Berlin. Für VW wird es ernst. Nach der Abgasaffäre stehen nicht nur in den USA richtungsweisende Entscheidungen an. Es drohen Milliardenkosten.

Der VW-Konzern muss möglicherweise einen Teil der knapp 500.000 vom Abgas-Skandal betroffenen Diesel-Fahrzeuge in den USA zurückkaufen. Erfahrungen aus der Vergangenheit hätten gezeigt, dass Nachrüsten oft nicht so gut funktioniere wie geplant, sagte die Chefin der kalifornischen Umweltbehörde CARB, Mary Nichols, dem „Handelsblatt“ (Bezahlinhalt). „Deshalb denke ich, es ist ziemlich wahrscheinlich, dass VW wenigsten einen Teil der Flotte von den Besitzern zurückkaufen muss.“

Die CARB-Chefin fordert die Wolfsburger zudem auf, ein Umweltkonzept vorzulegen, das die zusätzlichen Emissionen der Fahrzeuge kompensiert. Der Umweltaspekt bekomme nicht genug Aufmerksamkeit. „Ganzseitige Anzeigen in der Zeitung zu schalten und den Kunden 1000 Dollar anzubieten, ist ja nett. Aber das ist noch nicht einmal ansatzweise genug, um das Ausmaß des Schadens zu thematisieren.“

US-Behörde droht mit Stilllegung von Fahrzeugen

In den USA läuft an diesem Freitag eine Frist für eine VW-Erklärung aus, wie die Abgas-Manipulationen behoben werden sollen. Sollte sich VW nicht an die Vereinbarungen halten, gäbe es die Möglichkeit, die betroffenen Autos aus dem Verkehr zu ziehen, hatte Nichols gewarnt.

VW ist in einer schweren Krise. Der Konzern hatte mit Hilfe einer Software Abgastests bei Dieselfahrzeugen manipuliert. Dabei ging es um Werte für das gesundheitsschädliche Stickoxid. Außerdem hatte VW bei 800.000 Autos falsche Angaben zum Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) gemacht. Es drohen Milliardenkosten.

VW-Aufsichtsrat berät über Sparkurs

Der deshalb bereits vor Wochen angekündigte Sparkurs von VW-Chef Matthias Müller wird an diesem Freitag auch den Aufsichtsrat von Europas größtem Autobauer beschäftigen. Bei seiner Sitzung in Wolfsburg will sich das 20-köpfige Kontrollgremium unter anderem mit den Investitionsplänen befassen. Am Donnerstagabend hatte sich in Wolfsburg bereits das dem Aufsichtsrat vorgeschaltete Präsidium mit den Finanzplanungen auseinandergesetzt. Bei der Sitzung war es auch um die Aufarbeitung der Abgas-Manipulationen gegangen.

Müller hatte bereits kurz nach seiner Amtsübernahme erklärt, wegen der Dieselkrise alle Investitionen auf den Prüfstand stellen zu wollen. „Unser Ergebnis und die bisherige Finanzplanung kommen massiv unter Druck“, hatte er Anfang Oktober bei einer Betriebsversammlung im VW-Stammwerk Wolfsburg erklärt. „Was jetzt nicht zwingend nötig ist, wird gestrichen oder geschoben.“ Offen ist, wie groß die Kürzungen ausfallen.

Auch Bosch gerät ins Visier der Ermittler

Inzwischen scheint sich die Affäre auch auf andere Unternehmen auszuweiten. Wegen der Abgasaffäre steht Insidern zufolge auch der VW-Zulieferer Robert Bosch im Visier der US-Ermittler. Staatsanwälte im Justizministerium in Washington prüften, ob der Stuttgarter Konzern von den jahrelangen VW-Schummeleien gewusst habe oder daran beteiligt gewesen sei, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Ermittlungen stünden noch am Anfang. Zudem gibt es demnach keine Anzeichen, dass es Beweise für ein Fehlverhalten von Bosch gebe.

Bosch, das US-Justizministerium und VW lehnten Stellungnahmen ab. Von Bosch kommen wichtige Bauteile in dem Diesel-Motor, der in sechs betroffenen Volkswagen-Modellen und in einem betroffenen Audi-Modell genutzt wird. (dpa/rtr)