Feiner Zwirn für den Herrn ist gefragt. In der Stadt gibt es bereits fast 50 Fachgeschäfte. Und der Wettbewerb nimmt zu

Hamburg. Der Mann hat sein Handwerk gelernt. Sein Studium der Bekleidungs-Technik schloss er in Mönchengladbach als Diplom-Ingenieur ab, danach war er 19 Jahre lang als Chefdesigner und Produktmanager beim Bekleidungshersteller Sanders in Salzburg. Dort hat er nicht nur neue Designs entworfen, sondern auch selbst Schnitte, also die Vorstufe von Bekleidung, gemacht. Doch dann kündigte Jörg Miedke seinen Job in Österreich. Der Liebe wegen, wie er sagt. Und diese Liebe war in Hamburg. „Ich fühle mich sehr wohl in dieser Stadt“, sagt er heute.

Vermutlich hätte der Designer bei einem Bekleidungsunternehmen in der Hansestadt anheuern können. Doch das wollte er nicht. Erstmals mit 50 Jahren machte er sich als „Jungunternehmer“ selbstständig. Am Eppendorfer Weg hat er seinen Laden about:blue gegründet und bietet dort Herrenbekleidung an. Massenware gibt es bei Miedke, der für Sanders in Salzburg immer nach den besten Stoffen gesucht hat, nicht.

In seinem Geschäft hängt ausgewählte Bekleidung, „die es in Hamburg bisher noch nicht gegeben hat“, so der Gründer. Miedke kauft vor allem in kleinen italienischen Manufakturen ein. „Jedes Teil sollte Details bieten, die andere Hersteller nicht haben“, sagt er und zeigt einen Anzug mit rot besticktem Unterkragen. Im Innern des Jackets sind drei Wollfäden eingenäht mit den Farben weiß, rot und grün. „Die Manufaktur will mit den Farben der italienischen Flagge zeigen, woher der Anzug kommt“, so Miedke.

Der Mann, dessen Vorhang der Umkleidekabine in Erinnerung an Salzburg aus Loden-Stoff ist, will sich absetzen von der Branche der Herrenausstatter. „Klassische Business-Anzüge findet man bei mir kaum, dafür aber Cashmere-Pullis oder funktionelle Outdoor-Bekleidung. Von einem japanischen Lieferanten hängt eine blaue Goretex-Jacke am Ständer, die innen Laminatstreifen hat und vor Unwettern schützt. Ein Sakko aus dem Sortiment lässt sich bei schlechtem Wetter als Outdoorjacke wenden. In seiner Vitrine befindet sich ein handgenähtes Hemd aus Italien. Das hat seinen Preis, 229 Euro kostet es. „Es gibt in Hamburg genug potenzielle Kunden dafür“, sagt er.

Mehrere tausend Euro hat er in die Ausstattung seines Ladens investiert. Hinzu kommen nochmals Tausende Euro, da er seine Bekleidung sofort nach der Bestellung bezahlen muss. „Jede Kollektion hat ein halbes Jahr Vorlauf. Als ich meine Order aufgab, wusste ich noch nicht einmal, wo ich am Ende meinen Laden eröffnen kann“, sagt der Unternehmer.

Der Anzug sitzt. 300 Euro kostet er beim Herrenausstatter Policke. Wenn Geschäftsführer und Inhaber Claus Burchard ein neues Kleidungsstück braucht, durchforstet er seine drei Ladenflächen und wird immer fündig. 7000 Anzüge hängen in den Läden, 70 Verkäufer achten darauf, dass die Kunden zufrieden sind. Der Käufer wird im Eingang abgefangen. Größen für schlanke Männer befinden sich im Erdgeschoss, Fülligere gehen die Treppe hinauf. Auf drei Etagen verteilen sich Anzüge, Hosen, Sakkos und Mäntel in 80 Größen. Die Preise sind moderat. Mit einer 83-jährigen Tradition ist Policke wohl eines der ältesten Geschäfte für Herrenmode in der Stadt. Mehr als 100.000 Kunden zählt das Unternehmen pro Jahr. 2013 hat Policke unter dem Logo P2 in direkter Nachbarschaft des Stammhauses in St. Georg ein weiteres Geschäft für Trendmode eröffnet. Burchard hat die Familienfirma im August 2000 übernommen und konnte den Umsatz rasant steigern auf einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe.

Die Bandbreite der Fachbetriebe ist in Hamburg groß. Ein exklusives Sortiment führt der Anbieter Braun, der neben seinem Geschäft in der Mönckebergstraße ein weiteres in der Kaisergalerie eröffnete. Im Gegenzug hat er seinen Laden an der Bergstraße aufgegeben. Laut Handelskammer gibt es in der Stadt mindestens 44 Anbieter, die ausschließlich Mode für den Mann im Sortiment haben. Und den Fachbetrieben steht eine große Konkurrenz gegenüber. Kaufhäuser wie das Alsterhaus, die Frauen- und Herrenmode anbieten, oder Ladage & Oelke und SØR, ebenfalls mit hochwertigen Marken für Damen und Herren, kämpfen mit den Fachgeschäften um Umsatz und Gewinne. Die Hansestadt ist in punkto Mode für Männer gerade aus dem Dornröschen-Schlaf erwacht. Der erste neue Mitbewerber ist mit Jörg Miedke von about: blue bereits da.