Angesichts niedriger Zinsen benötigen Geldinstitute neue Einnahmequellen. Konto, Überweisung und Kreditkarte teurer

Seit mehr als einem halben Jahrhundert sind Peter Tiede und seine Frau Kunden der Postbank. „Wir waren recht zufrieden, doch jetzt werden wir nach einer anderen Bank suchen“, sagt Tiede. Die neuen Gebühren des Geldinstituts mit rund knapp fünf Millionen Girokonto-Kunden nennt er eine „Zumutung“. Denn vom 1. April an soll er wie viele andere Kunden 0,99 Euro für jede eingereichte handschriftliche Überweisung per Vordruck bezahlen – zusätzlich zur Kontoführungsgebühr von monatlich 5,90 Euro.

Die Kunden der Postbank haben es besonders bequem: Sie können ihre Überweisungen in einen vorgedruckten Umschlag stecken und portofrei an die Postbank schicken. Das schätzen vor allem Rentner, die ihre Bankgeschäfte nicht online am Computer erledigen wollen oder können. Betroffen von der neuen Gebühr sind auch eingereichte Verrechnungsschecks und die erstmalige Ausführung eines neu eingereichten Dauerauftrages. „Das kann für die Kunden sehr teuer werden“, sagt Hjördis Christiansen, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. „Wir finden diesen Preis völlig unangemessen, weil er vor allem Senioren treffen wird.“

Geldinstitute versuchen Kunden zum Online-Banking zu bewegen

Immer mehr Banken drehen an der Gebührenschraube. Wegen der niedrigen Zinsen verdienen sie kaum noch Geld mit den Kunden-Guthaben auf den Girokonten. Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) müssen sie für Einlagen sogar Strafzinsen zahlen, die sie noch nicht an die Privatkunden weitergeben wollen. Trotz niedriger Zinsen halten sich die Kunden mit anderen Finanzprodukten, die den Banken hohe Provisionen bringen, zurück und scheuen den Gang in die Filiale. Deshalb kommen jetzt die Preisverzeichnisse auf den Prüfstand, auch wenn die Banken diesen Zusammenhang bestreiten.

Neben der Postbank erhöht die ING-DiBa den Druck auf Kunden, die sich nicht für das Online-Banking begeistern können. So können Wertpapieraufträge zwar weiterhin telefonisch oder schriftlich erteilt werden. Dafür wird aber ab 1. April eine neue Servicegebühr in Höhe von 9,90 Euro eingeführt. Das verteuert eine Aktienorder über 5000 Euro um 12,5 Prozent. Die Commerzbank erhöhte bereits im vergangenen Jahr die Gebühren für das Girokonto Aktiv um 14 Prozent und für die Kreditkarte um 17 Prozent. Sie kostet jetzt 34,90 Euro pro Jahr. Für Geschäftskunden werden jetzt noch die Kosten für jeden Buchungsposten um 33 Prozent erhöht. Die Targobank verteuerte das Auslandsentgelt für Umsätze mit Kreditkarten außerhalb der Euro-Zone von 1,65 auf 1,85 Prozent.

Bei den regionalen Banken in Hamburg und dem Umland gibt es bisher kaum Gebührenerhöhungen, wie eine Umfrage des Abendblatts bei sieben Instituten ergab. Die Erhöhung der Preise für Girokonten und Kreditkarten erfolgte bei der Sparkasse Harburg-Buxtehude schon vor zwei Jahren. „Nach zwölf Jahren konstanten Preisen wurden aber auch die Leistungen erweitert“, sagt ein Sprecher der Bank. Bei der Comdirect Bank in Quickborn stieg zu Beginn des Jahres die Gebühr für die Visa-Karte bei Umsätzen außerhalb der Euro-Zone von 1,50 auf 1,75 Prozent. Weitere Preiserhöhungen sind geplant, bestätigte eine Sprecherin der Bank.

