FRANKFURT/Main. Der neue Co-Chef der Deutschen Bank krempelt das größte deutsche Geldinstitut um. Rund 10.000 Arbeitsplätze sind in Gefahr.

Lange schien es so, als zaudere der neue Co-Chef der Deutschen Bank, John Cryan, mit den Umbauarbeiten in seinem Haus. Doch jetzt geht es Schlag auf Schlag in atemberaubendem Tempo: Nachdem der 54-Jährige vor anderthalb Wochen die Bilanz entrümpelt hat, geht der Brite, der seit Juli Deutschlands größtem Geldhaus vorsteht, nun an dessen Struktur. In der kommenden Woche will er dann auf einer Pressekonferenz bekanntgeben, wie er konkret die Kosten des Instituts drücken will.

Die Aufspaltung des Investmentbankings ist der wohl wichtigste Schritt der bislang vorgestellten Umbaupläne. Gleichzeitig wird die zweite Führungsebene, das Group Executive Committee, aufgelöst. „Eine derartig grundlegende Reorganisation hat es selten zuvor in der Geschichte der Deutschen Bank gegeben“, würdigt Aufsichtsratschef Paul Achleitner die Pläne: „Das geht nicht ohne Härten einher.“

„Herrn Cryan ist es ernst mit dem Neuanfang“

Nun schwebt der Vorstand nicht mehr wie bisher über dem eigentlichen, dem operativen Geschäft. Jetzt ist jede Konzernsparte im Vorstand vertreten. Dadurch kann sich der Durchgriff erhöhen, die Kontrolle der Sparten und der Mitarbeiter dürfte damit besser gelingen, glauben Beobachter. „Herrn Cryan ist es ernst mit dem Neuanfang“, glaubt Philipp Häßler, Analyst der Investmentbank equinet. Dabei hat Cryan einen Vorteil: Da der Manager erst 2013 zur Deutschen Bank – zunächst als Aufsichtsrat – wechselte, ist er frei von alten Seilschaften.

Die drei Vorstandsmitglieder, die aus dem obersten Gremium ausscheiden, hatte die Finanzaufsicht Bafin zuletzt wegen ihrer Rolle im Zinsmanipulationsskandal moniert. Cryan hat nun sechs neue Mitglieder berufen. Der neue Co-Chef befreit sich damit auch von „Anshu’s Army“: Das waren jene treuen Gefolgsleute, die Anshu Jain als vorheriger Co-Chef zwischen 2012 bis Ende Juni in den vergangenen Jahren um sich geschart hatte.

Erstmals seit Jahren wieder eine Frau im Führungsgremium

Dieser personelle Neuanfang mache den Umbau viel glaubwürdiger als unter seinen Vorgängern, urteilt Analyst Häßler. „Ich sehe es auch als Schritt von Herrn Cryan, sich seine Gefolgsleute auszurichten und entsprechend ein Führungsteam nach seinem Willen zu gestalten“, meint Markus Rießelmann von Independent Research. Und auch Ingo Speich, Fondsmanager der genossenschaftlichen Union Investment, glaubt, diese Neuordnung sei von zentraler Bedeutung, um verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen. Positiv wird auch gewertet, dass die Bank seit langen Jahren endlich mit Sylvie Matherat wieder eine Frau in den Vorstand holt.

Neben den personellen Entscheidungen zeigt auch der Neuzuschnitt der Bank, dass diese sich fokussieren will. Am wichtigsten ist dabei der Bereich des Investmentbanking: Das wird nun in zwei Bereichen geführt. Das Handelsgeschäft wird von der eigentlichen Unternehmensbank abgespalten. Der Handel mit Aktien, Anleihen und Devisen war bisher für die Deutsche Bank ein sehr einträgliches Geschäft, doch das müsse nicht so bleiben, glaubt Analyst Häßler. Denn für den Handel mit Anleihen verlangen die Aufseher inzwischen eine höhere Eigenkapitalunterlegung, das schmälert den Gewinn. Beobachter vermuten, dass dieses Geschäft in einigen Jahren verkauft oder in eine Kooperation eingebracht werden könnte.

Analyst erwartet frühestens 2017 wieder gute Zahlen

Mit der Zusammenlegung der beiden anderen Bereiche, der Unternehmensfinanzierung und der Transaktionsbank, dem Zahlungsverkehrsgeschäft also, bündelt die Bank ihre Dienstleistungen um die Unternehmenskunden, sie berät sie also bei Übernahmen und Börsengängen und bietet ihnen auch Finanzierungen an.

Zwar wird auch das Privatkundengeschäft umstrukturiert – und damit das, was davon nach dem geplanten Börsengang der Postbank übrig bleibt. Die Vermögensverwaltung hatte der frühere Chef Josef Ackermann vor vier Jahren zum Verkauf gestellt. Das aber gelang nicht, daraufhin wurde sie ausgegliedert. Nun kehrt sie zum Privatkundengeschäft zurück. An der Grundausrichtung der Bank ändere sich damit nichts, meint Analyst Häßler: Ein Großteil der Erträge werde weiter aus dem Investmentbanking kommen.

Nun warten die Finanzmärkte noch gespannt darauf, mit welchen konkreten Schritten Cryan die Kosten deutlich senken will. Als sicher gilt, dass etwa 10.000 Stellen zusätzlich zur Postbank-Abspaltung abgebaut werden, vorrangig wahrscheinlich im Investmentbanking. „Das wird Restrukturierungsaufwand erfordern“, sagt Häßler, der werde die Ergebnisse belasten. Die Rechtsrisiken bestünden vorerst weiter, auch die Kapitalausstattung bleibe schwach. Deshalb rechnet er erst für 2017 oder 2018 wieder mit guten Zahlen des Geldhauses.