Handarbeit made in Hamburg: Nicola Twesten stellt die Würzsauce in ihrer Küchenmanufaktur Catch up her – ohne Farb- und Konservierungsstoffe.

Hamburg. Ihr Terminkalender ist voll. Nicola Twesten, 49, muss die Ware ausliefern und frische Zutaten besorgen. Dann neue Flaschen kaufen und Kundenwünsche abarbeiten. Die bestellten Produkte raussuchen, verpacken, adressieren. Und die Waren schließlich verschicken. Oder wieder persönlich ausliefern. Die Waren stammen aus der Hamburger Küchenmanufaktur, die Nicola Twesten vor eineinhalb Jahren gegründet hat.

Eine Küchenmanufaktur für feinste Köstlichkeiten. Ketchup zum Beispiel! Feinkost-Ketchup? Klingt erst einmal ungewöhnlich. Und genau das ist der Anspruch von Nicola Twesten: außergewöhnlich sein. Anders sein als alle anderen. Um sich abzuheben. Zum Beispiel mit ihren handgemachten Ketchup-Saucen ohne Farb- und Konservierungsstoffe, ohne Zitronensäure und künstliche Zusätze, teilweise sogar ohne Zucker. Stattdessen mit jeder Menge passierter Tomaten, Paprika, Zwiebeln, Zimt und Chili, Ananas und Ahornsirup, Meerrettich oder Himbeeren. Der Name: Catch up.

Angefangen hat alles mit selbst gemachtem Ketchup für eine Grillparty. Weil davon so viel übrig blieb, verteilte Nicola Twesten die Reste an Freude – und wurde daraufhin permanent auf ihren handgemachten Ketchup angesprochen. Sie begann zu recherchieren, durchforstete Feinkostgeschäfte sowie Wochenmärkte und entdeckte schließlich eine Marktlücke. Drei Monate später, im November 2013, stand die Eppendorferin das erste Mal auf dem Isemarkt und verkaufte die ersten 20 Flaschen ihres persönlichen Catch ups. Hört sich einfach an, war es aber nicht. Denn von alleine kam niemand zu ihrem Stand, sie musste die Marktbesucher persönlich ansprechen und zu einer Kostprobe überreden. Von der medizinisch-technischen Assistentin zur Marktschreierin. Der Lebenslauf von Nicola Twesten ist so vielfältig wie ihr Saucensortiment. Die Palette der Produkte reicht von klassisch bis scharf, von süß bis orientalisch, die Bandbreite in ihrer Vita von der MTA zur Mutter, vom Bürojob in der Firma ihres Mannes hin zur Unternehmensgründerin.

Nicola Twesten ist ihre eigene Chefin. Gleichzeitig ist sie Köchin, Buchhalterin, Einkäuferin, Sekretärin, Lieferantin und Designerin. Denn im Moment macht sie alles selbst – sogar die Etiketten auf die Flaschen kleben. Ein- bis zweimal pro Monat mietet sie sich bei befreundeten Gastronomen ein und fertigt in den dortigen Küchen ihre Produkte. Denn dafür ist die eigene Küche längst zu klein. Sie schneidet und schnippelt, kocht und füllt ab. Rund 250 Flaschen verkauft sie monatlich. Allerdings nicht mehr persönlich auf dem Isemarkt, sondern über das Internet (www.catchup-hamburg.de) und niedergelassene Einzelhändler. Rund 20 Geschäfte in und um Hamburg haben ihre Produkte, zu denen inzwischen auch Pasta- und Risottomischungen gehören, ins Sortiment aufgenommen. Und der Kundenkreis wird immer größer: Seit sie ihre Waren auf der Messe Nordstil präsentiert hat, kommen auch Bestellungen aus Berlin, Trier und Gera. Sogar Gärtnereien und Interieurgeschäfte verkaufen handgemachte Feinkost von Catch up.

„Es gibt einen Trend zu Manufakturprodukten“

„Es gibt einen Trend zu Manufakturprodukten“, sagt Kerstin Uhlenbusch, Geschäftsführerin der Vereinigung der Delikatessen-Kaufleute, Corpus Culinario. Da sich die Kunden von heute mehr als jemals zuvor für die Herkunft des Essens interessierten, seien Regionalität und Ursprung immer wichtiger. „Noch vor zwanzig Jahren war Qualität in unserer Branche verknüpft mit Luxusprodukten wie Kaviar. Heute bedeutet gute Qualität artgerechte Haltung und die Verwendung alter Sorten“, so Uhlenbusch. Die Kunden wünschten sich immer öfter handwerklich hergestellte Produkte, bei denen auf Zusatz- und Konservierungsstoffe verzichtet wird. „Wer einmal einen guten Ketchup probiert hat, der wird kein Industrieprodukt mehr anrühren. Da spielt der Preis keine Rolle“, glaubt Kerstin Uhlenbusch, die selbst ein Feinkostgeschäft betreibt. 7,50 bis 7,90 Euro kostet eine Flasche (270 Milliliter) des handgemachten Catch ups von Nicola Twesten.

Die Feinkostbranche wächst nach Berechnungen des Instituts für Handelsforschung überdurchschnittlich. Während der Umsatz mit Lebensmitteln in den vergangenen zehn Jahren jährlich um 1,4 Prozent angestiegen ist, verzeichneten Feinkostwaren ein jährliches Plus von 5,5 Prozent. „Wir beobachten eine Bereitschaft von Kunden, mehr Geld für qualitativ hochwertige Lebensmittel auszugeben“, sagt Christian Böttcher, Sprecher des Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels. Dennoch wird derzeit nur etwa ein Prozent des Umsatzes im Lebensmitteleinzelhandel im Feinkostsektor gemacht. Rund 97 Prozent des Lebensmittelumsatzes (knapp 160 Milliarden Euro) erzielen allein die 30 größten Lebensmittelhändler.

Auch Nicola Twesten will weiterwachsen und am liebsten noch in diesem Jahr eine eigene Produktionsstätte eröffnen. Um unabhängig zu sein und ihre eigenen Räume zum Kochen, Experimentieren und Lagern der Ware zu haben – denn dafür wird der Platz bei ihr zu Hause im Keller nämlich langsam knapp.