Norddeutsche Wirtschaft reagiert empört auf Lokführerstreik. Staus der Güterzüge am Drehkreuz Maschen befürchtet

Hamburg. Die norddeutsche Wirtschaft befürchtet erhebliche Beeinträchtigungen durch den gut viertägigen Bahnstreik im Güterverkehr, der am Mittwoch begonnen hat. Vor allem die Bahn selbst rechnet mit Einschränkungen insbesondere für die Grundstoffindustrie und das produzierende Gewerbe, aber auch für die Häfen.

„Der Streik wird voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Seehäfen und die Hinterlandverkehre haben“, teilte DB Schenker am Mittwoch mit. In Hamburg laufen täglich mehrere Tausend Container per Schiff auf den Hafen zu. Mehr als jeder dritte Container, der heute in Hamburg ankommt, wird mit dem Zug abgefahren. „Eine Unterbrechung des Schienengüterverkehrs von einigen Stunden kann gepuffert werden, längere Streiks könnten massivere Folgen haben“, so der Bahnkonzern. Immerhin hegt DB Schenker die Hoffnung, „dass rund die Hälfte des Schienengüterverkehrs trotz des Streiks gefahren werden kann“.

Bei dem größten Hamburger Terminalbetreiber HHLA ist die Sorge dennoch groß: „Der Streik der GDL ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagte ein Sprecher der HHLA. „Wir haben mit unseren Kunden gesprochen und bemühen uns um möglichst reibungslose Abläufe an den Terminals.“ Betroffen ist vor allem das Drehkreuz Maschen, dort werden sich die Güterzüge stauen. „Wir versuchen, die besonders empfindlichen Güter zu befördern“, erklärte Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis.

Zeitkritisch sei dabei zum Beispiel die Grundversorgung mit Mineralölstoffen. Die Hafenbahn erklärte hingegen, dass der Streik kaum Auswirkungen auf ihr Netz haben werde. Viele Unternehmen leiten unterdessen ihre Transporte auf die Straße um. „Wir haben seit Dienstag vermehrt Anfragen von Kunden, die kurzfristig verlagern wollen“, sagte der Spediteur Hans Stapelfeldt, Vorsitzender des Verbands Straßengüterverkehr und Logistik Hamburg. Das werde in den kommenden Tagen noch zunehmen.

Der Vorsitzer des Bahnausschusses im Verein Hamburger Spediteure, Axel Plaß, befürchtet sogar einen nachhaltigen Vertrauensverlust in die Schiene und einen Rückschlag für die Bemühungen, Transporte von der Straße aus ökologischen Gründen auf die Schiene zu bringen. „Die Bahn ist in den vergangenen Wochen so unsicher geworden, dass vor allem auf den Kurzstrecken die Kunden künftig auf Lkw-Transporte setzen werden“, sagt Plaß. Er warnt zudem vor den zusätzlichen Kosten, die durch den Streik der Lokführer für die Spediteure entstehen. „Durch die kurzfristige Umladung der Güter verdoppeln sich schnell die Kosten – und auf denen bleiben wir Spediteure sitzen.“

„Dieser Streik bedeutet für ganz Deutschland mehr Kosten und weniger Sozialprodukt“, sagte der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands, Hans-Fabian Kruse. „Zehntausende Pendler im Norden müssen unter erschwerten Bedingungen zur Arbeit kommen. Die Gewerkschaft gefährdet zudem die Zuverlässigkeit der Logistikkette für die Händler und die Industrie. Durch diese Streiks drohen Produktionsausfälle und damit empfindliche Einbußen.“ Das Geschäft der Händler basiere auf Zuverlässigkeit, die mit dem Streik nicht mehr gegeben sei. Ein mehrtägiger Streik in dieser Form wird für die norddeutsche Wirtschaft erhebliche negative Auswirkungen haben, warnte auch der Unternehmensverband Nord.