Ausgerechnet Deutschlands größter Energieversorger E.on geht bei der Umsetzung der Energiewende am eigenen Leibe radikaler vor als alle Konkurrenten. E.on und dessen Rivale RWE hatten in den 2000er-Jahren versucht, den Atomausstieg der rot-grünen Bundesregierung zu Fall zu bringen. Fast wäre ihnen das gelungen: 2010 verlängerte die damalige Koalition von CDU und FDP die Laufzeiten der deutschen Atomreaktoren. 2011 havarierten mehrere Reaktoren im japanischen Kraftwerk Fukushima – darauf folgte Energiewende zwei, die der Kanzlerin Angela Merkel.

Erstaunlich ist aber auch dies: Ausgerechnet die selbst ernannte „Hauptstadt der Windkraft“ Hamburg wird nun zu einem Zentrum der Kohleverstromung in Deutschland. Dieser Tage nimmt das gewaltige Steinkohlekraftwerk Moorburg den Regelbetrieb auf. Es könnte Hamburgs Stromversorgung für Jahrzehnte prägen.

E.on-Chef Johannes Teyssen sprach am Montag von einer „alten“ und einer „neuen“ Energiewelt. Die neue ist jene, der sich E.on künftig widmen will: die Erzeugung von Strom, Wärme und Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien wie vor allem Windkraft und Sonnenlicht, die Speicherung von Energie, die Verteilung in modernen, kommunikationsfähigen Übertragungsnetzen. Das bisherige Fundament des Geschäfts, Großkraftwerke und fossile Energiequellen, wird von E.on abgetrennt und verkauft. Betrachtet man den Zusammenhang von Moorburg und E.on, fällt auf: Diese Energiewelt ist nicht nur alt und neu – sondern vor allem paradox.