Berlin. Die neue Strategie von Air Berlin sieht den Ausbau des Standorts Düsseldorfs vor. In Berlin lässt sich der Konzern zunächst noch Zeit.

Sie haben Kraft gekostet, die vergangenen Monate, das ist Stefan Pichler deutlich anzusehen. Zum Start als Chef der angeschlagenen Fluggesellschaft Air Berlin im Februar sprühte der Manager vor Energie, jetzt Anfang November ist er deutlich zurückhaltender, als er in Berlin die Zahlen für die ersten neun Monate vorstellt. Offenbar ist die Baustelle Air Berlin dann doch etwas größer gewesen, als ursprünglich gedacht, zumal noch allerlei Politik hineinspielt: die Wünsche des Großaktionärs Etihad aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Luftverkehrsrecht, das Bundesverkehrsministerium, der geplante Berliner Großflughafen BER.

Andererseits hatten Beobachter es Pichler zugetraut, die seit Jahren Verluste einfliegende Gesellschaft auf Ertrag zu trimmen. Und jetzt gibt es eine Strategie dafür: Air Berlin soll mit neuen Langstreckenflügen wachsen, das Unternehmen konzentriert sich auf die beiden Flughäfen Düsseldorf und Berlin, arbeitet noch enger mit Etihad und dessen Beteiligungen zusammen, baut das USA-Geschäft mit American Airlines aus – und wird Stellen streichen.

In den nächsten zwölf Monaten soll Air Berlin profitabel sein

Das Ziel: in den nächsten zwölf bis 18 Monaten wieder profitabel werden. Das ist etwas weicher formuliert, als noch im Frühjahr, als Pichler damit rechnete, bereits 2016 operativ schwarze Zahlen zu schreiben. 2014 wies das Unternehmen noch einen operativen Verlust von 294 Millionen Euro aus. Mit der neuen Strategie will Pichler bis 2018 das Betriebsergebnis um 310 Millionen Euro verbessern. Und da scheint sprachlich im sonst eher monotonen Vortrag so etwas wie der alte Pichler auf: „Das alles ist aber nicht ein Zaubertrick, wo du ein Kaninchen aus dem Zylinder zauberst“, sagt er. „Das ist ein längerer Weg.“

Und der sieht ungefähr so aus: Air Berlin wandelt sich langfristig von einem Billigflieger-Konkurrenten mit mehreren großen Standorten in Europa und einem großen touristischen Bereich zu einem sogenannten Netzwerkanbieter: wenige große Drehkreuze und Zubringerflüge dorthin. „Wir sind da günstiger als die Konkurrenz“, sagt Pichler. Das alles ohne die klassischen Touristenflüge etwa nach Mallorca und das spanische Festland zu vernachlässigen.

Die Fluggesellschaft konzentriert sich auf Düsseldorf und Berlin

Die Fluggesellschaft konzentriert sich künftig auf die beiden deutschen Standorte Düsseldorf und Berlin, von denen aus das Langstreckengeschäft ausgebaut werden soll ­ vor allem Richtung Amerika. Helfen soll da der Partner American Airlines, mit dem Air Berlin über die Luftfahrtallianz Oneworld bereits zusammenarbeitet. Innerhalb Europas will Pichler stärker mit den Partner-Fluggesellschaften Etihads kooperieren, etwa mit der ebenfalls angeschlagenen Alitalia. Richtung Asien setzt Air Berlin auf Etihad.

In Düsseldorf und Berlin hat Air Berlin bereits den größten Marktanteil, die Stellung will Pichler ausbauen. Zunächst bietet das Unternehmen vor allem aus Düsseldorf neue Verbindungen an. Zu den 62 Langstreckenflügen pro Woche kommen im Sommer 2016 weitere nach Boston, Dallas, New York, Los Angeles, San Francisco und Havanna hinzu. In Berlin soll das Angebot später aufgestockt werden.

Air Berlin will ganze Bereiche auslagern

Zudem will Pichler den Einsatz der Flugzeuge verbessern und das Angebot für die lukrativen Geschäftskunden ausbauen. Auf einzelnen Strecken sollen zudem weniger Maschinen eingesetzt werden. Das Unternehmen konzentriert sich auf die lukrativeren Flüge in Europa. Gleichzeitig wird der Vertrieb auch online neu aufgestellt. Und Pichler will Personal abbauen. Wie viel, ließ er offen, das müsse erst mit den Mitarbeitern besprochen werden. Vorgesehen ist auch, ganze Bereiche auszugliedern. Derzeit beschäftigt Air Berlin rund 8000 Mitarbeiter.

Dass Pichler mit dem Konzept auf dem richtigen Weg ist, zeigen die Zahlen der ersten neun Monate. Der Umsatz ist nur um gut zwei Prozent auf 3,17 Milliarden Euro gesunken, obwohl die Kapazität um 6,6 Prozent schrumpfte. Gleichzeitig stieg der Ertrag pro Sitzplatz. Insgesamt legte das Betriebsergebnis von minus 114,8 auf minus 94,3 Millionen Euro zu. Allerdings weitete sich der Nettoverlust wegen einiger Neubewertungen aus.

„Wir werden die Code Shares kriegen“

Unklar ist noch, ob die Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiterhin genehmigt werden. Derzeit gilt eine Frist bis Mitte Januar. Die „Code-Share-Flüge“ zwischen Berlin und Abu Dhabi sind nicht vom Luftverkehrsabkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten gedeckt, bisher aber immer genehmigt worden. Ohne die Flüge wäre die Lage bei Air Berlin kritisch. Etihad hat bereits geklagt. Das Bundesverkehrsministerium verhandelt gerade über das Abkommen.

Pichler ist sicher, dass die Gemeinschaftsflüge dauerhaft genehmigt werden – vielleicht auch, weil Air Berlin eine wichtige Rolle als Hauptfluggesellschaft für den neuen Hauptstadtflughafen BER spielen soll. „Wir werden die Code Shares kriegen und wir werden Berlin entwickeln. Punkt“, sagt er.