Weihnachtsbäume sind in Hamburg teurer als im Umland. Nordmanntanne besonders beliebt

Hamburg. Es ist klirrend kalt. Doch Stefan Lehmann harrt trotz eines windigen Wintertags auf dem Weihnachtsbaumstand am Goldbekhaus in Winterhude aus. Er ist einer von mehr als Hundert Verkäufern von Christbäumen, die derzeit an verschiedenen Plätzen in Hamburg ihre Erzeugnisse anbieten. Normalerweise arbeitet der 33-Jährige zusammen mit einem Kollegen auf einem Stand an der Christuskirche. Doch jetzt hilft er in Winterhude aus, weil es einen Krankheitsfall gab.

Die Kunden danken es ihm. Nicht nur in Hamburg, wo viele Kunden oft zwei und noch mehr Meter hohe Tannen oder Fichten erwerben, um sie für das Weihnachtsfest zu schmücken. „Wir liefern auch vier Meter hohe Bäume“, sagt Lehmann, der Tag für Tag aus dem Kreis Segeberg zu seiner derzeitigen Arbeitsstelle fährt. Für Kirchen und Gottesdienste hat er sogar 6,5 Meter hohe Tannen im Programm.

Allein im vergangenen Jahr wurden bundesweit 24 Millionen Christbäume an die Frau und den Mann gebracht. Mit fast 80 Prozent Marktanteil sind die Nordmanntannen immer noch die absolute Nummer eins in Deutschland. Den Absatz angekurbelt hat vermutlich auch die Tatsache, dass die Preise konstant geblieben sind. In Hamburg kosten sie je nach Anbieter und Zustand bis zu 25 Euro pro laufendem Meter. Das ist zwar viel Geld, aber die Standmieten sind in Großstädten eben auch teurer als in Dörfern. Bundesweit werden für den beliebten Baum im Schnitt 22 Euro je Meter verlangt. Mit großem Abstand folgt die Blaufichte. Sie ist für durchschnittlich zwölf Euro pro Meter zu haben. Am günstigsten sind nach wie vor Rotfichten mit einem Preis zwischen sieben und acht Euro je Meter.

Lehmann arbeitet für Timm Jörck, einen Tannenbaumhändler aus Wenzendorf im Kreis Segeberg. Seine Bäume kauft Jörck in Schleswig-Holstein, etwa in der Umgebung von Wahlstedt, auch bei Kiel hat er Bezugsquellen von Plantagen und in Niedersachsen. „Wir haben bislang 3000 Bäume nach Hamburg geliefert“, sagt Lehmann. Das Wetter gefällt ihm derzeit gar nicht. „Bei Schnee sind die Kunden deutlich lockerer. Sie freuen sich dann schon auf Weihnachten.“ An sechs Orten, darunter auch in Rahlstedt, ist Jörck mit seinen Bäumen präsent. Im Vorjahr waren es nur fünf Plätze.

Hamburg ist für die Weihnachtsbaumpflanzer und Wiederverkäufer ein lohnendes Pflaster, auf dem Lehmann seit sechs Jahren mitmischt. Im Sommer floriert das Geschäft des Tannenexperten als Lohnunternehmer, der mit seinen Erntegeräten wie etwa Mähdreschern im Auftrag von Landwirten die Ernte einfährt oder in der Landschaftspflege aktiv ist.

Auch wenn es Anbieter gibt, die auf den Verkauf in der eigenen Region setzen, sind Weihnachtsbäume ein globales Geschäft. Verbraucher, die etwa in Hamburg, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein leben, glauben oft, dass sie einen Baum aus der Region erwerben können. Der Züchter Axel Werner Graf von Bülow Kühren kennt das Geschäft von der Pike auf.

„Es ist ein Irrglaube, dass die Weihnachtsbäume, die in Schleswig-Holstein produziert werden, immer in der Region Hamburg verbleiben“, sagt der Vorsitzende vom Hamburger und schleswig-holsteinischen Landesverband der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger (BWS). Viele Bäume aus dem Norden würden in andere Länder verkauft, so der Graf. Der 2008 gegründete BWS hat bundesweit 600 Mitglieder. Insgesamt gibt es in Deutschland allerdings rund 2000 Erzeugerbetriebe.

Der Verkauf der meisten Bäume hat bereits im November begonnen. Dänemark ist der größte Weihnachtsbaumexporteur in Europa. Das Land hat zwar nur 5,5 Millionen Einwohner, aber dort wachsen pro Jahr aktuell rund 100 Millionen Weihnachtsbäume heran. Rund zehn Millionen dieser meist 13 Jahre lang gereiften Bäume werden jedes Jahr gefällt – 90 Prozent davon kauft das Ausland. Größter Abnehmer ist seit Jahren das Nachbarland Deutschland – über die Hälfte des Exports geht dorthin. Die Bäume werden von den Erzeugern an den Großhandel gegeben, der die Tannen und Fichten in Deutschland und den Nachbarstaaten vermarktet.

Weihnachtsbäume werden zudem nahezu in ganz Deutschland für das Fest angebaut. Regionale Schwerpunkte sind unter anderem das Sauerland, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Aus deutschem Anbau stammen ungefähr 75 bis 80 Prozent der inländischen Nachfrage. Die restlichen Bäume werden aus Deutschland in die Nachbarstaaten exportiert.

Den Überlieferungen nach ist der erste geschmückte Weihnachtsbaum 1510 in Riga auf einem öffentlichen Platz aufgestellt worden. Daran erinnert eine Gedenktafel in der lettischen Hauptstadt. Aber auch in Straßburg sollen zur gleichen Zeit die grünen Bäume aufgestellt worden sein.

Lange Zeit blieben Tannen und Fichten den wohlhabenden Kreisen als Weihnachtsbäume vorbehalten. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts konnte sich der Weihnachtsbaum als Symbol des Festes in Deutschland auch in allen gesellschaftlichen Schichten durchsetzen. Und das ist bis heute so geblieben und wird sich kaum ändern. Lehmann und seine Kollegen wollen auch im nächsten Jahr wieder nach Hamburg kommen und die beliebten Tannen, die dann hoffentlich nicht teurer werden, an ihre Kunden verkaufen.