Hamburg-Süd-Chef Ottmar Gast sieht keine Perspektiven mehr für einen möglichen Zusammenschluss mit Hapag-Lloyd

Hamburg. Eine Fusion von Hapag-Lloyd und Hamburg Süd, das war eine Perspektive, die Hamburgs Schifffahrt über Jahrzehnte immer wieder einmal beflügelte. Doch alle Anläufe zu einem Zusammenschluss der zwei führenden deutschen Linienreedereien scheiterten, zuletzt im Frühjahr 2013. Seither versuchen beide Unternehmen, ihr Geschäft mit anderen Partnern zu stärken: Hapag-Lloyd wartet auf die letzten kartellrechtlichen Freigaben, um möglichst noch in den kommenden Wochen die Containersparte der chilenischen Reederei CSAV zu übernehmen. Hamburg Süd arbeitet an der Übernahme der Containersparte von CCNI, einer ebenfalls chilenischen Reederei. Zudem hat sich die Reederei des Bielefelder Oetker-Konzerns im September mit dem Schifffahrtsunternehmen UASC aus den Vereinigten Arabischen Emiraten verbündet, um ihre Präsenz auf den Routen zwischen Europa und Fernost auf- und auszubauen.

Genau diese neuen Verbindungen lassen ein Zusammengehen von Hamburg Süd und Hapag-Lloyd auf lange Sicht unmöglich, zumindest unsinnig erscheinen. „Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass die Gespräche über einen Zusammenschluss von Hapag-Lloyd und Hamburg Süd in absehbarer Zeit wieder aufgenommen werden. Bei einer solchen Fusion müsste man mittlerweile, vor allem mit Blick auf die Marktanteile in Südamerika, viel zu viele Kompromisse machen“, sagte Ottmar Gast, Sprecher der Geschäftsführung von Hamburg Süd, am Mittwoch bei der Jahresmitgliederversammlung des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) in Hamburg. Die beiden Hamburger Reedereien und ihre künftigen chilenischen Tochterunternehmen hätten auf den Routen zwischen Europa und Südamerika im Container-Liniendienst mehr als 30 Prozent Marktanteil. Hohe kartellrechtliche Auflagen wären deshalb bei einer Fusion zu erwarten – und würden einen solchen Zusammenschluss an der Elbe wirtschaftlich unter den heutigen Vorzeichen wohl unattraktiv machen.

Dabei ließ Gast keinen Zweifel daran, dass in den kommenden Jahren weitere Fusionen in der Branche bevorstehen. „Aus meiner Sicht befinden wir uns nicht in einer Krise“, sagte er zur Überraschung seiner Zuhörer über die seit Jahren allgemein als krisenhaft empfundene Lage der Linienschifffahrt. „Seit Mitte der 80er-Jahre fahren die Linienreedereien, mit wenigen Ausnahmen, fast nur schlechte Renditen ein.“ Die als schwierig empfundene Lage am Markt werde bis auf Weiteres der Normalzustand der Linienschifffahrt bleiben. „Die großen Wachstumsimpulse, von denen die Containerschifffahrt lange profitiert hat – ein stetig wachsender Grad der Containerisierung beim Gütertransport und eine zunehmende globale Arbeitsteilung –, sind weitgehend ausgereizt.“ Zudem wird, fürchtet der Hamburg-Süd-Chef, die latente Überkapazität beim Schiffstransportraum weiter bestehen bleiben. Obwohl es zu viele Schiffe gebe, kämen stetig weiter neue dazu – derzeit vor allem deshalb, weil viele Reedereien besonders effiziente Frachter orderten, die wenig Brennstoff verbrauchen.

Große, möglichst gut ausgelastete Schiffe und eine optimale Prozesssteuerung über die gesamte Transportkette hinweg sind aus Gasts Sicht entscheidend dafür, dass eine Reederei nachhaltig hohe Gewinne erzielt. Bei Hamburg Süd arbeiten nach seinen Worten 250 Mitarbeiter seit Jahren am Aufbau eines neuen, hocheffektiven Computernetzwerks zur Steuerung der Transportabläufe – zusätzlich zu den bereits bestehenden IT-Systemen. Ein ferngesteuerter Betrieb von Schiffen sei näher an der Realität, als die Diskussion in der Branche das gemeinhin widerspiegele. „Immer mehr Reedereien betreiben sogenannte ,operation center‘, Kontrollräume, von denen aus sie weltweit die Fahrt ihrer Schiffe so steuern, wie sie es für optimal halten, sei es beim Kurs, bei der Geschwindigkeit, beim Brennstoffverbrauch der Hauptmaschine. Den Besatzungen bleibt immer weniger Spielraum für eigene Entscheidungen.“

Hamburg Süd will in den kommenden Jahren unter anderem seine Präsenz auf den Haupthandelsrouten zwischen Europa und Asien ausbauen. „Wir haben versucht, in einer Fusion mit Hapag-Lloyd einen großen Schritt nach vorne zu machen, das hat leider nicht funktioniert. Wir werden es auf andere Weise weiter versuchen“, sagte Gast. Eine Perspektive dafür sei, die Zusammenarbeit mit UASC in den kommenden Jahren zu vertiefen.

Der jüngste Anlauf für einen Zusammenschluss von Hapag-Lloyd und Hamburg Süd war 2013 unter anderem daran gescheitert, dass in der weit verzweigten Familie der Oetkers keine Einigkeit über die künftige Rolle der Schifffahrt im Konzern erzielt werden konnte. Eine Seite um den Patriarchen und gelernten Schifffahrtskaufmann August Oetker unterstützte die Fusionspläne. Die jüngere Generation der Oetker-Miteigner lehnte sie eher ab. Die Schifffahrt mit Hamburg Süd ist neben den Lebensmitteln die zweite Säule des Oetker-Geschäfts. Hapag-Lloyd wiederum gehört einem Konsortium um die Stadt Hamburg und den Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne.