Wolfsburg. Volkswagen geht angesichts des Abgasskandals einen Schritt auf die Verbraucher zu. Der Autobauer will mögliche Nachzahlungen tragen.

Der VW-Konzern will mögliche Nachzahlungen bei den Kfz-Steuern für die Hunderttausenden Fahrzeuge mit frisierten Angaben zum CO2-Ausstoß selber tragen. „Der Volkswagen Konzern wird dafür einstehen, dass etwaige Mehrsteuern ausgeglichen werden“, schrieb VW-Konzernchef Matthias Müller am Freitag in einem Brief an die 28 Finanzminister der Europäischen Union. Vom CO2-Ausstoß hängt bei Pkw mit Erstzulassung ab 1. Juli 2009 auch die Höhe der Kfz-Steuer ab.

Müller bittet die Finanzminister, die möglichen Steuernachzahlungen dem Konzern direkt in Rechnung zu stellen, auch wenn das womöglich mit organisatorischem Aufwand verbunden wäre. Wörtlich heißt es: „Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn auch Sie bereit wären, nötigenfalls durch entsprechende rechtliche oder administrative Vorkehrungen sicherzustellen, dass die zuständigen Steuerbehörden nicht unsere Kunden, sondern Volkswagen direkt mit etwaigen Mehrsteuern belasten.“

Politik sieht Autobauer klar in der Verantwortung

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte am Mittwoch gefordert, VW sei in der Verantwortung und in der Pflicht, den aus den falschen CO2-Angaben entstandenen Schaden für die Kunden zu beheben. In Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium arbeite sein Ressort „an einer Gesetzgebung, die dafür sorgt, dass nicht der Kunde durch diese Mehrkosten bei der Kfz-Steuer belastet wird, sondern der Volkswagen-Konzern.“

VW hatte Anfang der Woche mitgeteilt, bei rund 800.000 Fahrzeugen im Konzern sei der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) und damit der Spritverbrauch zu niedrig angegeben worden. In Deutschland betrifft dies 200.000 Autos. Mitte September hatte VW Manipulationen bei Abgastests eingeräumt. Dabei gib es um Stickoxid-Werte.

Konzernchef kündigt Beratungszentrum an

Volkswagen-Konzernchef Müller geht in dem Schreiben an die Finanzminister auch auf die Abweichungen ein und warum es lange dauert, konkrete Angaben zu machen: „Eine verlässliche Bewertung der Abweichungen ist auf Grund der Komplexität der Thematik derzeit noch nicht möglich. Volkswagen ist bestrebt, schnellstmöglich eine korrekte Einstufung der CO2-Werte bei den relevanten Fahrzeugen des Volkswagen Konzerns vorzunehmen.“ Darüber seien bereits Gespräche mit den zuständigen Genehmigungsbehörden geführt worden.

Zudem kündigt Müller in dem Schreiben an: „Für unsere Kunden richten wir in diesen Tagen ein mehrsprachiges Beratungszentrum ein, das rund um die Uhr für alle Anfragen im Zusammenhang mit den Folgen der ermittelten Ungereimtheiten zur Verfügung stehen wird.“

Weitere Krisentreffen am Wochenende geplant

Müller schließt mit den Worten: „Lassen Sie mich Ihnen bitte versichern, dass es mir in höchstem Maße leid tut, Sie mit dieser extrem unerfreulichen Angelegenheit befassen zu müssen. Ich tue es ausschließlich im Interesse unserer Kunden in Ihrem Lande.“

Der Skandal wirbelt den Konzern kräftig auf. Am Sonntagabend treffen sich die Aufsichtsräte des sogenannten „Sonderausschusses Dieselmotoren“. Unter Führung von VW-Großaktionär Wolfgang Porsche beraten sie die jüngste Lage. Am Montag treffen sich in Wolfsburg morgens die sechsköpfige Spitze des Aufsichtsrats und ab 11 Uhr alle 20 Kontrolleure.

Im Strudel des Skandals wurde indes am Freitag der erste dramatische Absatzeinbruch von Volkswagen bekannt: In Japan - dem nach China, den USA und Europa weltgrößten Automarkt - sanken die Neuzulassungen im Oktober im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast die Hälfte auf 2403 Fahrzeuge. VW hat jedoch in Japan nur einen Marktanteil von 1 Prozent. (ls/dpa)