LNG Hybrid Barge von Becker Marine Systems kommt in Hamburg an. Sie soll sauberen Strom für Kreuzfahrer erzeugen

Hamburg. Nach einer dreiwöchigen Reise hat das erste schwimmende Flüssiggaskraftwerk sein Ziel im Hamburger Hafen erreicht. Die antriebslose LNG Hybrid Barge, die künftig Kreuzfahrtschiffe im Hafen mit Strom versorgen soll, wurde am Sonnabend die Elbe hochgeschleppt. Sie hatte am 12. September die Werft in der Slowakei verlassen und wurde über Donau, Main, Rhein und die Nordsee nach Hamburg geschoben und geschleppt. Das teilte die Betreiberfirma Becker Marine Systems mit.

Die knapp 77 Meter lange und mehr als elf Meter breite Barge ist mit fünf Generatoren ausgestattet, die insgesamt eine Leistung von 7,5 Megawatt erzeugen. Damit können Kreuzfahrtschiffe ihre Schwerölgeneratoren im Hafen abschalten und ihren Strom aus umweltfreundlichem Flüssiggas (LNG) beziehen. Die Barge besitzt zwar keinen Antrieb, ist aber dennoch ein Seeschiff und führt die deutsche Flagge.

Nach der Ankunft in Hamburg wird die Barge am Montag bei Blohm + Voss für die Endausrüstung und zur technischen Erprobung eingedockt. Es sind noch eine Reihe von Tests nötig; ein solches Schiff wurde zuvor noch nicht gebaut. Mitte Oktober soll die Barge getauft und erstmals per Kabel mit der „AIDAsol“ verbunden werden. Ob dann schon Strom fließt, hängt vom Verlauf der Tests ab. Der Dauereinsatz unter Praxisbedingungen beginnt erst im Frühjahr, weil im Winter keine Aida-Schiffe den Hamburger Hafen anlaufen. Die Barge ist ein gemeinsames Projekt von Becker Marine Systems und der Kreuzfahrtreederei Aida.

Der Hamburger Hafen wird der erste in Europa sein, der eine externe und umweltfreundliche Stromversorgung für Kreuzfahrtschiffe bereitstellt. LNG verursacht keine Schwefeloxide oder Rußpartikel; der Ausstoß von Stickoxiden und Kohlendioxid wird deutlich verringert. Das tiefgekühlte Flüssiggas kommt per Lkw in Containern aus Rotterdam und wird dann direkt als Modul auf die Barge übernommen oder gegen leere getauscht. In Hamburg ist frühestens 2016 mit einer LNG-Bunkerstation zu rechnen. Im kommenden Jahr soll zudem eine Landstromversorgung für Kreuzfahrtschiffe fertiggestellt werden. Brunsbüttels Hafenwirtschaft und die regionale Industrie wiederum meldeten kürzlich Interesse am Bau eines LNG-Importterminals an. Davon könnte auch Hamburgs Hafen profitieren.

Das Konzept ist nicht nur für Seehäfen interessant. Eine LNG-Barge kann auch auf Flüssen eingesetzt werden, zum Beispiel an Wasserbaustellen oder Häfen. „Wir sehen sehr gute Perspektiven für unsere Technik, da das Umweltbewusstsein stetig wächst und in der Folge national und weltweit strengere Vorschriften zum Schutz von Mensch und Umwelt erlassen werden“, sagte Geschäftsführer Dirk Lehmann.

Landstrom aus LNG-Bargen ist ein wichtiger technologischer Baustein, um die Abgasbelastungen von Schiffen insgesamt zu reduzieren. Vom kommenden Jahr an gelten für Stickoxide und Schwefeldioxid an Nord- und Ostsee deutlich strengere Grenzwerte als bislang. Die Reedereien müssen sich darauf einstellen und in Küstennähe Brennstoffe mit geringeren Schadstoffgehalten bunkern. Hilfreich ist es, wenn die Schifffahrt beim Aufbau dieser neuen Versorgungsketten landseitig durch abgasarme Konzepte wie Landstrom oder Energie aus schwimmenden Gaskraftwerken unterstützt wird.

Die Schiffsemissionen werden von der Öffentlichkeit ohnehin zunehmend kritisch bewertet, wie auch der Zwischenfall mit dem Containerschiff „Yang Ming Utmost“ am Sonnabend im Hamburg Hafen zeigt. Die Besatzung des Schiffes hatte offenbar schon im Hafen die Versorgung der Hauptmaschine auf Schweröl umgestellt, das nur auf offener See verbrannt werden darf. Etliche Anwohner und Spaziergänger wurden Zeuge, wie sich eine schwere Abgasfahne über den Hafen legte.

Verflüssigtes Erdgas hingegen steht am Beginn eines künftig wohl breiten Einsatzes in der Schifffahrt. In Skandinavien fahren bereits Fähren mit LNG als Brennstoff für die Hauptmaschine. Becker Marine Systems plant neben der LNG Hybrid Barge auch Containerzubringerschiffe mit Erdgasantrieb für den Einsatz in der Ostsee. Auch die Hamburger Reederei Hansa Treuhand hat nach Angaben ihres Gründers und Eigners Hermann Ebel ein solches Konzept in der Schublade. „Heute fahren weltweit rund 50 Schiffe mit Erdgasantrieb, im Jahr 2020 könnten es schon 1200 oder 1300 sein“, sagte Björn Rosengren bei der Schiffbaumesse SMM im September dem Abendblatt. Er ist der Vorstandschef des finnischen Konzerns Wärtsilä, einem der führenden Hersteller von Schiffsantrieben.