Die PSD Bank Nord und die Sparda Bank Hamburg bekräftigen, an ihrem gebührenfreien Girokonto festzuhalten. Auch bei der Hamburger Sparkasse und der Hamburger Volksbank sind keine Erhöhungen geplant. „Wir haben frühzeitig durch ein Effizienzprogramm die Weichen gestellt, um das niedrige Zinsniveau abzufedern“, sagt Heidi Melis von der Hamburger Volksbank. „Wir haben zur Zeit keine konkreten Planungen für Preiserhöhungen“, sagt Björn Lüth von der Sparkasse Holstein. Doch überregional zeigt sich eine andere Entwicklung. Selbst die Direktbanken, die kein teures Filialnetz unterhalten, streichen Leistungen und erhöhen die Gebühren. So haben die Volkswagen Bank und die Wüstenrot Bank die Verzinsung des Girokontos gestrichen. Das bundesweit tätige Institut Bank 1 Saar Direkt erhebt jetzt eine Kontogebühr von 1,90 monatlich. Vorher war das Girokonto gebührenfrei.

„Es gibt kaum mehr einen in der Branche, der nicht an der Gebührenschraube drehen will“, sagt Oliver Mihm von der Unternehmensberatung Investors Marketing. „Bankdienstleistungen werden teurer.“ Gerade Sparkassen und Genossenschaftsbanken planten Erhöhungen, da hier das Girokonto bis zu 50 Prozent zu den Erträgen im Privatkundengeschäft beitrage. Die Sparkasse Holstein und die Sparkasse Harburg-Buxtehude wollen Preiserhöhungen nicht ausschließen, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf längere Zeit nicht wieder verbessern.

Kunden sollen Telefon und Automaten für Überweisungen nutzen

Die Postbank begründet die neue Gebühren mit dem erhöhten Aufwand, den eine Überweisung auf Papier, eine sogenannte beleghafte Überweisung, verursacht. „Mit der Zinssituation hat das nichts zu tun“, sagt Postbanksprecher Ralf Palm. „Es gibt außerdem Alternativen zur geplanten Gebühr. Die Kunden können die Überweisung telefonisch erteilen oder Terminals in den Postbankcentern nutzen, wenn Online-Banking für sie nicht in Frage kommt.“ Wer das Konto Extra Plus der Postbank nutzt, kann auch weiterhin beleghafte Überweisungen und Verrechnungsschecks ohne Extra-Gebühr abgeben. Allerdings kostet das Konto abhängig vom monatlichen Geldeingang bis zu 9,90 Euro im Monat.

Die Überweisungsgebühren sind nicht auf die Postbank beschränkt. „Das ist eine Entwicklung, die sich schon seit Längerem abzeichnet, denn die Kunden sollen zum Online-Banking gedrängt werden“, sagt Sigrid Herbst von der FMH-Finanzberatung, die Bankkonditionen analysiert. Die meisten großen Banken wie Deutsche Bank oder HypoVereinsbank haben das schon für einzelne Kontomodelle eingeführt. Bei der Targobank werden sogar 3,50 Euro für eine beleghafte Überweisung verlangt.

Für die betroffenen Kunden der Postbank wie Herrn Tiede gibt es noch zwei Hoffnungen. Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden hat Zweifel, ob die Postbank-Gebühr rechtmäßig ist. „Wir werden das genau prüfen, wenn die Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofes (BGH) zu einem Fall von Extra-Gebühren vorliegt“, sagt der Rechtsanwalt der Schutzgemeinschaft, Wolfgang Benedikt-Jansen. Der BGH hatte jüngst eine entsprechende Klausel für unwirksam erklärt. Das Urteil ist aber nicht direkt übertragbar. Die andere Hoffnung: Auf Nachfrage bestätigt die Postbank, dass es auch individuelle Vereinbarungen gibt. Kunden bleiben dann von der neuen Gebühr verschont.