Washington. Vor 40 Jahren hat Bill Gates mit Microsoft den PC massentauglich gemacht. Zum 60. Geburtstag arbeitet der Mann an anderen Zielen.

Wenn der liebe Gott sein Betriebssystem nicht vorher abstürzen lässt, feiert Bill Gates am 28. Oktober 2030 seinen 75. Geburtstag. Wie die Welt dann aussehen wird, interessiert niemanden mehr als den Mann, der vor 40 Jahren mit seiner Firma Microsoft das Computerzeitalter für die Massen einläutete. Der mit knapp 80 Milliarden Dollar (72,3 Milliarden Euro) Privatvermögen zweitreichste Mann der Erde hat mit sich, seiner Frau Melinda und der Welt eine Wette abgeschlossen, die man ambitioniert nennen kann. Oder größenwahnsinnig.

Bill Gates ist ziemlich sicher, dass in 15 Jahren die Kindersterblichkeit nahezu ausgemerzt ist und die Zahl tödlicher Krankheiten durch neue Impfstoffe weiter sinkt. Dass Afrika, der große Sorgenkontinent, in der Lage ist, sich dank widerstandsfähigeren Saatguts selbst zu ernähren. Dass bargeldlose Geschäfte via Mobiltelefon Millionen Menschen zu einem auskömmlichen Leben verhelfen werden. Dass intelligentere Software das Lernen außerhalb traditioneller Schulen revolutionieren wird. Und so die Bildungs- und Aufstiegschancen Hunderttausender. Kurz: dass die Armut in einem Maße abnimmt, wie es die Menschheit noch nicht gesehen hat. So steht es in dem Rechenschaftsbericht, den William Henry Gates III im Internet jede Woche fortschreiben lässt.

Gates als außerordentlicher Philanthrop

15 Jahre sind kein Zufall. Vor 15 Jahren nabelte sich Bill Gates erstmals ein Stück ab von seiner Firma, die es mit Produkten wie Windows und Office und einer gnadenlosen Vermarktungsstrategie in die Arbeits- und Wohnzimmer von Milliarden Menschen gebracht hat. Damals gründeten er und seine Frau Melinda, eine ehemalige Microsoft-Angestellte, eine Stiftung. Danach musste die Geschichte der Philanthropen neu geschrieben werden.

Mit Kapital von zuletzt rund 40 Milliarden Dollar ist die Einrichtung die weltweit wirkungsmächtigste private Förderin humanitärer Anliegen. Mit einem Jahresetat von 1,5 Milliarden Dollar kann die Stiftung mehr Geld ausgeben als die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen. Knapp 30 Milliarden Dollar sind inzwischen investiert oder verbindlich zugesagt, unter anderem für die Bekämpfung von Malaria, Polio und Aids in Entwicklungsländern.

Bill Gates steckt andere zum Spenden an

Um nicht als Solitär beargwöhnt zu werden, hat Gates andere Superreiche wie die Investorenlegende Warren Buffett dazu überredet, sein ganzes Vermögen nach und nach an die Stiftung abzutreten. Milliardäre wie Mark Zuckerberg (Facebook) und Larry Ellison (Oracle) sind Gates’ Aufruf ebenfalls gefolgt, mehr als die Hälfte ihres Vermögens für den guten Zweck zu reservieren. Das Ehepaar Gates hat testamentarisch verfügt, dass das Geld der Stiftung zwanzig Jahre nach ihrem Tod komplett ausgegeben sein muss. Die Kinder bekommen nur einen bescheidenen Anteil.

Die Entschlossenheit, mit der das Ehepaar Gates seine Heilmethoden für den Planeten Erde vertritt und aus der eigenen Tasche finanziert, hat die Frage nach der demokratischen Legitimation lauter werden lassen. Niemand hat die freischaffenden Weltinnenpolitiker gewählt. Aber kein Staats- und Regierungschef kann es sich heutzutage erlauben, sie nicht zu empfangen.

Spenden als „Wohltätigkeitskapitalismus“

Kritikern, die anhand von Steuerunterlagen herausgefunden haben, dass die Gates-Stiftung Milliarden in klimaschädliche Industriegiganten wie Exxon oder BP investiert hat, ist die Wucht des „Wohltätigkeitskapitalisten“ nicht geheuer. Gates schaue auf die Welt wie auf einen Businessplan, sagen sie. „Darin kommen Hunger, Seuchen, Analphabetismus und Armut als Störungen der Betriebsabläufe vor.“

Dass Gates geradezu planwirtschaftlich dagegen investiert, die Dividende nicht in Dollar misst, sondern in Überlebenden, ist ihnen suspekt. Ihn stoppen können sie nicht. Er verfolgt seine Ziele so zielstrebig wie in den 70er-Jahren die Verfeinerung der Programmiersprache Basic, die den Grundstein für die späteren PC-Betriebssysteme legte. In 15 Jahren soll ja eine Wette eingelöst werden. Vorher feiert Gates an diesem Mittwoch noch seinen 60. Geburtstag.