bislang ungeklärt.