Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel setzt Verkehrsminister Alexander Dobrindt unter Druck: Air Berlin wartet drigend auf Genehmigungen.

Es geht ums Überleben. Wieder einmal. Am Sonntag beginnt der Winterflugplan. Und trotzdem hat das Luftfahrtbundesamt für Air Berlin noch nicht alle Flüge genehmigt, die die schwer angeschlagene Gesellschaft gemeinsam mit ihrem arabischen Großaktionär Etihad anbietet.

Gut 140 Millionen Euro Umsatz sind gefährdet, und mit ihnen das gesamte Unternehmen. Die Belegschaft spricht wie auch Etihad-Chef James Hogan von einer existenzbedrohenden Situation. Im Klartext: Werden die Flüge nicht genehmigt, bleibt die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft nach Lufthansa am Boden. 8000 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel. Und bisher sieht es schlecht aus.

Möglicherweise zeichnet sich eine Wende ab. Air Berlin hat gewichtige Hilfe bekommen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat seinem Kabinettskollegen Alexander Dobrindt (CSU) einen deutlichen Brief geschrieben, in Kopie an Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Auch Gabriel sieht darin die wirtschaftliche Zukunft Air Berlins gefährdet und schlägt eine Lösung vor, die der Fluggesellschaft die Chance gibt, weiterzufliegen und die Wirtschaftsbeziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) nicht gefährdet: Genehmigen und die Araber dazu bringen, das Abkommen neu zu verhandeln.

„Weitere Übergangslösungen sind nicht vorgesehen“

Air Berlin und Etihad beantragen seit Jahren sogenannte Code-Share-Flüge. Der Kunde kann die Strecken bei beiden Gesellschaften buchen, zum Beispiel Berlin–Abu Dhabi, aber nur eine fliegt die Strecke.

Diese Flüge muss das Luftfahrtbundesamt genehmigen. Grundlage ist ein Vertrag zwischen den VAE und Deutschland. Jahrelang genehmigte die Behörde, die Bundesverkehrsminister Dobrindt unterstellt ist, die Flüge.

Im Sommer 2014 informierte das Bundesamt dann Etihad, dass die Code-Share-Flüge nicht vom Abkommen gedeckt sind. Schon damals eine dramatische Nachricht für Air Berlin. In der folgenden Debatte schaltete sich ebenfalls Gabriel ein, kurz vor Beginn des Winterflugplans 2014/15 genehmigte das Luftfahrtbundesamt dann die Code-Share-Flüge, ebenso wie später die für den Sommerflugplan 2015.

„Weitere Übergangslösungen sind für künftige Flugplangenehmigungen nicht vorgesehen“, heißt es in einem Schreiben aus dem März an die VAE, verbunden mit dem Angebot, das Luftverkehrsabkommen beider Länder von 1994 in Teilen neu zu verhandeln.

Die Vereinigten Arabischen Emirate blockieren offenbar

Geschehen ist bisher wenig. Im Oktober gab es mehrere Treffen von Vertretern Deutschlands und der VAE. „Die Gespräche sind bisher ohne Ergebnis verlaufen“, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Mittwoch. „Den Anstrengungen der Bundesregierung, eine luftverkehrsrechtlich tragfähige Lösung zu finden, haben sich die VAE verweigert.“ Die Bundesregierung sei weiterhin offen für Gespräche.

Das verheißt nichts Gutes für Air Berlin. Andererseits, so ist zu hören, werde Bundeswirtschaftsminister Gabriel alles tun, um zu verhindern, dass ein großes Unternehmen in Deutschland pleite gehe, wenn es die Chance gebe, das relativ einfach zu verhindern. Zudem sind die Wirtschaftsbeziehungen zum Golf wichtig. Denn die Staaten der Region haben Geld und Bedarf vor allem an Infrastruktur.

Großaufträge aus der Golfregion gewünscht

So verkündete Siemens am Mittwoch einen Großauftrag aus Qatar, das allerdings nicht zu den Emiraten gehört. Der Konzern liefert ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk mit Meerentsalzungsanlage, das rund ein Viertel des Stroms für das Land liefern wird.

Die Turbinen kommen unter anderem aus Berlin und Mülheim/Ruhr. Solche Aufträge wären auch aus den Emiraten möglich. Ganz große Politik also, und Air Berlin, dessen Großaktionär Etihad eine große Nähe zur Regierungsfamilie von Abu Dhabi hat, dazwischen.

Beim Berliner Unternehmen hoffen sie derweil, dass doch noch alles gut wird. Konzernchef Stefan Pichler ist im Februar angetreten, um das Unternehmen zu sanieren. Dass er Fluggesellschaften auf Profitabilität trimmen kann, hat er bereits bewiesen, allerdings meist bei kleineren Gesellschaften, zuletzt auf den Fidschi-Inseln.

Bei Air Berlin hat er zunächst das Management ausgetauscht, das Preissystem radikal vereinfacht und das Beschwerdemanagement verbessert. Intern werden Preise und Flugzeugeinsätze jetzt mit einem Computerprogramm geplant.

Radikaler Umbau soll Air Berlin sanieren

Erste Erfolge gibt es. Derzeit arbeitet Pichler an einem radikalen Umbau: weniger, dafür lukrativere Strecken. Und es wird Stellen kosten. Das Programm ist bisher nicht im Aufsichtsrat verabschiedet – offenbar auch, weil die Code-Share-Frage nicht geklärt ist. Für zahlreiche dieser Flüge sind bereits Tickets verkauft.