Berlin. Die Gewerkschaft Verdi warnt vor Verstößen gegen Lenk- und Ruhezeiten von Fernbusfahrern. Die Fahrgastzahl steigt weiterhin rapide.

Nach der Überprüfung von Fernbussen mit diversen Mängeln in Frankfurt fordert die Dienstleistungsgesellschaft Verdi eine bundesweite Kontrolle der Fahrzeuge. „Bislang ist jede Stadt und jede Polizei einzeln für die Überprüfungen zuständig. Deshalb fehlt ein einheitliches Bild darüber, wie oft es im Land tatsächlich zu Mängeln bei den Sicherheitsbestimmungen kommt“, sagt die Verdi-Verkehrsexpertin Mira Ball.

Für Aufsehen hatte eine Überprüfung von Fernbussen am Wochenende in Frankfurt gesorgt. Bei der groß angelegten Kontrolle von 27 Fernbussen stellte die Polizei teils „schwerwiegende Mängel“ fest. Die Beamten überprüften dabei nicht nur den Zustand der Fahrzeuge, sondern auch, ob die Fahrer die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einhalten.

Größtes Problem sind Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeit

„Ein Bus durfte überhaupt nicht weiterfahren. An dem Fahrzeug sind uns insgesamt 14 schwerwiegende Mängel aufgefallen“, sagt der Leiter der Kontrollstelle Gefahrgut- und Schwerverkehr des Frankfurter Polizeipräsidiums, Dieter Naumann. Allerdings hebt er hervor: Die groben Verstöße gegen technische Mängel an den Omnibussen beobachteten er und seine Kollegen vor allem bei internationalen Busunternehmen aus Rumänien, Mazedonien oder Tschechien. „Hier haben wir poröse Reifen, Fehlfunktionen im Bremssystem und andere erhebliche Sicherheitsmängel festgestellt“, sagt Naumann.

Dennoch: 24 Busse von insgesamt 27 Fahrzeugen entsprachen nicht den Vorgaben der Polizei. Und das lag nicht am Zustand der Fahrzeuge, eher an dem der Fahrer: „In erster Linie sind es Vorgaben zu Lenk- und Ruhezeiten, die die Busfahrer nicht einhalten“, sagt der Leiter der Kontrollgruppe der Polizei.

Laut Verdi-Verkehrsexpertin Mira Bell häufen sich solche Verstöße eklatant. „Nach unseren Schätzungen verstoßen rund 50 Prozent der Busse deutlich gegen die Vorgaben“, sagt sie. Dabei gehe es nicht um kleine Überschreitungen, sondern um regelmäßige und grobe Verstöße. Sie kritisiert, dass die niedrigen Ticketpreise für Fernbusse auch auf Kosten der Fahrer gehen.

Laut der Verordnung zu Lenk- und Ruhezeiten müssen die Fahrer einige Kriterien einhalten.

• Nach spätestens 4,5 Stunden Fahrt ist eine Pause von 45 Minuten vorgesehen.

• Die tägliche Lenkzeit darf höchstens 9 Stunden betragen.

• Die Ruhezeit zwischen zwei Schichten muss 11 Stunden dauern.

Kritiker bemängeln, dass die Strafen für Verstöße zu lasch seien. Das Bußgeld für einen Fahrer, der seine Ruhezeit bis zu drei Stunden unterschreitet, beträgt 30 Euro. Für das Unternehmen fallen 90 Euro an. Fahrer, die die Fahrtzeit um eine Stunde überschreiten, zahlen auch 30 Euro.

Im Schnitt 1326 Fahrten mit Fernbussen täglich

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) weist Kritik zurück, dass der verschärfte Konkurrenzkampf auf dem deutschen Fernbusmarkt auf Kosten der Sicherheit der Fahrgäste geht. „Es gibt genügend Menschen, denen die Fernbusbranche ein Dorn im Auge ist und die deshalb versuchen, Horrorszenarien wie jenes von der Verkehrsunsicherheit zu entwerfen“, sagt Matthias Schröter, Sprecher beim bdo. „Die Vorgaben bei Fernbussen sind strenger als anderswo. Die Fahrzeuge müssen mindestens einmal im Jahr zum TÜV. Tatsächlich zählt der Fernbus laut dem Statistischen Bundesamt zu den sichersten Verkehrsmitteln auf deutschen Straßen. Mit Blick auf Verstöße gegen Lenkzeiten sagt er: „Etwas zugespitzt ist es so, dass wegen der strengen Regelung schon ein paar Minuten Fahrt zu lang in den letzten 27 Tagen beanstandet werden.“

Die Busverbindungen zwischen deutschen Städten werden immer beliebter. Das Angebot an Fernbus-Verbindungen ist in diesem Jahr noch größer geworden. Die Zahl der Fernbuslinien stieg von Oktober 2014 bis Oktober 2015 um 74 auf 326, das entspricht einem Plus von 29 Prozent. Das Berliner Marktforschungsinstitut Iges hat die jüngsten Daten der Branche erhoben und am Sonntag veröffentlicht.

Demnach erhöhte sich die Zahl der Fahrten ebenfalls deutlich – um 25 Prozent im gleichen Zeitraum. Im Oktober 2014 wurden 7412 Fahrten pro Woche gezählt, es folgte ein Zwischentief im Januar 2015 mit lediglich 6930 Touren, dann ging es wieder steil nach oben bis auf 9282 wöchentliche Fahrten im Oktober 2015. Das sind im Durchschnitt 1326 Fahrten täglich.

Der Gesetzgeber hatte den Fernbusmarkt in Deutschland Anfang 2013 geöffnet. Im vergangenen Jahr beförderten die Unternehmen 16 Millionen Fahrgäste mit Linienfernbussen, fast doppelt so viele wie 2013. (mit dpa)