Erster Langstreckenjet vom Typ A350 an Kunden übergeben. Rumpfabschnitte kommen von der Elbe, das Kabinendesignzentrum steht auf Finkenwerder. Spekulationen über mögliches Aus des A380 dementiert.

Hamburg. Ereignisse wie die Erstauslieferung eines neuen Jettyps sind für einen Flugzeughersteller nicht an der Tagesordnung: Mehr als sieben Jahre ist es her, dass Airbus den ersten A380-Megaflieger an einen Kunden übergab. Diesem Termin waren erhebliche Schwierigkeiten in der Produktion, die Mehrkosten in Milliardenhöhe und jahrelange Verzögerungen verursachten, vorausgegangen.

Beim neuen Langstreckenjet A350, der am Montag in Toulouse im Rahmen einer feierlichen Zeremonie vom Erstkunden Qatar Airways in Empfang genommen wurde, war das ganz anders: Es gab keine bösen Überraschungen in der späten Phase der Entwicklung und das vor mehr als drei Jahren genannte Ziel einer Erstauslieferung noch vor Jahresende 2014 konnte eingehalten werden – wenn auch knapp.

Auch in der Flugzeugtechnologie ist der mittelgroße A350 einen Schritt weiter als das doppelstöckige Flaggschiff des Unternehmens. Das kann man in der Hamburger Produktionshalle, in der die vorderen und hinteren Rümpfe des A350 gefertigt werden, schnell sehen: Im noch unverkleideten Zustand ist die Rumpfröhre innen schwarz, denn der neue Jet ist das erste Zivilflugzeug von Airbus, das nicht aus Aluminium, sondern aus Kohlefaserwerkstoff besteht. Dieses Material müsse völlig anders verarbeitet werden als Metall, sagt Lars Wagner, Fertigungsleiter der A350-Rumpfmontage in Hamburg: „Wir haben für die Mitarbeiter spezielle Schulungsprogramme von drei Monaten Dauer auch in Kooperation mit Hochschulen entwickelt.“ Bereits Anfang des Jahres ist der hintere Rumpf für den Flieger mit der Seriennummer 6, der nun an Qatar Airways übergeben wurde, in Hamburg fertiggestellt und nach Toulouse auf die Reise geschickt worden. „Für uns war es emotional sehr berührend, die Rumpfsektionen für die erste Maschine, die an einen Kunden geht, auszuliefern“, so Wagner. „Das ist nicht zu vergleichen mit der Arbeit an einem Testjet.“

Großer Tag auch für die Beschäftigten auf Finkenwerder

Obwohl die erste Kundenauslieferung des A350 am Endmontagestandort in Toulouse erfolgte, war dies dennoch ein großer Tag auch für die Beschäftigten auf Finkenwerder. „Das ist ein Supererfolgserlebnis für das Team“, sagt Wagner. „Die Erstauslieferung ist für mich aber auch das Signal, dass die A350-Produktion nun ein Serienprogramm ist.“ Bis zu 900 Personen arbeiten an den A350-Rümpfen in Hamburg.

Sie stehen in den nächsten Jahren vor einer enormen Herausforderung: „Während wir im Moment etwa drei fertig ausgestattete Rumpfsektionen an die Endmontagelinie liefern, sollen es im Jahr 2018 zehn sein. Das ist ein sehr steiler Anstieg“ – und dieser Produktionshochlauf soll mit praktisch unveränderter Personalstärke bewältigt werden, dank der im Verlauf der „Lernkurve“ zunehmenden Produktivität. Aktuell wird in Hamburg an jedem siebten Arbeitstag einer der hinteren Rumpfabschnitte komplettiert, gerade beginnen die Arbeiten an der Seriennummer 30.

Auch für Eric Ezell und seine Kollegen im Hamburger Kabinendesignzentrum für den A350 ist die Erstauslieferung „ein großer Moment“. In dem sogenannten Customer Definition Centre (CDC) können Beschäftigte und Manager der Fluggesellschaften die Innenaustattung ihrer künftigen Jets zusammen mit etwa 200 Airbus-Experten planen. „Rund 20 Kunden haben unser Kabinendesignzentrum schon genutzt“, sagt Ezell, der Leiter des CDC.

Es ist weit mehr als nur ein Schauraum, in dem Einkäufer der Airlines wie in einem Möbelhaus in verschiedenen Flugzeugsitzen Platz nehmen und diverse Bordküchen, Waschräume, Stauschränke, Wandverkleidungen und Teppiche unter die Lupe nehmen können. Dank modernster Computertechnik ist es zum Beispiel möglich, virtuell durch ein dreidimensionales Modell des schon fertig ausgebauten Flugzeuginnenraums zu gehen.

„Dieses Zentrum erspart den Kunden Zeit- und Reiseaufwand, weil sie nun alle Kabinenlösungen und das zugehörige Know-how an einem Ort vorfinden“, so Ezell. Bisher mussten die Kabinenspezialisten der Airlines alle wesentlichen Zulieferer, etwa für Sitze und Küchen, einzeln besuchen.

Wie der CDC-Leiter sagt, umfassen die Delegationen der Fluggesellschaften bis zu 30 Personen: „Die Kunden sind bis zu zwei Wochen am Stück bei uns, um alle Details ihrer Kabinenausstattung durchzusprechen.“ Allerdings sind mehrere solcher Besuche erforderlich, der gesamte Planungsprozess dauert etliche Monate.

Wolkenloser Winterhimmel in Toulouse

Während in Hamburg am Montag Dauerregen herrschte, konnte der Airbus-Vorstandsvorsitzende Fabrice Brégier das neueste Produkt des Flugzeugbauers in Toulouse unter einem wolkenlosen Winterhimmel an den Chef der wachstumsstarken Qatar Airways, Akbar al-Baker, übergeben. Das Emirat Katar am Persischen Golf will die Hauptstadt Doha im Vorfeld zur dortigen Fußballweltmeisterschaft 2022 zu einem wichtigen Knotenpunkt für den internationalen Luftverkehr machen und der A350 spielt eine wichtige Rolle für diese Pläne.

Unterdessen nutzte Brégier die Gelegenheit, Spekulationen über ein mögliches Aus für den A380 vom Tisch zu wischen. Es wäre „einfach nur verrückt“ zu glauben, dass Airbus dieses Programm aufgeben würde, sagte er. Der A380 stehe kurz davor, die Gewinnschwelle zu erreichen.