Stuttgart. Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat zum Prozessauftakt mit VW-Patriarch Piëch abgerechnet. Die Vorwürfe gegen ihn wies er zurück.

Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking hat am Donnerstag zum Auftakt des Strafprozesses vor dem Landgericht Stttgart über den früheren Firmenpatriarchen Ferdinand Piëch ausgepackt. Wiedeking ist wegen Marktmanipulation beim VW-Übernahmepoker angeklagt. In seiner Verteidigungsrede wies der Ex-Porsche-Chef die Unterstellung der Staatsanwaltschaft zurück, er habe gemeinsame Sache mit Piech gemacht und Anleger bewusst getäuscht. Piëch sei einmal zitiert worden, er lasse sich sein Lebenswerk bei VW und Audi nicht von einem angestellten Manager ruinieren. „Die Staatsanwaltschaft hält es für ernsthaft möglich, dass ich mich trotz seiner öffentlich geäußerten Haltung mit Ferdinand Piëch verschworen haben soll", sagte Wiedeking am Donnerstag vor dem Stuttgarter Landgericht. „Die mir unterstellte Nähe zu Ferdinand Piëch, ich betonte das ausdrücklich, schmerzt mich richtig."

Der Porsche-Enkel und Miteigner des Familienimperiums habe sich im Ringen um den Einfluss Porsches auf den viel größeren Volkswagen-Konzern 2008 lange gesträubt, schilderte Wiedeking weiter. Piëch habe die eigene Familie im Unklaren gelassen, Wiedeking Knüppel zwischen die Beine geworfen und dann plötzlich seine Meinung geändert. Piëch war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Wiedeking war auf Betreiben Piëchs nach dem Scheitern der Übernahme von Volkswagen im Sommer 2009 nach 17 Jahren an der Porsche-Spitze gefeuert worden.

Wiedeking beteuert Unschuld

Schon beim Betreten des Gerichts wies der 63-Jährige alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück. „Ich bin unschuldig", sagte Wiedeking. in seiner mehr als einstündigen Rede vor Gericht fasste er zusammen: „Ich habe mir in der Sache nichts vorzuwerfen und bin davon überzeugt, von den haltlosen Vorwürfen freigesprochen zu werden.“

Wendelin Wiedeking steht mit dem früheren Porsche-Finanzchef Holger Härter (59) wegen des Verdachts der Marktmanipulation vor Gericht. Beiden Managern drohen bis zu fünf Jahre Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft Wiedeking und Härter vor, mit Falschinformationen im Übernahmepoker um VW 2008 Anleger gezielt in die Irre geführt zu haben. Auch der mit angeklagte Härter kam am Donnerstag zu dem Prozessauftakt, seine Erklärung steht am Nachmittag auf der Tagesordnung.

Porsche wollte VW-Konzern übernehmen

Porsche hatte unter Wiedekings Führung seit 2005 seine Anteile am viel größeren Volkswagen-Konzern schrittweise erhöht, die Absicht einer vollständigen Übernahme von VW aber mehrmals in Pressemitteilungen und mündlichen Auskünften dementiert. Nach Ansicht der Strafverfolger hatte der von den Familien Porsche und Piech beherrschte Konzern aber schon längst genau diesen Plan. Mit den Dementis hätten Wiedeking und Härter andere Anleger davon abgehalten, VW-Aktien zu kaufen und so den Börsenkurs der Papiere bewusst gedrückt. Wiedeking sagte, das sei eine "fernliegende und absurde Verschwörungstheorie."

Porsche erhöhte der Anklageschrift zufolge damals die Beteiligung an VW vor allem mit Optionsgeschäften über die Maple Bank. Als der Kurs der VW-Aktie im Herbst 2008 einbrach, musste Porsche sechs Milliarden Euro für die Optionen nachschießen. Um den Preis der Wertpapiere diesmal nach oben zu treiben, habe Porsche am 26. Oktober bekannt gegeben, inklusive Optionen 74,1 Prozent der VW-Stammaktien zu halten und 2009 auf 75 Prozent aufstocken zu wollen, erklärte die Staatsanwaltschaft. Daraufhin schnellte der Kurs der VW-Aktien in schwindelerregende Höhen. Hedgefonds, die mit Leerverkäufen auf einen sinkenden VW-Kurs gewettet hatten, wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Sie mussten sich zum Erfüllen ihrer Verkaufsverpflichtungen um jeden Preis eindecken. Dutzende Hedgefonds haben Porsche deshalb in Stuttgart, Braunschweig, Hannover und Frankfurt auf insgesamt mehr als fünf Milliarden Euro Schadenersatz verklagt. Erste Klagen wurden bereits zurückgewiesen.